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#Als Schifffahrt noch kein Luxus war

„Als Schifffahrt noch kein Luxus war“

Die eine Seite im Hafen von Urla zeigt ein vertrautes mediterranes Bild. Vor den Fischrestaurants sind im Halbrund Fischerboote und kleine Yachten vertäut. Auf der anderen Seite stützen auf dem Festland kräftige Stelzen drei Schiffe, die wie aus der Zeit gefallen scheinen. Gebaut haben sie ­Mualla Erkurt und ihr Mann Osman. Seit dem Jahr 2004 bilden sie in Urla an der Küste Kleinasiens historische Schiffe nach – und zeigen auch deren Seetüchtigkeit. „Wir wollen ein Öko­museum sein“, sagt Mualla Erkurt, „mit historischen Schiffen zum Anfassen.“

Drei Exponate haben sie schon fertig­gestellt: einen Frachtsegler, wie er 1300 vor Christus vor dem heutigen Kas an der ­türkischen Mittelmeerküste gesunken war; eine ionische Kriegsgaleere, die auf 600 vor Christus datiert wird; und ein Schiff, wie es 400 vor Christus die phönizischen Händler und Seefahrer im Mittelmeer nutzten. Dahinter wird unter einem Zeltdach an einem unfertigen Schiffsrumpf aus Holz gearbeitet. Und in einem weiteren Zelt liegt eine beeindruckende Sammlung ­historischer Schiffsanker.

Den Ort, der in der Türkei einmalig ist, besuchen Schulklassen und Touristen. Workshops geben Interessierten Ein­blicke in die Schifffahrt der Antike. Archäologen aus Europa und Nordamerika kommen nach Urla, um praktische Meeresarchäologie zu betreiben. Aber offiziell darf sich das Museum, obwohl es ein solches ist, nicht so nennen.

„Wir wollen ein Öko­museum sein, mit historischen Schiffen zum Anfassen“, sagt Mualla Erkurt (hier neben ihrem Mann Osman in Urla).


„Wir wollen ein Öko­museum sein, mit historischen Schiffen zum Anfassen“, sagt Mualla Erkurt (hier neben ihrem Mann Osman in Urla).
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Bild: Fotos Rainer Hermann

Die Gründer Mualla und Osman Erkurt sind Istanbuler. In ihrer Heimatstadt haben sie prähistorische Archäologie studiert. Sie kehrten der Metropole am Bosporus 2004 den Rücken und entdeckten Urla. Damals war die kleine Hafenstadt westlich von Izmir noch ein Geheimtipp. Seither haben sich jedoch viele, die der lärmerfüllten Großstadt überdrüssig wurden, in der idyllischen mediterranen Landschaft ­ zwischen Olivenhainen und Weinbergen ­niedergelassen.

2004 waren die Erkurts 43 und 44 Jahre alt. Damals war in der Türkei noch kaum über die Schifffahrt in der Antike geforscht worden. Das wollten sie ändern, und so gründeten sie in Urla den „Verein 360 Grad Geschichtsforschung“ und verschrieben sich der experimentellen Archäologie. „Der Beginn der Schifffahrt lag ja im öst­lichen Mittelmeer“, sagt Mualla Erkurt. „Wir wollten wissen, wie damals die Schiffe waren, welche Routen sie fuhren, wie die Häfen ausgestattet waren.“

Das Paar begann zu forschen und experimentieren. Die Erkurts zogen Gleich­gesinnte an, konsultierten Schiffsbauingenieure und gewannen renommierte Archäologen, etwa von der Universität Texas. Besonders fasziniert hat sie, wie es den damaligen Schiffsbauern gelungen war, ohne Nägel auszukommen und nur mit Dübeln aus Holz zu arbeiten. Und sie fanden Sponsoren. Denn was sie als Pioniere taten, lag außerhalb dessen, was das türkische Hochschulwesen finanziert.

Drei Exponate haben die beiden Archäologen schon fertig­gestellt.


Drei Exponate haben die beiden Archäologen schon fertig­gestellt.
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Bild: Fotos Rainer Hermann

Ihr erstes Projekt war der Nachbau eines Frachtseglers, der vor 3300 Jahren vor der Landzunge Uluburun nahe Kas an der türkischen Südküste gesunken war. Hobbytaucher hatten das Wrack des bislang ältesten bekannten Schiffs 1982 entdeckt, zwei Jahre später begann die Bergung. Heute stellt das Unterwasser­museum von Bodrum das Wrack und die gefundene Fracht aus – und die war imposant: Der 15 Meter lange und fünf Meter breite Frachtsegler konnte bis zu 20 Tonnen befördern. Als er sank, hatte er zehn Tonnen Kupferbarren aus Zypern geladen sowie Zinnbarren, Bernstein, Tonkrüge, Gegenstände aus Bronze, Siegel (eines wird Nofretete zugeschrieben), daneben Luxuswaren wie Ebenholz und Nilpferdzähne, mykenische Keramik, aber auch Oliven und Feigen. Was zuvor nur durch Keilschriften bekannt war, belegte das gesunkene Schiff: Die Bewohner des östlichen Mittelmeerraums waren schon damals durch einen intensiven Handel miteinander verbunden.

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