#Aktuelle Ausstellungen in Berlin: Die besten Tipps für Kultur-Fans
Inhaltsverzeichnis
„Aktuelle Ausstellungen in Berlin: Die besten Tipps für Kultur-Fans“
Jede VR-Brille ein Tor zu einer neuen Welt. Jeder Baum ein CO2-Speicher. Jeder Meter eine Kostbarkeit. Jeder Gegenstand ein Füllhorn von Geschichten: Die Ausstellungen und Kunstkationen dieser Woche feiern den Moment und sollen mit dafür Sorge tragen, dass wir auch künftig eine gute Zeit haben. Eine Herausforderung. Aber machbar!
Wir sagen euch, welche Ausstellungen gerade besonders wichtig sind, welche Berliner Museen und Galerien ihr unbedingt sehen solltet.
Drei auf einen Streich: Stanley Brouwn, Michael Stevenson und „Zeros and Ones“

Nach einer Auktion und einer Internetausstellung zu ihrem 30-jährigen Jubiläum schlagen die Kunst-Werke nun wieder mit Ausstellungen auf – ab 3. Juli mit gleich drei neuen Präsentationen auf einmal. Eine Werkschau würdigt den neuseeländischen Künstler Michael Stevenson, der seit über 20 Jahren in Berlin lebt und in Nürnberg Professor für Bildhauerei ist. Stevenson baute historische Ereignisse und Erfindungen für Filme und Installationen nach, etwa ein Öltanker-Unglück vor Spanien.
Das übertrug er für die 6. Berlin Biennale in eine filmische Erzählung über einen Künstler, der an der Küste lebte und einen Monat nach deren Verseuchung starb. Auch ein hydraulisches Gerät aus den späten 40er-Jahren, das den globalen Warenverkehr veranschaulichen sollte, baut Stevenson auf seine Art neu. Nun stellt er erstmals in einer Berliner Institution aus. Die Gruppenausstellung „Zero and One“ zeigt dagegen Arbeiten von Hanne Darboven, Louise Lawler und Sturtevant zusammen mit Beiträgen jünger Künstler:innen. Ihr gemeinsames Thema: Abhängigkeitsverhältnisse.
Die dritte Ausstellung erinnert an den 2017 verstorbenen Konzeptkünstler Stanley Brouwn, der aus Surinam in die Niederlande gezogen war und später in Hamburg Kunst lehrte. Warum man sich vielleicht nicht mehr an seine Arbeit auf der 11. Documenta in Kassel erinnert? Weil sich Stanley Brouwn in jenem Moment „x fuß entfernt von diesem punkt entfernt“ befand. Das war sein Beitrag, der im Katalog auf Wunsch des Künstlers ohne Abbildung und Beschreibung dokumentiert wurde – also auf einer fast leeren Seite.
- Kunst-Werke (KW Institute for Contemporary Art) Auguststr: 69, Mitte, Mi, Fr-Mo 11-19, Do 11-21 Uhr, 8/ 6 €, bis 18. J. frei, Zeittickets: www.kw-berlin.de, 3.7.-19.9.
Gesellschaft der Bäume: Zheng Bos “Wanwu Council”

Foto: Eike Walkenhorst / Zheng Bo (Installationsansicht)
Sich einfach nur still hinzusetzen und auf eine einzige Sache zu konzentrieren, ist eine Kunst geworden, seit wir von dem Belohnungshormonen abhängig geworden sind, die unser Hirn im Takt der Meldungen des Smart-Phones ausschüttet. Zheng Bo aus Hongkong, Stipendiat am Gropius Bau, beherrscht diese Kunst und fordert Besuchende seiner Ausstellung „Wanwu Council“ (in etwa „Rat der zehntausend Dinge“) dazu auf, sie neu zu lernen. Seit rund acht Jahren zeichnet er Pflanzen, subtropische in Hongkong, derzeit hiesige in Berlin – weniger um des Zeichnens allein willen, sondern um still bei ihnen zu sitzen können.
Etwas zu zeichnen ist eine großartige Methode, sich in ein Gegenüber zu versenken und seinen Charakter zu erfassen. Deshalb präsentiert Zheng Bo seine Papier nicht an der Wand, sondern am Boden unter einer Glasscheiben, vor denen große Kissen einladen, Platz zu nehmen. Besuchende schreiten die Arbeiten also nicht eine nach der anderen an der Wand ab, sondern können sich in sie versenken und haben immer mehrere gleichzeitig im Blick. Ein Film, der sich in Bildsprache und Ton an das frühe sowjetische Avantgarde-Kino anlehnt, zeigt Bäume, Farne, Sträucher, aufgenommen in einem der Weltnaturerbe-Buchenwälder nördlich von Berlin. Sie treten gleichsam als miteinander sprechende botanische Gesellschaft auf.
Durch sie spaziert Zheng mit Wissenschaftler:innen, in Gespräche über die Ökologie des Waldes vertieft. Man wird nicht nur klüger, sondern auch ganz ruhig dabei. Wer möchte, malt auf Papierbögen Vorschläge auf, wie sich das Team des Gropiusbaus für Bäume einsetzen kann. Oder beteiligt sich an einem der Workshops, die Zheng Bo unter den Platanen hinter dem Ausstellungshaus täglich dreimal (!) anbietet. Welch eine Ausdauer, aber das kommt wohl davon, wenn man sich konzentrieren kann.
- Gropius Bau Niederkirchnerstr. 7, Kreuzberg, Fr-Mi 10-19 Uhr, 15/ 10 € (inkl. Ausstellung von Hella Jongerius), bis 16 J. frei, Zeittickets: www.berlinerfestspiele.de, bis 23.8.; Workshops mit Zheng Bo: Mi-Mo 15, 16 und 17 Uhr unter den Platanen neben dem Gropius Bau, keine Anmeldung nötig
Sammlung Boros im Bunker: Noch geht es spontan

Die Sammlung Boros ist eine der ersten Adressen für zeitgenössische Kunst, die beeindruckende Privatsammlung im Bunker in Mitte immer eine gute Entscheidung. Seit kurzem ist endlich wieder geöffnet nach der Zwangspause. Geändert hat sich nicht viel, nur, dass es derzeit noch einfach ist, an Tickets zu kommen. Das ist normalerweise nicht so: Die 3000 Quadratmeter, voll mit Kunst aus der Zeit der 90er bis heute, sind auch bei Berlinbesuchenden beliebt. Und entsprechend sind die Führungen immer auf Wochen und immer sehr schnell ausgebucht. Unser Tipp: Jetzt noch schnell anschauen. Bevor es wieder zum Kampf wird, überhaupt Tickets zu bekommen.
- Sammlung Boros Reinhardtstraße 20, Mitte, derzeit Fr 15-19.30 Uhr, Sa+So 13-17.30 Uhr, nur Führungen zu festen Zeiten, online buchen
Sprechende Dinge: „La lumière qui fait le bonheur….” von Georges Adéagbo

