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Antritt unter Druck

In der Radsportwelt brauchen die Menschen Ausdauer nicht nur am Lenker, sondern auch am Lenkrad. Am Mittwochmorgen hat sich Ralph Denk in ein Teamfahrzeug gesetzt und Brest in sein Navigationssystem eingetippt. Der bekennende Selbstfahrer reist dem Velo-Wanderzirkus zu den europäischen Schauplätzen stets mit dem Auto nach. Von der Zentrale der Mannschaft Bora-hansgrohe im oberbayrischen Raubling bis an die bretonische Nordwestspitze Frankreichs sind es 15 Stunden Fahrt, 1500 Kilometer.

3383 Kilometer gilt es für die Radprofis bei der an diesem Samstag mit dem Grand Départ in Brest startenden Tour de France zu bewältigen. Mit „breiter Brust und acht Rennfahrern, die toll in Form sind“, sagt Teamchef Denk, starte die deutsche Topmannschaft beim Saisonhöhepunkt. Und doch hat die deutsche Equipe neben einigen Ungewissheiten auch viel Druck im Gepäck, auf der großen Landesrundfahrt-Bühne mal wieder dort zu glänzen, wo die Musik spielt: in der Gesamtwertung.

Seit dem überraschenden vierten Platz des Schwaben Emmanuel Buchmann bei der Tour 2019 ist kein Profi des Teams beim Giro in Italien, der Tour in Frankreich oder der Vuelta in Spanien unter die besten fünf gefahren. Obwohl dies schon eine Weile der Anspruch des ambitionierten Raublinger Radsportunternehmung ist. Topniveau und nichts darunter soll es sein mit einer von den besten deutschen Rennfahrern und einigen internationalen Fachkräften getragenen Formation.

Zielvorgabe Etappensieg

Einen Fahrer unter den besten fünf, Peter Sagan im Grünen Trikot des besten Sprinters auf den Champs-Elysées in Paris und mindestens ein Etappensieg: Mit dieser wie im Vorjahr identischen Zielvorgabe geht Bora-hansgrohe in die Tour. 2020 wurde nur der Wunsch nach einem Tageserfolg erfüllt durch Lennard Kämna, der in diesem Jahr auch wieder vorgesehen war für das Aufgebot, aber nach einem verschleppten Infekt eine Pause nötig hat. „Er hat einen Fehler gemacht aufgrund einer Portion Übermotivation“, sagt Denk.

Nils Politt (vorne): Ein Etappenjäger für Bora-hansgrohe bei der Tour.


Nils Politt (vorne): Ein Etappenjäger für Bora-hansgrohe bei der Tour.
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Bild: dpa

Auch 2021 wirkt es im Vergleich zur personellen Schlagkraft anderer Topteams so, als müsste es nahezu optimal laufen, um die Vorgaben zu erreichen. In der Gesamtwertung setzt die Equipe auf Neuzugang Wilco Kelderman. Der hierzulande nahezu unbekannte Niederländer, der in seiner Karriere schon häufig Sturzverletzungen erlitt und deshalb nicht so in Tritt kam wie erwartet, führt das Aufgebot der Deutschen als Kapitän an.

Kelderman, 30 Jahre alt, hatte sich im vergangenen Jahr mit Rang drei beim Giro d’Italia in Szene gesetzt und in dieser Saison mit Rang vier bei der gut besetzten Dauphiné-Rundfahrt seine Konkurrenzfähigkeit unter den Besten bewiesen. Assistiert wird Kelderman unter anderem von Emanuel Buchmann, der sich nach seinem Sturz beim Giro – er stieg danach aus – noch ins Tour-Team kämpfte. Im kommenden Jahr soll der Schwabe das Team dann bei der Frankreich-Rundfahrt wieder anführen.

Peter Sagan und das grüne Trikot

Der Star des Rennstalls, Peter Sagan, peilt den Gewinn seines achten Grünen Trikots an. Fährt er zum letzten Mal die Tour im Trikot der deutschen Equipe, der er von einer Nebenrolle im Peloton quasi an die Spitze des Hauptfelds geholfen hat? Der Vierjahresvertrag des dreimaligen Weltmeisters läuft am Jahresende aus. „Seit April“, sagt Denk, „wird wild spekuliert, wie es weitergeht. Wir werden an den Ruhetagen der Tour das Gespräch suchen und sehen, ob wir uns einig werden oder nicht. Wir als Team sind gewillt, weiter mit einer der größten Persönlichkeiten im Feld zusammenzuarbeiten.“

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Fraglos eine Entscheidung von großer Tragweite für die Ausrichtung des Teams. Sagan ist nicht nur ein Großverdiener, sondern ihn bekommt man nur mit einer vielköpfigen Entourage, die viele Planstellen im Gefüge belegt. Die Entscheidung wird wohl Einfluss auf den Verbleib von Pascal Ackermann haben. Der Pfälzer hat sich bei Bora zu einem der stärksten Sprinter im Feld entwickelt. Teamchef Denk stand vor der Frage, ob der klassische Sprinter Ackermann mit seinen benötigten Anfahrern und der auch schnelle, aber anders veranlagte Sagan gemeinsam in eine Tour-Formation passen.

„Wir hätten dafür eine klare Strategie gehabt. Pascal hätte mit Etappensiegen Peter sogar helfen können, weil er Konkurrenten im Kampf um das Grüne Trikot Punkte weggenommen hätte. Doch dafür hätte Pascal quasi ein Sieggarant sein müssen“, sagt Denk. Und so schaut der tief enttäuschte Ackermann von daheim zu, wie das Profil der Tour 2021 den Sprintern so viele Chancen wie seit Jahren nicht mehr gewährt.

Der 27-Jährige Deutsche warf Denk Wortbruch vor, weil dieser ihm zugesichert hatte, ihn bis zum Vertragsende 2021 für die Tour zu nominieren. Denk sagt, dass dieses Versprechen immer an sportliche Leistungsfähigkeit gekoppelt gewesen und diese beim in dieser Saison noch sieglosen Ackermann aktuell nicht gegeben sei. Zumal der Slowake Sagan trotz Covid-Infektion im Frühjahr mit schon drei Saisonerfolgen, darunter einem Tageserfolg beim Giro, in guter Verfassung zu sein scheint.

Bora-hansgrohe hat im Vorjahr bei der Tour bewiesen, dass es als Team geschlossen für mächtig Tempo im Peloton sorgen kann. Doch so manche Aktion verpuffte wirkungslos. Vielleicht legt sich die deutsche Mannschaft ja schon beim Amuse-Gueule dieser Tour in der Bretagne offensiv ins Zeug. Die beiden hügeligen wie windanfälligen Etappen zum Auftakt am Wochenende versprechen, nicht zuletzt weil für das halbe Feld das Gelbe Trikot lockt, Vollgas-Veranstaltungen zu werden.

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