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#Angst frisst Wohlstand auf

„Angst frisst Wohlstand auf“

Die Stimmung ist ausgelassen im Casino des Kronberger Golfclubs. Es gibt Canapés, und wenn das Sektglas leer ist, wird sofort nachgeschenkt. Für das Wochenende ist ein Charity-Turnier geplant. Seit der Vorstand die Club-Mitglieder vor drei Wochen zum Spenden aufgerufen hat, sind knapp siebzigtausend Euro zusammengekommen, worauf man hier, in einer der reichsten Gemeinden Deutschlands, zu Recht stolz ist. Das Geld geht direkt auf das Konto des Ukrainers Maxim Soldatov, der den Club als Gastronom versorgt und weiß, wo die Spenden am besten aufgehoben sind. „Steuerlich ist das natürlich nicht so schlau, es gibt ja keine Quittung“, bemerkt einer der Männer am Tisch. Er trägt ein Jackett mit aufgenähtem Golfclub-Emblem. Aber Steuern seien im Moment zu vernachlässigen, das verstehe sich von selbst.

Es ist gerade viel von Verzicht die Rede, wobei unklar bleibt, wer in Zukunft worauf verzichten soll oder muss. Noch kann kein Wirtschaftsweiser beziffern, wie hart der Krieg Deutschland treffen wird. Fest steht, dass es nicht reichen wird, ein bisschen weniger Fleisch zu essen, auf Rapsöl zu verzichten, die Heizung runterzudrehen und das Auto häufiger stehen zu lassen. Wirtschaftsminister Habeck will die „industrielle Substanz“ Deutschlands schützen. Er ist gegen einen Boykott von russischem Öl und Gas. Aber falls Putin entscheidet, Deutschland kein Gas mehr zu liefern, fehlen hierzulande plötzlich vierzig bis fünfzig Prozent der Energieversorgung. Der BASF-Chef warnt vor einer „Zerstörung der gesamten Volkswirtschaft“.

Gerade deshalb wollen viele Menschen mithelfen, sich beschränken, das Richtige tun. Ob die Deutschen für die Folgen dieser Entschlossenheit bereit sind, ist nach Jahrzehnten des friedlichen Wohlstandsdaseins nicht absehbar.

„Was ist mit Tomaten?“

Mittags, als der Golfplatz noch in der Sonne liegt, fängt jenseits der Hügel in Frankfurt bei Norbert Nickel im Büro das Telefon sofort wieder an zu klingeln, wenn er gerade aufgelegt hat. Hinter der Glasscheibe am Eingang stehen Frauen mit Kindern. Eine hat ein Baby auf dem Arm. Zwei Jungen rangeln auf einem Ledersessel um ein Handy. Während Norbert Nickel „Was ist mit Tomaten?“ ins Telefon ruft, kommt einer seiner Kollegen ins Vorzimmer. Er hat zwei Tüten dabei: Windeln und Spaghetti. „Wer gehört zu wem?“, fragt er. „Thank you so much“, sagen die Frauen aus der Ukraine. Sie nehmen die Tüten in die eine und ihre Kinder an die andere Hand. Nickels Kollege hält ihnen die Tür auf und sagt: „We keep in touch.“ Im Hintergrund ruft Norbert Nickel ungehalten: „Gut, aber wie viele Wochen dauert das?“

Nickel arbeitet für die Tafel. Eigentlich soll er Essen beschaffen und verteilen, von den Großhändlern, den Supermärkten und privaten Spendern über die Zentrale der Frankfurter Tafel an die zwölf Ausgabestellen der Stadt. Aber es ist kaum Essen mehr übrig, das verteilt werden könnte. Knapp achtzig Prozent weniger Spenden kommen bei der Tafel an, seit der Krieg angefangen hat. Viele Lebensmittel sind jetzt an der polnischen Grenze, und Norbert Nickel findet das gut, doch an seinem Problem ändert es nichts: Er muss seine Stammkunden und die Neuen, die Ukrainer, versorgen.

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