Seit er vor 14 Jahren als Stipendiat des Küsntlerprogramms vomDeutschen Akademischen Austauschdienst in Berlin weilte, ist Georges Adéagbo immer wieder in der Stadt gewesen, auch, weil er hier mit Barbara Wien eine fantastische Galeristin hat. Für seine neue Ausstellung sichtete er seine eingelagerten früheren Installationen, nahm einen Teil mit in das Neuköllner Kindl-Zentrum und baute drum herum Gelegenheitskäufe und Fundsachen von hiesigen Flohmärkten und aus Trödelgeschäften auf, Fahnen, Postkarten Schallplatten etwa, dazu Zeitungen und Zeitschriften. In Benin, wo der 1942 geborene Künstler lebt, ließ Adéagbo zudem Skulpturen schaffen und Bildgeschichten malen.
Aus allem zusammen ist in Neukölln ein riesige Assemblage enstanden. „Das Licht, das glücklich macht….“, hat der Künstler sie genannt. Im Zentrum ragt eine Figur mit vier Gesichtern auf. Ihre acht Augen wachen genauso über einen Neuköllner Bierkasten wie über Bücher und Prospekte, die von hiesigen Afrikabildern zeugen – von Safari-Sehnsüchten bis zur aktuellen Raubkunstdebatte. Glasklar und doch assoziationsreich spiegelt Adéagbo den Blick des kleinen Europas auf das große Afrika zurück. Am 7. Juli findet online ein letztes Gespräch zu Adéagbos Ausstellung statt: Expert:innen diskutieren darüber, was Objekte in Sammlungen erzählen können.
- Kindl Am Sudhaus 3, Neukölln, Mi 12-20, Do-So 12-18 Uhr, 5/3 €, bis 18 J. + 1.So/Monat frei, Zeittickets: www.kindl-berlin.de, bis 25.7.; 7.7., 19 Uhr: „Talking Objects: Von erzählenden Objekten und Sammlungsnarrativen“. Gespräch zwischen Azu Nwagbogu, Isabel Raabe und Mahret Ifeoma Kupka, Live-Steam in Engl.
Im Schatten des Humboldt Forum: „Elephant`s Breath“ von Thomas Florschuetz

"Elephant
‚ s Breath“: Thomas Florschuetz, Ohne Titel (E.B.) 28, 2016/2021 C-Print 153 x 203 cm Ed. of 5 (TF/F 394) Foto: Courtesy Diehl Gallery, Copyright Thomas FlorschuetzLetzte Chance: Den Abriss des Palasts der Republik haben Künstler:innen reger begleitet als den Wiederaufbau des Schlosses. Thomas Florschuetz dagegen hat fotografiert, wie die Dahlemer Museen aussahen, kurz bevor dort die Ethnologischen Sammlungen für den Umzug ins Schloss zusammengepackt wurden. Architektur, Museumausstattung und restliche Exponate, wie Florschuetz sie großformatig festhielt, zeugen von einem bestürzenden Kulturbegriff der westlichen Nachkriegsmoderne: Man hielt sich und seine Kulturhäuser für klar und aufgeräumt und hatte doch kein wirkliches Wissen darüber, was man da in die Vitrinen gesperrt hatte.
- Galerie Diehl Niebuhrstr. 2, Charlottenburg, Di-Fr 11-18, Sa 11-14 Uhr, bis 9.7.
Spaß in Moabit: “This is not Funny “

Besonders komisch ist die neue Ausstellung im Kunstverein Tiergarten nicht, will sie ja auch nicht sein: „This is not Funny“, lautet ihr Titel. Trotzdem macht sie in etlichen Ecken des langegestreckten Raumes eine Riesenfreude. Denn die 14 teilnehmenden Künstler:innen, die sich über eine fächerübergreifende Klasse des Leipziger Kunstprofessors Oliver Kossack gefunden haben sollen, verstecken hier und da wahre Kleinode versteckt. Zum Beispiel ein großes Schiebepuzzle, wie man es in Klein für Ziffern kennt, das hier aber mit abstraktem Design und einer dynamisch gesteppten Babydecke ausgestattet ist. Man möchte sich am liebsten darauf lümmeln, um das Spiel auszuprobieren.
Oder das Video von Sabrina Asche. Es zeigt junge Frauen in Asien, die (vielleicht nach Büro- oder Schulschluss) bei Regen ein Gebäude verlassen, hurtig bunte Schirme aufspannen und sich unterhaken. Eine große Farbspiel und wunderbares Zeugnis von Freundschaft. Ganzkörperporträts junger Frauen, die einen Mix aus westlicher und südlicher Kleidung tragen, hat Asche stapelweise ausgelegt – in einem Format halb so groß wie eine Postkarte. Sie lassen sich mitnehmen. Zuhause stehen diese Fremden dann auf dem Schreibtisch und bereiten weiter Freude.
- Kunstverein Tiergarten / Galerie Nord Turmstr. 75, Moabit, Di-Sa 12-19 Uhr, Eintritt frei, bis 7.8.
Surreale Ökologie: „Sun Rise/ Sun Set“

Ökologie trendet in diesem Sommer in den Ausstellungshallen. Auch im Schinkel Pavillon sind 2021 Artensterben und Klimakrise ein Thema, vielleicht nicht das Spezialgebiet des Teams. Es hat die selbstgewählte Aufgabe auf seine Art gelöst: Die ausgestellten Arbeiten bringen Tiere, Dinge, Pflanzen, Menschen in ein stimmungsvolles Zusammenspiel. Im dunklen Untergeschoss setzen Gemälde von Max Ernst und Richard Oelze den entscheidenden surrealen Akzent, der auch wissenschaftlichere Arbeiten wie von Pierre Hughye einfärbt. Allein das politische Video des Karrabing Film Collective fordert Analyse und Taten ein: Es verwebt in seiner Filminstallation Kapitalismuskritik mit Überlieferungen der First Nation in Australien.
Ähnlich wie das dunkle Unter- funktioniert das tageslichthelle Obergeschoss. Hier verbreiten Rachel Roses filigrane Kleinplastiken aus Stein und Glas und Ryuichi Sakamotos Klanginstallation eine derart barocke Atmosphäre, dass auch Pamela Rosenkranz‘ duftender Kegel aus Terra Preta buchstäblich nicht dagegen anstinken kann. Die ökologische Krise ist im Schinkel Pavillon keine politische und humanitäre, sondern eine emotionale. Das muss einem nicht genügen, aber es ist sehr gut gemacht.
- Schinkel Pavillon Oberwallstr. 32, Mitte, Mi-So 11-19 Uhr, 6/4 € (keine Kartenzahlung), verlängert bis 22.8.
Zum Mitmachen: „Re:formen auf dem Steinplatz“

Warum heißt der Charlottenburger Steinplatz eigentlich Steinplatz? Eben. Auf der der rechteckigen Grünfläche gegenüber von Universität der Künste und Technischer Universität finden seit ihrer 2018 abgeschlossenen Umgestaltung Konzerte und andere Veranstaltungen statt. Bis Oktober kommt nun eine Reihe hinzu, die „Re:formen auf dem Steinplatz“ heißt. Einmal im Monat geht es um Wahrnehmung, Kognition und Bewegung – in Workshops unter freiem Himmel. Beiträge von Klangkünstler:innen und Musiker:innen sollen die Teilnehmenden anregen, ihre Sinnes- und Denkorgane zu lüften und das Beobachtete zu überdenken. Urheberinnen der Reihe sind die Berliner Performancekünstlerin Stephanie Hanna, bekannt unter anderem für ihre Interventionen in Neuköllner Schaufenstern, und die Tänzerin Jiska Morgenthal.
Mit diesem Konzept setzt „Re:fomen auf dem Steinplatz“ einen Trend fort, den die Hygieneauflagen in der Pandemie begünstigt haben: Künstler:innen finden wieder den Weg aus dem weiß gestrichenen Ausstellungsraum hinaus in den Alltag. Auch fordern Künstler:innen zum Mitmachen auf, geht es doch nach Monaten eingeschränkten sozialen Lebens auch darum, wieder gesellig zu werden. Und mit geschärften Sinnen das Leben zu wahrzunehmen, statt sich beispielsweise einen Steinplatz einfach als Platz mit Steinen vorzustellen. Der in Charlottenburg jedenfalls heißt nach Karl Reichfreiherr vom und zum Stein (1757-1831), einem preußischen Reformer und Gegner Napoleons.
- Steinplatz Charlottenburg, nächste Folge: Di, 6.7., 18 Uhr, mit Heidrun Schramm, Eintritt frei, Infos und Anmeldung: www.denken-in-bewegung.de
Letzte Chance: „Resonanz der Realitäten“ & „Earth“

