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#Afghanistan auch ein Debakel für Deutschland

Afghanistan auch ein Debakel für Deutschland

Das Afghanistan, in das der Westen zwanzig Jahre lang Abertausende von Soldaten geschickt und Abermilliarden von Dollars und Euros gepumpt hatte, hat sich den Steinzeit-Islamisten ergeben. Es brach nach dem Abzug der ausländischen Truppen zusammen wie das sprichwörtliche Kartenhaus. Es hatte offensichtlich den Glauben an sich verloren und damit seine Wehrhaftigkeit. Zuvor hatte freilich schon der Westen die Hoffnung aufgegeben, aus diesem Krieg um ein Land und eine Idee noch als Sieger hervorgehen zu können.

Der kaum auf Widerstand stoßende Durchmarsch der Taliban trifft am härtesten jene Afghanen, die darauf gesetzt hatten, in einem wenigstens halbwegs freien, friedlichen und die Menschenrechte wahrenden Staat leben zu können. Ihnen droht nun die Rückkehr jener Schreckensherrschaft, die die alliierten Truppen einst unter großen Opfern beendet hatten.

Eine schwere Niederlage des Westens

Doch auch für den Westen ist die triumphale Rückkehr der Taliban ein schwerer Schlag. Das Projekt, eine Gesellschaft und einen Staat so zu stabilisieren und zu ertüchtigen, dass sie sich aus eigener Kraft gegen Dschihadisten auf Mopeds behaupten können, ist für alle Welt sichtbar gescheitert. Es hatte sich auch schon im Irak gezeigt, dass der Westen einen Diktator besiegen, danach dem befreiten Land aber nicht erfolgreich das liberale Ordnungsmodell überstülpen kann. Noch nirgends endete dieser Versuch jedoch mit derart demütigenden Bildern wie in Afghanistan, die jeden zeitgeschichtlich Interessierten an die Szenen beim Fall Saigons erinnern.

In Berlin scheint man, bei aller Selbstkritik, die (bedingten) Parallelen zu Vietnam nicht als unpassend zu empfinden. Ist das nicht wieder vor allem ein amerikanisches Debakel? Sind nicht Trumps Vertrauen auf die Zusagen der Taliban und Bidens überstürzter Abzugsbeschluss schuld daran, dass am Hindukusch alles zusammenbrach?

Wer mit dem Finger ausschließlich nach Washington deutet, macht es sich zu leicht. In Berlin hat man nicht nur in den vergangenen Wochen die Lage in Afghanistan falsch eingeschätzt. Auch schon zu Beginn des Einsatzes wollten Regierungsparteien und Opposition der harten Wirklichkeit dort nicht ins Auge blicken, wie die langjährige Weigerung zeigte, den Krieg in Afghanistan einen Krieg zu nennen. Auch in Deutschland glaubte man an das „nation building“ – zwar nicht durch militärische Macht, aber durch das Bohren von Brunnen und das Bauen von Mädchenschulen. Und auch in Berlin nahm man an, man könne afghanische Soldaten und Polizisten so gut ausbilden und ausrüsten, dass sie zu standhaften Verteidigern ihres Gemeinwesens würden.

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Das hat sich als Trugschluss erwiesen. In Afghanistan ist weder ein wehrhafter Staat noch eine wehrhafte Gesellschaft entstanden. Die Opfer, die der Kampf dafür unter den Afghanen und den ausländischen Truppen, auch den deutschen, forderte, waren zwar nicht völlig vergebens. Zwanzig Jahre lang konnte die Jugend des Landes zur Schule und zur Universität gehen und von einer besseren Zukunft träumen. Umso brutaler ist jetzt das Erwachen in dem förmlich über Nacht zurückgekehrten Scharia-Staat.

China und Russland stehen schon bereit

Der Zusammenbruch der von Korruption und Unfähigkeit unterhöhlten afghanischen Demokratie wird schwerwiegende Folgen nicht nur für das Land selbst haben. Es könnte wieder zu einer Basis des islamistischen Terrorismus werden und damit zu einer Gefahr auch für Deutschland. Zudem wird Afghanistan den Dschihadisten in aller Welt als Beispiel dafür dienen, dass man nur lange genug durchhalten und die bessere Kampfmoral haben muss, um den Westen und seine Führungsmacht zu zermürben. Die lachenden Dritten, China und Russland, stehen schon bereit, ihre Flaggen auf dem afghanischen Scherbenhaufen zu hissen.

In der deutschen Afghanistan-Diskussion spielten die strategischen Fragen nur am Rande eine Rolle. Sie beschäftigte sich, wie auch jetzt wieder, lieber mit den humanitären Aspekten. Aber auch Berlin wollte in Afghanistan etwas bekämpfen, allerdings eher mit den Mitteln des Technischen Hilfswerks als mit denen der Bundeswehr: Fluchtursachen.

Jetzt aber droht eine Massenflucht, deren Ziel klar ist. Selbst wenn es gelingt, die Nachbarländer zur Aufnahme vieler Flüchtlinge zu bewegen, wird auch Deutschland wieder mit höheren Migrantenzahlen konfrontiert werden. Und mit der Frage, wie es auf die Fluchtbewegungen (auch aus anderen Krisengebieten) reagieren will: mit Abschottung oder Aufnahme? Der Streit darüber spaltet seit 2015 die Deutschen. Ein Ausweg sollte die Verringerung der Fluchtursachen sein.

Auch im deutschen Ansatz steckte Hybris

Doch wer will jetzt noch an diesen Ansatz glauben, dem eine gewisse Hybris nicht abzusprechen war? Am deutschen Wesen ist weder die afghanische Gesellschaft noch ihr Staat genesen. Die letzten Deutschen müssen aus Afghanistan fliehen wie damals die letzten Amerikaner aus Vietnam. Und wieder wissen die vielen Feinde der Freiheit und der Demokratie auf der Welt, dass der Westen lange brauchen wird, um sich von dieser Niederlage zu erholen.

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