Nachrichten

#Logistikgruppe BLG profitiert: Die Flut chinesischer Autos erreicht Bremerhaven

Noch fallen chinesische Elektroautos hierzulande kaum auf. Demnächst kommt aber der Autofrachter von BYD nach Deutschland – und bald wohl noch viel mehr.

Die Zeit des müden Lächelns ist längst vorbei, wenn es um chinesische Autos geht. Die Welt werde mit billigen Elektroautos aus China geflutet, warnte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Herbst. Da war erst wenig zu spüren von einer Flut, selbst dort nicht, wo man sie als erstes erkennen würde: in den Autoterminals der Häfen.

Marktführer in diesem Geschäft ist die BLG Logistics Group aus Bremen, die jährlich fünf Millionen Autos transportiert. Allein in Bremerhaven wurden voriges Jahr 1,7 Millionen Autos umgeschlagen, je zur Hälfte Export und Import. Im vorigen Jahr waren erst gut 10.000 Autos aus China darunter. Das war schon ein Vielfaches des Vorjahresvolumens und doch: ein Marktanteil im Promillebereich.

Doch das wird sich rasch ändern. „Die Chinesen wollen nicht nur den deutschen, sondern den europäischen Markt für sich erschließen“, konstatiert BLG-Vorstandschef Frank Dreeke nüchtern. BLG wird davon profitieren. Symbol für die erwartete Welle von chinesischen Autos ist der Frachter „BYD Explorer No. 1“, der im Dezember zu seiner ersten Fahrt in China gestartet ist und noch im Februar in Bremerhaven erwartet wird, um hier 3000 Autos auszuladen.

Bremerhaven – der neue Autohub für Nordeuropa?

BYD ist die Abkürzung für Build Your Dreams. Vor nicht einmal 20 Jahren baute der einstige Batteriespezialist erstmals überhaupt ein Auto, mittlerweile produziert BYD mehr Elektroautos als jeder andere Autokonzern – und will damit erkennbar die weite Welt beliefern. Acht Ro-Ro-Schiffe (Roll on-Roll off) hat BYD bestellt, jedes 200 Meter lang und 38 Meter breit, das aktuell größte schwimmende Parkhaus mit Platz für rund 7000 Autos.

Bremerhaven wird von BYD jetzt erst einmal getestet, wie es heißt – aber dort ist man schon ziemlich sicher, dass hier der neue Autohub für Nordeuropa entsteht. „Das klingt jetzt arrogant – aber wir haben einfach das beste Autoterminal in Europa“, sagt BLG-Chef Dreeke. „Ich bin mir sicher, dass beide Parteien von dem Test überzeugt sein werden.“

Autos so weit das Auge reicht: Bremerhaven, das größte Autoterminal in Europa

Das gilt auch für das Geschäft mit der chinesischen Containerreederei Cosco, die in Deutschland vor allem wegen des heftig diskutierten Einstiegs an einem Hamburger Hafenterminal bekannt ist. Cosco ist ganz neu im Geschäft mit der Autofracht, und gleich im großen Stil: Bald wird die Reederei 29 Autofrachter haben. Mit der MV Cosco Shengshi wurde schon im August erstmals Bremerhaven angelaufen. „Wir sind in intensiven Verhandlungen. Ich erwarte einen Abschluss im ersten Quartal“, kündigte Dreeke im Gespräch mit der F.A.Z. an.

Wie oft dann Cosco-Autofrachter künftig Bremerhaven ansteuern, hängt davon ab, wie schnell die Reederei in der Autoindustrie Kunden findet, oder auch bei Herstellern oder Käufern von sogenannten „High & heavy-Gütern“ wie etwa Kranen, Sondermaschinen und Spezialfahrzeuge. Da Leerfahrten vermieden werden, wird Cosco wohl auch in Deutschland aktiv werden, womit die Chinesen auch den deutschen Reedern Konkurrenz machen werden.