Erstmals gibt es 2021 den VR-Kunstpreis, ausgelobt von einer Bank und der Contemporary Arts Alliance Berlin. Lauren Moffat hat die mit 5.000 Euro dotierte Auszeichnung für ein virtuelles Museum erhalten. Das Duo Banz und Bowinkel zählt zu den Gewinnende der Sonderpreise. Seine Arbeit „Poly Mesh“ setzt sich damit auseinander, wie sich Wahrnehmung durch VR verändert. Alle Nominierten stellen noch bis 4. Juli im Haus am Lützowplatz aus. Aber mal ehrlich: Unter einer VR-Brille kann einem schon mal schwindelig und schlecht werden. Nicht umsonst sorgt derzeit im Projektraum Kurt-Kurt neben der dortigen VR-Brille eine Haltestange an der Wand für Sicherheit.
Wem VR also aufs Hirn schlägt, ist in der Studiogalerie des Hauses besser aufgehoben. Die Ausstellung „Earth, t.b.a.“ handelt von menschengemachten Verwundungen der Erdoberfläche. Ganz ohne VR geht es aber auch hier nicht: Zu den Höhepunkten der kleinen Schau zählen die neuen VR-Filme von Edward Burtynsky, einem einflussreichen kanadischen Fotografen. Seine Aufnahmen von Natur- und Industrielandschaften (kanadische Ölsandminen, Abwrackdocks in Bangladesch) sind in Berlin unter anderem aus dem Fotohaus C/O Berlin und der Galerie Springer bekannt sind. Ebenfalls noch bis 4. Juli.
- Haus am Lützowplatz Lützowplatz 9, Tiergarten, Di-So 11-18 Uhr, Eintritt frei, Terminbuchung: www.hal-berlin.de, bis 4.7.
Ausflug: Richard Deacon meets Kurt Tucholsky

Foto: Mareike Tocha / Richard Deacon
Der bekannte britische Künstler Richard Deacon (Turner-Preisträger, Teilnehmer von Documenta, Skulptur Projekte Münster und vielem mehr) stellt im kleinen Rheinsberg aus. Keine seiner monumentalen Großformen, sondern die wohnzimmertauglichen „Flats“, flache Keramikobjekte mit poetischen Farbglasuren. Das passt hervorragend, denn Rheinsberg war dank einer Fayence-Manufaktur lang Zentrum für Keramikhandwerk, wie das Keramik-Museum am Kirchplatz bezeugt. Deacons Schau, die auch Zeichnungen, Collagen und ein Filminterview umfasst, findet jedoch im Kurt-Tucholsky-Literaturmuseum statt.
Das gehört zur Akademie der Künste, zu deren Mitglieder Deacon seit über elf Jahren zählt. Das Literatur-Museum erinnert an Tucholskys kurzen Aufenthalt in Rheinsberg, von dem zwei Romane zeugen, der bekanntere ist „Schloss Gripsholm“ (1931). Und in der Remise des Museums stellt der Ostkreuz-Fotograf Harald Hauswald Bilder vom „Leben in der DDR“ aus. Alles in allem viele gute Gründe, Rheinsberg (wieder) einmal zu besuchen.
- Kurt Tucholsky Literaturmuseum Schloß 1/ Marstall, 16831 Rheinsberg, Di-So 10-12.30, 13-17.30 Uhr, 4/3 €, www.tucholsky-museumhttp://www.tucholsky-museum.de.de, bis 28.8.
Stille Häuser: „Dark Whispers“ von Beatrice Minda

Myanmar ist hierzulande aktuell vor allem wegen seiner Militärregierung in den Schlagzeilen. Beatrice Minda hat weniger bekannte Seiten des Landes aufgenommen, das 1948 Unabhängigkeit von der britischen Krone erlangte: Die Berliner Fotografin hat alte Häuser aus der Kolonialzeit aufgesucht. Luftige Holzarchitektur, großzügige Räume und Terrassen zeugen von den Ansprüchen der ehemaligen Besitzer:innen. So viel Platz beansprucht kaum noch jemand: Die heutigen Bewohner:innen haben in den Häusern Zelte aufgeschlagen, im Salon ihre Wäsche aufgehängt, lassen unter dem Dach die Möbel des vorigen Jahrhunderts verstauben.
Minda hat in diffus schattigen Räumen fotografiert und das durch Fenster und Bambuslamellen schräg fallende Licht eingefangen, das Staub und die in der Feuchtigkeit der Monsunregen verblichenen Farben leuchten lässt. Die Serie „Dark Whispers“ war bereits in der Galerie Podbielski am Koppenplatz in Mitte zu sehen, kurz bevor die Mailänder Galerie ihre Berliner Dependance schloss. Nun ist die Fotoserie als Buch erschienen: ein Grund mehr, sie im kommunalen Haus am Kleistpark anzusehen, in dessen auf besondere Fotoarbeiten spezialisierten Projektraum.
- Haus am Kleistpark Grunewaldstr. 6/7, Schöneberg, Di-So 11-18 Uhr, Eintritt frei, nicht barrierefrei, bis 8.8.
Tiere sehen dich an: Walton Ford

Affen können bekanntlich malen, aber dieser Mandrill hat sein Porträt nicht selbst gefertigt. Bei dem Bild, dasder Affe schleppt, handelt es sich um eine Persiflage eines Gemäldes von Oskar Kokoschka („Der Mandrill“, 1926), das im niederländischen Museum Boijmans hängt. Solche Zusammenstöße zwischen Tier und Mensch machen Walton Fords Großaquarelle im ironisierten Stil wissenschaftlicher Naturzeichnungen der Kolonialzeit so einprägsam – und seine Soloschau 2010 im Hamburger Bahnhof von Berlin unvergesslich. Jetzt stellt Ford in der Galerie Max Hetzler neuere Arbeiten voller Anspielungen auf Geschichte und Kunstgeschichte aus: mit einem Gepard, der über einem umgestürzten, altmodischen Motorrad faucht, und einem Bären, der hoch in den Bergen ruht, während unten im Tal berittene Jäger ein anderes Raubtier hetzen.
- Galerie Max Hetzler I Bleibtreustr. 45, Charlottenburg, Di-Sa 11-18 Uhr, bis 14.8.
Die Wahrheit finden: Laura Poitras

Nachdem sie wegen ihrer Kontakte zu Whistleblower Edward Snowden die Aufmerksamkeit US-amerikanischer Sicherheitsbehörden geweckt hatte, verbrachte die Investigativ-Reporterin und Filmemacherin Laura Poitras einige Jahre in Berlin. Inzwischen wieder in den USA, hält sie ihre guten Kontakte in die deutsche Hauptstadt: Gleich zweimal tritt sie jetzt hier auf. Im Neuen Berliner Kunstverein zeigt sie die Ausstellung „Circles“. Darin enthalten sind unter anderem Drucke aus ihrer Serie „Anarchist“, die von den USA gehackte Drohnen- und Satellitenbilder thematisiert, und das Recherchevorhaben „Terror Contagion“ zu einer Malware, die der Verfolgung von Journalist:innen und Menschenrechtsaktivist:innen dient.
Im Juli dann nimmt Poitras im Haus der Kulturen der Welt an einer Diskussion über Strategien der Veröffentlichung von Beweisen teil. Auf die Frage, warum sie ihre Rechercheergebnisse in der Kunst statt in journalistischen Medien enthüllt, hat Poitras tip-Redakteur Bert Rebhandl geantwortet: „Die Kunstwelt ist eigentlich abzulehnen, wenn man überlegt, welches Geld da im Spiel ist, vor allem in den USA. Kunst ist allerdings eine gute Weise, die Welt sichtbar zu machen. Wir zeigen im n.b.k. zum Beispiel Aufnahmen von einem Gefängnisschiff, auf dem in New York während der Pandemie Inhaftierte unter extremen Bedingungen gehalten werden. So etwas gehört eigentlich auf die Titelseite der „New York Times““.
- n.b.k. Chausseestr. 128/129, Mitte, Di-Mi, Fr-So 12-18, Do 12-20 Uhr, Eintritt frei, bis 8.8.
- Haus der Kulturen der Welt (Dachterrasse) John-Foster-Dulles-Allee 10, Tiergarten, 3.7., 16-23 Uhr, Eintritt frei
Alles andere als ein Pappenstiel: Evol

Plattenbau-Charme in Kunst zu überführen und so Schönheit und Schrecken des Berliner Grau und Braun zu verdichten, ist eine von Evols Spezialitäten. In seiner ersten Einzelausstellung in der Galerie Urban Spree zeigt der Berliner Schablonenkünstler seit 25. Juni neue Arbeiten, darunter den „Warsaw Blokk“ (Abb.). Evol (offiziell: Tore Rinkveld) arbeitet vor allem in, mit und auf Pappe. Am bekanntesten sind wohl seine Gebäuderiegel in den Ausmaßen von Stromkästen, wie sie beispielsweise auf der ehemaligen Messe „Kunstsalon“ zu sehen waren. Inzwischen stellt Evol deutschland- und weltweit aus, etwa in Ausstellungen, in denen es um Architektur geht wie 2017 in der „Brutalismus“-Schau des Dortmunder Medienkunstvereins Hartware. Die neuen Arbeiten stehen für Evols Auseinandersetzung mit den baulichen Zeugen des Sozialismus und deren Überformung nach 1990.
- Urban Spree Galerie Revaler Str. 99, Friedrichshain, Di-Fr 14-19, Sa 12-19 Uhr, bis 17.7.
Bodenhaftung: Reconnecting Earth

Foto: Simone Zaugg 2021
Wissenschaftliche Erkenntnisse zu Klimawandel und Artensterben auf ein anschauliches Maß vor Ort herunter zu brechen, ist das Ziel der Ausstellung „Reconnecting Earth“ bei Kurt Kurt. Die Künstler:innen Pfelder und Simone Zaugg haben den Kurator Bernard Vienat eingeladen, eine Ausstellung zu organisieren, die die Aufmerksamkeit Natur entwöhnter Städter:innen für Ökologie weckt. Zusammen gekommen sind Beiträge von 16 Künstler:innen im Projektraum, in Kleingärten und auf der Straße. Dazu gehören neben den Objekten in der Ausstellung auch Werkstatt-Spaziergänge, Fotos, die Mitwirkende auf Social Media hochladen können, sowie Plakate wie von Zaugg und Pfelder (Abb.).
Zu den Teilnehmenden zählen Eli Cortinas, Andreas Greiner und Takafumi Tsukamato, Valérie Favre und Zheng Bo, der seit 21. Juni im Gropiusbau ausstellt. Parallele Aktionen und Ausstellungen finden in Genf statt. Fast überflüssig zu erwähnen, dass der Weltklimarat soeben in seinem diesjährigen Vorbericht Hunger, extremer Hitze und „irreversiblen Auswirkungen auf Menschen und ökologische Systeme“ prognostiziert, sollten wir das 1,5 Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens verfehlen.
- Kurt Kurt Lübecker Str. 13, Do-Sa 15-20 Uhr, Eintritt frei, bis 31.7., Terminbuchungen für den Spaziergang mit Simone Zaugg am So, 27.6.: www.reconnecting.earth
Kunstausflug: „Möbelhaus“ Potsdam

Die brandenburgische Landeshauptstadt bietet viel mehr Kunst als nur die des Museum Barberini und des Potsdam Museum. Künstler:innen, Galerist:innen und nicht zuletzt Hausbesetzer:innen bauten nach Mauerfall eine nachhaltige kulturelle Infrastruktur auf, von der heute etwa das Waschhaus und die Galerien der Innenstadt zeugen. Das freie Kunsthaus Sans Titre zählt zu den Zentren des Geschehens. In dem Atelierhaus mit Ausstellungshalle präsentieren jetzt 33 Künstler:innen Möbelkunst und Kunstmöbel, unter ihnen Ursula Döbereiner, Angela Lubic, Albert Weis und Barbara Steppe. Tische, Stühle, Schränke, Betten und überhaupt, wie Menschen wohnen und was das über sie sagt, sind ja ein wichtiges Thema in der Kunst. Unter dem Titel „MÖBELhaus KUNST“ haben die beiden Künstlerinnen Claudia Brusching und Pamona Zipser daher eine Schau mit Witz und Ironie kuratiert: Aus Möbeln werden Objekte und Installationen, und umgekehrt wird aus einer Replik von Duchamps Flaschenhalter eine Art Garderobe. Die Stücke haben sogar „Schnäppchenpreise“, wie es heißt – von 15 bis 8.400 Euro. Nichts wie hin.
- Kunsthaus Sans Titre Französische Str. 18, 14467 Potsdam, Mi-So 14-18 Uhr, Eintritt frei, bis 18.7.
Lockruf Wildnis: 26. Rohkunstbau in Lieberose

Und noch einmal das Thema Natur, das in diesem Sommer Konjunktur in der Kunst hat: „Von der Verletzlichkeit, Überleben in der Risikogesellschaft“, lautet das Motto der 26. Ausstellung der Rohkunstbau-Reihe, 2021 erneut im unsanierten Schloss Lieberose stationiert, um das sich Efeu und andere Ranken winden. Hier müssen sich die Arbeiten, die Kuratorin Heike Fuhlbrügge versammelt hat, gegen die Ruinenromantik eines Schlosses am Rand des Spreewaldes behaupten: Claudia Chaselings kräftige Wandmalerei genauso wie David Claerbouts Tuschbilder von Buschbränden, Jochen Dehns ausladende Baumskulptur genauso wie Gilbert & Georges Fotomontagen oder Nadia Lichtigs Klanginstallation, in der ein Dattelbaum seine Kulturgeschichte erzählt. Der Text dieses sprechenden Ziziphus-Strauchs lässt sich mit nach Hause nehmen: auf einer Postkarte mit QR-Code.
Die Lieberrose Heide nebenan zählt übrigens zu den bedeutenden Naturlandschaften Ostdeutschlands: Auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz haben sich Wölfe angesiedelt, auch eine Elchkuh soll hier schon gesichtet worden sein. Ein Wildnispfad führt vom Besucherparkplatz an der L44 zwischen Butzen und Lamsfeld über das Gelände. Bitte auf den Wegen bleiben: nicht nur wegen der empfindlichen Pflanzen, die hier ungezähmt wachsen dürfen, sondern auch, weil im sensiblen Boden noch Munition steckt. Und die hohe Waldbrandgefahr bitte beachten – in der Lieberrose Heide brennt es in trockenen Sommern immer wieder.
- Schloss Lieberose Schlosshof 3, 15868 Lieberose, Sa/So 12-18 Uhr, 12/ 7 €, bis 12 J. frei, bis 3.10.
- Zeittickets und Anfahrt auf: www.rohkunstbau.net/
Geburtstag: Haus am Waldsee