Wie BLG vom Erfolg der Chinesen profitiert

Aus Sicht des Logistikunternehmens BLG stärkt der Erfolg der chinesischen Autobranche die eigene Autosparte, die zuletzt 580 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftete, nicht nur mit dem Umschlag von Seefracht, sondern auch mit dem Hinterlandgeschäft auf Lastwagen und Zügen und einer Reihe von Dienstleistungen wie etwa Software-Updates oder Fotoshootings mit Autos für Onlineangebote.

Weitere Umsätze mit der Autoindustrie werden in der Sparte Kontraktlogistik erzielt, die mit 548 Millionen Euro Umsatz fast gleich groß ist wie die Autosparte selbst. Dort geht es um das Geschäft, für das die BLG im Jahr 1877 eigentlich gegründet wurde, nämlich als „Bremer Lagerhaus-Gesellschaft“, die für Kunden Waren-Distributionszentren betreibt, Ware lagert und kommissioniert. Längst gehören aber auch produktive Prozesse in diese Sparte, die teils direkt auf dem Werksgelände der Kunden erfolgen, beispielsweise bei Mercedes in Bremen, wo Sitze mit Leder überzogen oder Dachhimmel mit Kabeln ausgestattet werden.

Zu den großen Geschäftspartnern in diesem Geschäft zählen zudem Siemens, Puma oder Ikea. Im Jahr 2022 war die Autosparte noch das Sorgenkind der Logistikgruppe, mit einem Vorsteuerverlust von zwölf Millionen Euro ergab sich eine Negativmarge von 2 Prozent. „Die negativen Zahlen sind gänzlich weg“, berichtet Dreeke aber über das vergangene Jahr, zu dem das börsennotierte Unternehmen noch keine Details veröffentlich hat.

Die Autosparte habe sogar einen Teil der Probleme in der Containersparte kompensiert. Diese zuvor sehr renditeträchtige Sparte mit 348 Millionen Euro Umsatz habe wegen der schlechten Konjunktur etwa 10 Prozent Volumen verloren – mit entsprechend drastischer Wirkung auf das Ergebnis. Aus der norddeutschen Hafenallianz wird wohl nichts Die Containersparte der BLG-Gruppe ist geprägt durch die 50-Prozent-Beteiligung am Terminalbetreiber Eurogate, der auch eines von vier Containerterminals in Hamburg betreibt.

Die dort dominierende HHLA (Hamburger Hafen- und Logistik AG) ist gemessen an der Umschlagmenge nur etwa halb so groß wie Eurogate, die sich mit elf Terminalbeteiligungen (gemeinsam mit einem italienischen Partner) als Branchenführer in Europa sieht. Gemeinsam hätten die beiden eine große Hafenallianz in Norddeutschland bilden können.

Was mit Blick auf die davoneilende Konkurrenz in Rotterdam und Antwerpen/Zeebrugge als politisch wünschenswert galt, klappte aber nicht. Bis Mitte 2022 wurde noch über einen Zusammenschluss der Containerterminals Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven verhandelt, dann aber wurden die Gespräche auf Eis gelegt. Die unkalkulierbare geopolitische Situation wurde offiziell als Argument genannt. Hinter vorgehaltener Hand wird indes das Beharrungsvermögen der potentiellen Partner als wahre Ursache genannt.

Die Hafenallianz muss wohl als gescheitert betrachtet werden. Seit im vorigen Herbst die Stadt Hamburg als Haupteigner der HHLA plötzlich die Reederei MSC als neuen Großaktionär präsentierte, ist das Tischtuch allerdings endgültig zerschnitten. „Es wird sicher keine Wiederaufnahme der Gespräche zwischen HHLA und Eurogate geben“, sagte BLG-Chef Dreeke: „In den nächsten Jahren ist das jedenfalls nicht zu erwarten.“ Während Eurogate zunächst als Verlierer der neuen Partnerschaft in Hamburg wirkte, hat sich das Bild mittlerweile gründlich gewandelt.

Ursache ist die jüngst angekündigte enge Kooperation der Reedereien Maersk und Hapag-Lloyd. Diese werden zwar weiterhin auch Hamburg ansteuern, haben sie schon angekündigt. Tendenziell aber soll mehr Umschlag in die leichter erreichbaren Häfen Wilhelmshaven und Bremerhaven verlagert werden.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!