Auch das Zehlendorfer Haus am Waldsee feiert einen Geburtstag: Zarte 75 Jahre alt wird es. Bis zum Fest dauert es zwar noch ein bisschen, doch die Sommerausstellung beginnt bereits jetzt. Christiane Löhr zeigt seit Sonntag, den 20. Juni, ihre erste institutionelle Einzelschau in Berlin, mit Skulpturen und Zeichnungen aus 20 Jahren. Die Künstlerin aus Köln ist bekannt für ihre feinen Arbeiten aus Pflanzenteilen wie Grasstängeln, Kletten, Efeusamen und Baumblüten. Da beschleunigt sich der Puls von Restaurator:innen doch sofort. Im Skulpturenpark hinter dem Haus aber, am Ufer des schattigen Waldsees, lässt sich vor Ort beobachten, was die Natur an Material bereitstellt.
- Haus am Waldsee Argentinische Allee 30, Zehlendorf, Di-So 11-18 Uhr, 7/ 5 €, bis 18 J. und Beziehende von Transferleistungen frei, Zeittickets: hausamwaldsee.de, Ausstellung: 20.6.-5.9.
Ein halbes Jahrhundert: „Politik und Kunst“ der Documenta

In seiner neuen Ausstellung „Politik und Kunst“ zeigt das Deutsche Historische Museum seit 18. Juni Ergebnisse von Untersuchungen zu den politischen Verflechtungen der „Documenta“ zwischen 1955 und 1997. Um es vorweg zu nehmen: Die „Documenta“, die Kasseler Großschau mit internationaler zeitgenössischer Kunst und vermeintlich Hort der Avantgarde, war nicht viel besser als die Bundesrepublik, in der sie stattfand. Die nationalsozialistische Vergangenheit eines Mitbegründers blieb lang unbekannt. Ideologisch spiegelte sich in ihr die Idee von abstrakter Freiheit als Gegenpol zum sozialistischen Realismus. Und später, vor allem unter Chefkurator Jan Hoet 1992, ein markenbewusstes Marketing als Ausdruck einer globalisierten Kulturindustrie. Spannend.
- Deutsches Historisches Museum Unter den Linden, 2, Mitte, Mo-Mi, Fr 10-18, Do 10-20 Uhr, 8/ 4 €, bis 18 J. frei, Zeittickets: www.dhm.de, bis 9.1.
Wiedersehen macht Freude: Joseph Beuys

Elemente mit Ausgleichselementen, Digitalmillivoltmeter, Wechselstromtransformator (elektrische Schneidevorrichtung),
elektronische Temperaturmessgeräte, Temperatur-Messskalen, metallische Elemente, Holzpodeste, 6-teilig, variabel
Foto: Jan Windszus / 1995 erworben durch das Land Berlin, Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie / Joseph Beuys/VG Bild-Kunst, Bonn 2021
In Düsseldorf, wo Joseph Beuys lebte, lehrte und 1986 starb, haben die Feierlichkeiten zu seinem 100. Geburtstag (am 12. Mai) bereits begonnen. Nordrhein-Westfalen lässt den Künstler mit der Ausstellungreihe „Beuys 2021“ hochleben. Museen in 14 Städten von NRW machen mit: Krefeld, seine Geburtsstadt, widmet sich dem Ready Made bei Beuys und Duchamp, Wuppertal der Aktionskunst und Bonn seiner Idee von „Sozialer Plastik“. Zu den Koordinatoren des Museumsreigens gehört der Berliner Kurator Eugen Blume, der in Berlin bis 2016 das Museum Hamburger Bahnhof leitete.
Nun zieht die Hauptstadt nach: Am 13. Juni begann an Blumes ehemaligen Stammhaus die Berliner Geburtstagsschau. „Von der Sprache aus“ heißt sie, und tatsächlich geht es um Reden, Sprechen, Vortragen, Stammeln, Schweigen und Schreiben in Beuys Werk – in sieben Kapitel, mit 25 Werken und Großwerken sowie zahlreichen Fotos, Plakaten, Postkarten und Filmen. Die meisten Exponate stammen aus den Staatlichen Museen. Vor allem Kupferstichkabinett und Kunstbibliothek hüten Beuys-Dokumente und Arbeiten auf Papier. Kuratiert hat die Ausstellung Nina Schallenberg, seit 2017 am Hamburger Bahnhof und dort auch für die Sammlung Marx mit deren Beuys-Werken zuständig. Man darf sich freuen auf ein Wiedersehen mit dem Künst, der in René Blocks New Yorker Galerie einen lebenden Koyoten traf, und auf die Aufnahme, in der Beuys gemeinsam mit Kollegen 1968 endlos lang „Ja, Ja, Ja, Nee, Nee, Nee“ sagt, selbstredend in tiefstem Rheinisch, was klingt wie „Näh, näh, näh“.
- Hamburger Bahnhof Invalidenstr. 50/51, Tiergarten, Di-Fr 10-18, Sa/So 11-18 Uhr, 14/ 7 €, bis 18 J. frei, Buchung www.smb.museum/tickets, bis 19.9.
Noch ein Comeback: Das Studio Berlin im Berghain öffnet wieder

Nach Monaten hatte sich im September 2020 endlich mal wieder die Berghain-Tür geöffnet, für eine Kooperation mit der Sammlung Boros: Vor allem lokale Künstler:innen zeigten hier einige Wochen Arbeiten. Teils neu, teils ungenutzt, weil Ausstellungen ausgefallen waren. Eine größer Bogen fehlte, gleichzeitig war eben dieser willkürliche Ansatz das bindende Glied. Gepaart mit dem Club entstand eine Auseinandersetzung mit der von Corona ausgelösten Erschütterung verschiedener, doch zusammenhängender Szenen. Nun öffnete Studio Berlin am 18. Juni wieder. Ein paar Kunstwerke wurden schon wieder weiter verschifft, es bleibt trotzdem eine hochspannende Ausstellung in Räumen, die viele sonst gar nicht zu Gesicht bekommen – und die gleichermaßen sehens- und erfahrenswert sind. Unsere ausführliche Kritik zu Studio Berlin findet ihr hier.
- Berghain Am Wriezener Bahnhof, Friedrichshain, Führungen Mi+Do 11.45 bis 20 Uhr Open House Fr-So 11.45-20 Uhr, Führungen 20 (erm. 10) Euro, Open House 18 (erm. 9) Euro, Eintritt ab 16, Tickets und Infos online
Design und Kunst: Hella Jongerius

Foto: Laura Fiorio / Gropius Bau / Hella Jongerius/VG Bild-Kunst 2021
Der Gropiusbau übertrifft sich selbst: Neben der Ausstellung der japanischen Küsntlerin Yayoi Kusama, für die es nur ganz schwer Karten gibt, zeigt das Team eine Werkschau der niederländischen Konzeptdesignerin Hella Jongerius, der Pionierin der Sofa-Landschaft. Die großzügig gestaltete Werkschau lenkt den Blick auf abstrakte Bilder aus Textil, denen Fadenlauf und Aussparungen dreidimensionale Struktur geben, und auf die soziale Qualität des Arbeitens mit Textil, die in Industrieländern verloren zu gehen droht, nun jedoch wieder entdeckt wird. Beispielhaft dafür ist die Installation „Dancing A Yarn“ (Foto) aus diesem Jahr, mit der Jongerius Ausstellungsbesuchende einlädt, ein Stück gemeinsam zu weben.
- Gropius Bau Niederkirchnerstr. 7, Kreuzberg, Mi-Mo 10-21 Uhr, 15/ 10 €, bis 16 J. frei, Tickets: gropiusbau.de, bis 15.8.
Yael Bartana: Redemption Now

Die Heilsbringerin, gekleidet in einen weißen, langen, weiten Mantel, reitet auf einem Esel in Berlin ein. Ein Schelm, wer da an Jesus denkt. Doch das Berliner Regierungsviertel ist nicht Jerusalem. Auf ihrem Weg Richtung Südwesten, zum Strandbad Wannsee, erlebt die geheimnisvolle Lichtgestalt eine Stadt, die nach wie vor von der nationalsozialistischen Diktatur geprägt ist – vor allem im kollektiven Gedächtnis ihrer Bewohner:innen.
Yael Bartanas aufwändige, dreikanalige Filminstallation „Malka Germania“ („Königin Germania“) ist eine Auftragsarbeit für das Jüdische Museum, die überlieferte und vielfach gebrauchte Motive aus Film und Fotografie zerlegt und neu verwendet – von Menschen Menschen mit Koffern, die auf Gleisen in den Wald gehen, von Soldaten, die mit israelischer Flagge um den Schultern aus der U-Bahn stürmen. Die provokative Installation bildet den Mittelpunkt einer großen Werkschau der in Amsterdam und Berlin lebenden Künstlerin aus Israel, die schon Polen auf der Venedig-Biennale vertrat. „Redemption“ heißt die Ausstellung. Bartana will wissen, ob es eine „Erlösung“ von der Geschichte geben kann. Ihre Fotografien, Filme, Neonarbeiten und Installationen aus zwei Jahrzehnten thematisieren weltliche und religiöse Versuche, einem besseren Leben näher zu kommen – noch hier auf Erden oder auch jenseits von ihr.
- Jüdisches Museum Lindenstr. 9-14, Kreuzberg, Mo-So 10-19 Uhr, 8/3 €, bis 18 J. frei, Buchung: www.jmberlin.de, bis 10.10.
Diversity United: Ein wackeliger Kontinent

Foto: Mark Blower / Kris Lemsalu / Courtesy Temnikova & Kasela Gallery und Koppe / Astner Gallery
Zum Thema Europa haben die Kurator:innen der Großausstellung „Diversity United” Arbeiten von 90 Künstler:innen aus drei Jahrzehnten und 34 Ländern in den Flughafen Tempelhof zusammengebracht. Ost und West, Arm und Reich, Staaten und Subjekte, Weltliches und Religiöses prallen hier aufeinander. Viele neue Auftragsarbeiten sowie bekannte Werke beispielsweise von Luc Tuymans, Yinka Shonibare CBE, Kris Lemsalu (Foto) und Katharina Sieverding zeichnen das widersprüchliche Bild eines Kontinents, der an seinem Zusammenwachsen nach 1990 noch deutlich nachbessern muss. Mehr zu Diversity United lest ihr auch hier.
- Flughafen Tempelhof Hangar 2 + 3, Eingang Columbiadamm, Mi-Mo 11-18 Uhr, 10/ 5 €, Familien 16 €, bis 16 J. frei, Zeittickets: stiftungkunst.de/kultur/diversityunited/, bis 19.9.
Ausflug: Zitadelle Spandau

Foto: Imago/Jürgen Ritter
Spandau, im Ernst? Im Ernst. Auf der Zitadelle Spandau, ohnehin Ausstellungsort und Dach für Ateliers, macht sich neben den historischen Ausstellungen inzwischen auch zeitgenössische Kunst breit. Verantwortlich dafür sind das Zentrum für Aktuelle Kunst, das Kunstamt Spandau – und Ralf Hartmann, der zuvor in der Galerie Nord/ Kunstverein Tiergarten gearbeitet hat. Bestens vernetzt in Berlin, holt er Künstler und Künstlerinnen auf das Gelände, auf das man sicher nicht zweimal bitten muss: Teile von Hof und Mauern, die im Stil italienischer Renaissance gebaut wurden, erinnern an das Arsenale der Venedig-Biennale.
Biennale-reif ist Spandau zwar noch nicht, aber auf einem guten Weg, das Kunstpublikum von den ausgetretenen Pfaden der Berliner Innenstadt abzuholen. Am Wochenende beginnen hier Ausstellung mit Neuerwerbungen der Kommunalen Sammlung, eine Gruppenausstellung zum Thema „Zusammentun und Auseinandersetzen“, sowie je eine Einzelausstellung des Malers und Performancekünstlers Martin von Ostrowksi und der Bildhauerin Monika Brandmeier. Und Michael Hischer stellt seine kinetischen Skulpturen auf den Wällen auf. Übrigens: Die Zitadelle blickt über die Havel, die weiter südlich, etwa bei Gatow und Schildhorn, etliche Badestellen passiert.
- Zitadelle Spandau Am Juliusturm 64, Spandau, Fr-Mi 10-17 Uhr, Do 13-20 Uhr, 4,50/ 2,50 Euro, bis 6 J. frei, ohne Anmeldung und Nachweis, mit Möglichkeit zu einem Schnelltest (Gotischer Saal), Ausstellungen 12.6.-19.9., bzw. bis 17.10.
Berliner Herbstsalon: Kunst und Szenografie am Theater

Jetzt noch einmal besser präsentiert: Zehra Dogans Zeichnungen aus ihrer Haft in der Türkei, die auf der 11. Berlin Biennale zu sehen waren, sind nun im Kiosk des Gorki ausgestellt, gut ausgeleuchtet und übersetzt. Sie eröffnen den diesjährigen, über Monate gestreckten Herbstsalon des Theaters unter dem Motto „stronger still“ Zu diesem Eröffnungsteil gehören ebenfalls Tarik Celiks Porträts von Verfolgten, Augenzeugen und Infhaftierten sowie Fakten über türkische Gefängnisse, die der ehemals inhaftierte Journalist Can Dündar mit dem Theater-Team im Hof und Verwaltungsgebäude eindrucksvoll in Szene gesetzt hat.
- Gorki Eingang Dorotheenstr. 9, Mitte, Di-Do 12-21, Fr-So 14-22 Uhr, Eintritt frei, Zeittickets: gorki.de, bis 23.9
Island: Hidden People & From Magna to Mankind

Niemand muss Island-Fan sein, um sich in dieser Ausstellung wohl zu fühlen. Maria und Natalia Petschatnikov haben fast die ganze Galerie im Körnerpark zu einer Landschaft umgestaltet, in der Schafe grasen, Hänge rutschen, Eis splittert. Aus ganz einfachen Materialien wie Packpapier. In diese künstliche Wildnis haben die Schwestern zarte Aquarelle von Island und seinen menschlichen, tierischen wie pflanzlichen Bewohner:innen gehängt. Es ist eine Einladung, den Menschen nicht mehr als Krönung der Schöpfung zu sehen. Im hinteren Videoraum läuft Egill Saebjornssons humorvoller Projektfilm „From Magna to Mankind“ mit ernstem Inhalt.
Der in Berlin lebende Konzeptkünstler sieht den Ursprung allen Lebens in Vulkanen, er denkt Lebewesen, Metalle, Mineralien und Magna zusammen. Wissenschaftlich betrachtet, hat er sogar Recht, man muss nur an die Schwarzen Raucher in der Tiefsee denken, an denen sich Bakterien bilden und den Anfang einer Kette des Lebens begründen. Galerieleiterin Dorothee Bienert führt am Freitag, den 4. Juni, 18 Uhr, gemeinsam mit der Kunsthistorikerin Yolanda Kaddu-Mulindwa auf der Terrasse der Galerie in die Kunst ein. Danach spielt die Musikerin Dorit Chrysler auf dem Theremin.
- Galerie im Körnerpark Schierker Str. 8, Neukölln, Mo-So 10-20 Uhr, Eintritt frei, Anmeldung Tel: 030/56 82 39 39, bis 22.8.
Geumhyung Jeong: Under Maintenance

Nein, das hier ist weder Heimwerkermarkt noch Bastelkeller. Eher eine Bühne für den Versuch, mit Laienwissen Roboter zusammenzubauen, die auch wirklich tun, was ihre Erfinderin von ihnen will. Der Performance-Star Geumhyung Jeong hat sich zunehmend der Form der Installation zugewendet. Sie tritt noch immer auf, sie arbeitet noch immer ganz körperlich mit den Maschinenteilen, wovon die Filme an den Gerüsten zeugen. Und sie erforscht dabei noch immer die Grenzen zwischen weiblichem Körper und (vermutlich) von Männern erdachten Maschinenteilen. Doch im Mittelpunkt stehen nun Funktion und Form der Bauteile. Beklemmend präzise aufgebaut, oder besser: geradezu angerichtet auf den Tischen in der Kreuzberger Galerie Klemm’s.
- Galerie Klemm’s Prinzessinnenstraße 29, Kreuzberg, Di-Sa 11-18 Uhr, nur mit Anmeldung, Termine bis Ende Juli
Susan Philipsz: Slow Fresh Fount

Foto: Roman März / Courtesy Susan Philipsz and Konrad Fischer Galerie
Etwas Zeit mitzubringen empfiehlt sich für Susan Philipsz‘ Ausstellung „Slow Fresh Fount“, denn es geht ja „slow“ zu. Die Laienstimme der Berliner Künstlerin, die aus versteckten Lautsprechern klingt, tastet die Geschosse der Galerie Konrad Fischer ab, die Philipsz mit weißen Silos und schwarzen Fässern unterschiedlich gestaltet hat. Philipsz singt alle vier Stimmen einer Vertonung von „Slow Fresh Fount“, eines berühmten Gedichts des englischen Dramatikers Ben Jonsons aus seinem Stück „Cynthia`s Revel“, 1600 am Blackfriars Theatre uraufgeführt. In Philipsz‘ fragmentierender Bearbeitung für Lautsprecher entfaltet es eine große räumliche Wirkung, die die Industriearchitektur des ehemaligen Umspannwerks würdigt.
- Konrad Fischer Galerie Neue Grünstr. 12, Mitte, Di-Sa 11-18 Uhr, Anmeldung: konradfischergalerie.de, bis 17.7.
Skulpturenpark: Ausflug aufs Schlossgut Schwante

Foto: Schlossgut Schwante
Westlich von Oranienburg, gut zu erreichen über die Autobahn, liegt das Gutshaus Schwante bei Oberkrämer. Neben einem Restaurant und einem Hofladen erstreckt sich hier ein großer Garten für zeitgenössische Skulptur. In diesem Park stehen beispielsweise eine Art Mediationsraum von Carsten Nicolai, eine Treppe von Monika Sosnowska und eine Neonarbeit von Martin Creed. Zur neuen Saison sind weitere Arbeiten hinzugekommen, unter anderem die Hasenfigur „Usagi Greeting“ der Berliner Kunstprofessorin Leiko Ikemura und „The Wind Rose“ von der Berliner Installationskünstlerin Susan Philipsz. Willkommen im Grünen.
- Schlossgut Schwante Schloßplatz 1-3, 16727 Oberkrämer, Fr-So ab 11 Uhr, bis in den Herbst
Pablo Picasso: „Les Femmes d’Alger“

Im Museum Berggruen sind erstmals seit mehr als 60 Jahren in Deutschland Variationen von Pablos Picassos „Les Femmes d’Alger“ als Serie zu sehen, zusammen mit dem Vorbild, Eugène Delacroix „Femmes d’Alger dans leur intérieur“ (1849). Chronologisch gehängt von Sammlungskurator Gabriel Montua, machen all die Leihgaben den Zusammenhang transparent, in dem das einzige Gemälde der Serie entstand, das sich dauerhaft unter dem Dach des Museums befindet: die Version L vom 9. Februar 1955.
So wird erfahrbar, wie Picasso in Gemälden, Zeichnungen und Drucken Formen ausprobierte. Mit Zwei- und Dreidimensionalität experimentiert, mit Farben und Nichtfarbe, wie er sich an Matisse abarbeitete, die Frauen entkleidete und ihre Körper verdrehte und fragmentierte. Nicht zuletzt aber erhellt eine ganzen Etage Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte der Serie. Denn Picasso begann sie, als in Algerien der Unabhängigkeitskrieg gegen die Kolonialmacht Frankreich begann. (cwa)
- Museum Berggruen Schloßstr. 1, Charlottenburg, Di-Fr 10-18, Sa/So 11-18 Uhr, 12/ 6 € (inkl. Sammlung Scharf-Gerstenberg), bis 18 J. frei, Ticketbuchung: www.smb.museum/tickets, bis 8.8.
Spätgotik. Aufbruch in die Neuzeit

Foto: bpk / Gemäldegalerie, SMB / Jörg P. Anders
Die Spätgotik gilt als das Schwarzbrot der Kunstgeschichte, immens wichtig, aber anstrengend. Deshalb zeigt die Gemäldegalerie mit dem Zusatz „Aufbruch in die Neuzeit“ gleich die Richtung an, auch wenn sich die Schau nicht wirklich vom kunsthistorischen Ansatz löst. Muss sie auch nicht, denn Meisterwerke von Nicolaus Gerhaert, Martin Schongauer und Tilman Riemenschneider zeigen in ihrer realistischen Menschendarstellung sehr eindrücklich, wie die Entdeckung des Individuums im 15. Jahrhundert auch die Kunst prägte.
Die Künstler begannen, ihre Werke zu signieren. Auch die Medienentwicklung – in der Zeit wurden der Buchdruck, Holzschnitt und Kupferstich erfunden – ist ein wichtiges Thema. Dass in Berlin so viele hochkarätige Stücke der Spätgotik in den Museumsbeständen sind, ist übrigens das Verdienst mit von Karl Friedrich Schinkel. Er hat der Epoche wiederentdeckt und für den Ankauf vieler, damals billig zu habender Spitzenwerke gesorgt.
- Gemäldegalerie Matthäikirchplatz am Kulturforum, Tiergarten, Di–Fr 10–18 Uhr, Sa/ So 11–18 Uhr, Zeitfenstertickets über www.smb.museum/tickets, bis 5.9.
Marc Brandenburg: „Hirnsturm II“

„Brainstorm“ hieß der erste Teil dieser Ausstellung, sie fand in New York statt. Das Kunstwort „Hirnsturm“ ist kantiger, fast schmerzhaft, passt aber genau zur aktuellen Ausstellung des Berliner Künstlers. Müll, Graffiti, Schmuckstücke, Werbung, Filme, die Schlafplätze von Obdachlosen – solche Motive finden sich in Marc Brandenburgs neuer Schau im Palais Populaire, wie immer bei ihm schwarzweiß gezeichnet, meist inversiv, also Schwarz und Weiß vertauscht, und mit Schwarzlicht beleuchtet. All diese Versatzstücke der Großstadt und der Popkultur hämmern heftig ins Hirn.
Den zweiten Teil der Schau bildet die dreikanalige Videoinstallation „Camouflage Pullover“ von 2018. Sie geht zurück auf die Strickarbeit „Tarnpullover für Ausländer“, die unter dem Eindruck der rassistischen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen im Jahr 1992 entstanden sind. An die Pullover sind auch gleich noch Hälse, Gesichter und Haare drangestrickt, in verschiedenen Hautfarben, ganz stereotyp. Diese Strickgesichter-Männer gehen durch Berlin, nur wenige Passanten sind irritiert. Eine eindrückliche Ausstellung mit Themen, die für Berlin aktuell super wichtig sind. (SD)
- Palais Populaire Unter den Linden 5, Mitte, Mi–Mo 11–18 Uhr, Do bis 21, Zeitfenstertickets https://ticketspopulaire.de/#/tickets/groups, bis 23.8.
Schulboom: „Bildungsschock“

Foto: Silke Briel / HKW
Gastkurator Tom Holert hat im Haus der Kulturen der Welt mit „Bildungsschock“ eine wunderbar gestaltete Ausstellung aufgebaut: Modelle, Fotos, Filme, Druckerzeugnisse und Kunst führen in den Mikrokosmos Schule und den Makrokosmos Weltpolitik ein. Thema ist der Bildungsboom, den die sogenannten geburtenstarken Jahrgänge erlebten. Er spiegelte sich auch in der Schularchitektur, in gewaltigen Komplexen aus Beton.
Hintergrund des schnellen Bauens: Die militärischen Blöcke wetteiferten nicht nur auf den Gebieten von Rüstung und Technik, sondern auch um die besseren Fachkräfte. Die UdSSR exportierte ganze Schulsysteme in sogenannte Entwicklungsländer. Erschütternd bleiben: die Gründe für den Abbruch der Bildungsoffensive – und das Manifest heutiger Berliner Schüler*innen, das für diese Ausstellung entstand. Es enthält konkrete Forderungen für bessere Schulen, von der Sitzecke bis zum Schulessen – lauter Dinge, die man eigentlich für selbstverständlich halten würde. (cwa)
- Haus der Kulturen der Welt John-F.-Dulles-Allee 10, Tiergarten, Mi-Mo 12-20 Uhr, 7/3 Euro, bis 18 J. frei (eigene Kopfhörer empfohlen), Zeittickets und Online-Angebote: www.hkw.de, bis 11.7.
Anja Ehrenstein: Gewinnerin des C/O-Talent-Wettbewerbs

Foto: Anna Ehrenstein / Courtesy Office Impart and KOW Berlin
Bilder spiegeln Macht und verfestigen sie: Davon ist Anja Ehrenstein, 28, überzeugt. Sie macht nicht nur Fotos, sie klaubt Bilder zusammen, aus dem Netz vor allem und sie gibt die Kamera ab an Menschen in Dakar, in Deutschland, in Albanien. Um die Macht über die Bilder zu teilen und alternative Motive den Weg an die Öffentlichkeit zu ebnen. Mit dieser Methode hat sie die Jury des Talent-Wettbewerbs am Fotohaus C/O Berlin überzeugt. Und nun findet endlich die verschobene Ausstellung dazu statt – zeitgleich zu einer Soloschau der britischen Modefotografin Nadine Ijewere und einer Themenausstellung zu Social-Media-Bildern, die die gute alte Ansichtskarte oft ersetzen. (cwa)

- C/O Berlin Hardenbergstr. 22-24, Charlottenburg, 10/6 Euro, bis 18 J. frei, aktualisierte Öffnungszeiten und Zeittickets auf: https://co-berlin.org, bis 2.9.
Joseph Beuys: Der Erfinder der Elektrizität

Foto: Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek, Sammlung Marzona / Winfried Göllner / Reprofotograf: Dietmar Katz
Bevor der Hamburger Bahnhof Mitte Juni seine große Ausstellung zum 100. Geburtstag von Joseph Beuys beginnt, kann das Publikum sein Wissen über Beuys´ Schaffen und Wirken auffrischen: In der Kirche St. Matthäus hat Kurator Eugen Blume, ehemals Leiter des Museums Hamburger Bahnhofs, eine Ausstellung zum religiösen Strang in Beuys Werk zusammengestellt.
In kleineren plastischen Arbeiten, Filmen von Performances sowie Plakaten wird deutlich, wie der Düsseldorfer Künstler unter anderem christliche Symbolik variierte. Zugleich erinnert die Schau an die ungeheure Wirkung von Beuys in der alten Bundesrepublik, nicht zuletzt, weil er zu den Gründungsmitgliedern der Grünen-Partei zählte. Nicht verpassen: Lothar Wollehs Fotografien auf der Galerie über den Kirchenbänken, die Beuys beim Aufbau einer Ausstellung in Schweden zeigen. Übrigens: Einen exklusiven Siebdruck zum 100. Geburtstag von Beuys gibt es hier. (cwa)
- St. Matthäus-Kirche Matthäikirchplatz, Tiergarten, Di-Fr 12-16, Sa/ So 12-18 Uhr sowie zu Andachten und Gottesdiensten, Eintritt frei, kein Covid-Test und keine Anmeldung notwendig, bis 12.9.
Hans Haacke: „Wir (alle) sind das Volk“

Wer aus der Beuys-Ausstellung in der St.-Matthäus-Kirche kommt, steht unmittelbar vor einer Arbeit Hans Haackes. Sie klebt am Zaun, der die Baustelle des umstrittenen Museums des 20. Jahrhunderts umgibt. Auf ihn hat der in New York lebende deutsche Konzeptkünstler eine weiter Variation seiner Posterserie anbringen lassen, die in einer anderen Fassung zur Berlin Art Week 2020 in Berlin zu sehen war. „Wir (alle) sind das Volk“ heißt es in verschiedenen Schriften und Sprachen auf den leuchtenden Plakaten. Die auf den ersten Blick aussehen, als trügen sie die Farben des Regenbogens, doch auf den zweiten irritieren. Denn verschiedene Töne des Farbspektrums fehlen. (cwa)
- Bauzaun am Matthäikirchplatz rund um die Uhr, bis auf Weiteres
Rembrandts Orient

Als der große Rembrandt malte, handelten und kämpften sich die Niederlande zur Weltmacht empor. Die Ausstellung „Rembrandts Orient“ im Museum Barberini in Potsdam thematisiert anhand von 110 Exponaten, wie sich dieses Kapitel der Weltgeschichte in damaligen Porträts, Stilleben und und biblischen Szenen spiegelte. Die Tickets für das Haus in Potsdam sind immer ruckzuck ausgebucht, immer drei Tage vorher werden neue freigeschaltet.
- Museum Barberini Alter Markt, Humboldtstraße 5-6, Potsdam, Mi-Mo 10-19 Uhr, bis 18.7.
Yayoi Kusama: „A Bouquet of Love I Saw in the Universe”

Kürbisse, Punkte und leuchtende Farben: Die japanische Künstlerin Yayoi Kusama hat eine große Soloschau im Gropius Bau. Kusamas revolutionäre Interventionen, ihre fantastischen Installationen und ihre Neudefinition ihrer Rolle als Frau in der Kunst – immer wieder wurde sie selber Teil ihrer Ausstellungen in einem performativen Akt – machen sie sie zu einer der einflussreichsten Künster:innen weltweit. Die Retrospektive, derzeit wohl Berlins begehrtestes Tickets, beleuchten wir ausführlich hier: Yayoi Kusama im Gropius Bau – so spektakulär ist die Retrospektive.
- Gropius Bau Niederkirchnerstraße 7, Kreuzberg, Mi bis Mo 10:00–21:00, Di geschlossen, 9-21 Uhr, Infos + Tickets hier, bis 15.8.
Neo Rauch: Der Beifang

Nachdem der erste Ansturm vorüber ist und sich die Website für die Besucheranmeldung erholt zu haben scheint, sind vor allem werktags wieder Tickets für Neo Rauchs Ausstellung im Gutshaus Steglitz zu haben. Der Maler, der das klassizistische Gebäude kennenlernte, als hier seine Frau Rosa Loy ausstellte, zeigt unverkäufliche Arbeiten auf Papier, vor allem aus dem Besitz des Paares. Sie sind gemalt, getuscht, gezeichnet, manchmal gar mit Kugelschreiber. Es handelt sich um „Beifang“, aber nebensächlich sind die guten Stücke nicht: Der ganze Kosmos des Leipziger Malers entfaltet sich hier im Kleinformat (cwa)
- Gutshaus Steglitz Schloßstr. 48, Steglitz, Mo-So 10-18 Uhr, Eintritt frei, Anmeldung: www.kultur-steglitz-zehlendorf.de, bis 26.9.
Mehr Kunst und Ausstellungen in Berlin
Sie war mit David Bowie und Iggy Pop befreundet, der junge Martin Kippenberger wohnte in ihrer Kreativzentrale, der Kreuzberger Fabrikneu. Im Interview erzählt Claudia Skoda aus ihrem aufregenden Leben. Im Sommer soll es wieder so weit sein: Die Halle am Berghain plant eine neue immersive Kunstausstellung.
Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.
Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.
Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Allgemeines besuchen.