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#Astronomen entdecken das erdnächste Schwarze Loch

„Astronomen entdecken das erdnächste Schwarze Loch

Stellare Schwarze Löcher entstehen, wenn ein massereicher Stern das Ende seines Lebenszyklus erreicht und in einer Supernova explodiert. Das der Erde am nächsten liegende Exemplar eines solchen Schwarzen Lochs haben nun Astronomen in 1560 Lichtjahre Entfernung aufgespürt. Es handelt sich um ein inaktives und daher unsichtbares Schwarzes Loch von zehn Sonnenmassen, das von einem sonnenähnlichen Stern umkreist wird. Subtile Veränderungen seiner Bewegungen verrieten die Präsenz des „stillen“ Partners. Unklar ist allerdings bisher, wie dieses Paar zustande kam, denn der Abstand von Stern und Schwarzem Loch passt nicht zu gängigen Vorstellungen.

In unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße, gibt es schätzungsweise hundert Millionen stellare schwarze Löcher. Doch bisher konnten Astronomen nur einen verschwindend geringer Teil davon – einige Dutzend Exemplare – aufspüren. Diese Schwarzen Löcher waren meist Teil eines Doppelsystems und verrieten sich, weil sie Material von ihrem Begleitstern absaugten. Das dann als Akkretionsscheibe um den Ereignishorizont kreisende Gas heizt sich dabei so stark auf, dass es energiereiche Röntgenstrahlung abgibt und das gesamte System als Röntgendoppelstern sichtbar wird. Einige weitere stellare Schwarze Löcher wurden anhand der Gravitationswellen entdeckt, die bei ihrer Verschmelzung mit einem weiteren Schwarzen Loch oder mit einem Neutronenstern freiwerden.

Fahndung nach „stillen“ Schwarzen Löchern

Deutlich schwieriger ist es jedoch, inaktive stellare Schwarze Löcher zu finden. Weil sie keine Materie ansaugen, geht von ihrem nahen Umfeld keine Strahlung aus, gleichzeitig schlucken diese Löcher alle Strahlung, die in den Bereich ihrer Anziehung gerät. Zwar wurden in den letzten Jahren schon mehrfach vermeintliche Entdeckungen ruhender schwarzer Löcher vermeldet. Meist beruhten sie auf Anomalien in der Umlaufbahn oder dem Spektrum von Begleitsternen dieser „dunklen“ Partner. Aber die meisten dieser Kandidaten wurden durch Folgestudien relativiert oder sogar widerlegt. Andere, wie ein 2021 entdecktes, nur 1500 Lichtjahre entferntes inaktives Schwarzes Loch im Doppelsternsystem V723 Mon, sind bisher nicht bestätigt.

Einen etwas anderen Ansatz haben nun Astronomen um Kareem El-Badry vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg und dem Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in den USA verfolgt. Für ihre Fahndung nach stillen Schwarzen Löchern werteten sie den erst kürzlich veröffentlichten dritten Datensatz des europäischen Weltraumteleskops Gaia aus. Dieser enthält auch die Bewegungsdaten und Positionen zu gut 800.000 Doppelsternsystemen in unserer Galaxie. In diesen Daten suchten El-Badry und sein Team gezielt nach Systemen, bei denen einer der Sterne die für die Präsenz eines massereicheren Partners typischen Bahnveränderungen zeigt, aber Teleskopbeobachtungen keine sichtbaren Partner an dieser Stelle finden. Das Team fand sechs Kandidaten, deren Bewegungen auf ein inaktives Schwarzes Loch in der Nähe hindeuten könnten. Um diese Kandidaten zu überprüfen, beobachteten die Astronomen die sechs Sternsysteme zusätzlich mit mehreren erdbasierten Teleskopen, darunter dem Gemini-North-Teleskop auf Hawaii, um über Veränderungen der Radialgeschwindigkeit und die Lichtspektren die Bewegungen und Masse der beteiligten Objekte näher einzugrenzen.

Unsichtbarer Partner eines sonnenähnlichen Sterns

Ein Kandidat hielt dabei allen Überprüfungen stand: Gaia BH1, ein rund 1560 Lichtjahre entferntes Doppelsystem aus einem sonnenähnlichen Stern und einem schwereren unsichtbaren Begleiter – einem inaktiven Schwarzen Loch. „Unsere Folgeanalysen mit Gemini haben unzweifelhaft bestätigt, dass dieses Doppelsystem einen normalen Stern und mindestens ein inaktives Schwarzes Loch enthält“, berichten die Astronomen. „Wir konnten kein plausibles astrophysikalisches Szenario finden, dass den beobachteten Orbit des Systems ohne Beteiligung mindestens eines Schwarzen Lochs erklären kann.“ Gaia BH1 ist damit das erste eindeutig nachgewiesene stille stellare Schwarze Loch der Milchstraße – und gleichzeitig das uns am nächsten liegende stellare Schwarze Loch, wie die Astronomen erklären. „Ich habe in den letzten vier Jahren nach einem System wie Gaia BH1 gesucht und dabei alle möglichen Methoden ausprobiert – aber keine davon hat funktioniert. Umso mehr freue ich mich, dass diese Suche jetzt endlich erfolgreich war“, sagt El-Badry.

Näheren Analysen zufolge ist das unsichtbare Schwarze Loch in Gaia BH1 rund zehn Sonnenmassen schwer, der sonnenähnliche Begleitstern bringt hingegen nur rund eine Sonnenmasse auf die Waage. Beide Objekte umkreisen sich in einem Abstand, der dem der Erde von der Sonne entspricht. „Mit einer Umlaufzeit von 185,6 Tagen ist der Orbit weiter als bei jedem anderen bekannten Doppelsystem mit stellarem Schwarzen Loch“, berichten El-Badry und seine Kollegen. Genau dies stellt die Astronomen aber auch vor Probleme, denn gängige Bildungsmodelle passen nicht für dieses System. Berechnungen zufolge war der Vorgängerstern des Schwarzen Lochs mindestens 20 Sonnenmassen schwer und daher entsprechend kurzlebig. Er müsste sich daher schon in der Frühzeit des kleineren Begleitsterns zum Überriesen aufgebläht und diesen verschlungen haben. Wären sich beide Partner näher, hätten Wechselwirkungen mit dem Begleitstern dieses Aufblähen verhindern können. Doch das war offenkundig nicht der Fall, wie El-Badry und sein Team erklären.

Bisher können die Astronomen daher nur darüber spekulieren, wie dieses Paar aus Schwarzem Loch und Stern zustande kam. Denkbar wäre demnach eine Entstehung des Systems in einem Sternenhaufen. Dann könnten Schwerkraftturbulenzen den vorher weiter außen kreisenden kleineren Begleitstern nachträglich in seine Bahn gebracht haben. Ebenfalls möglich wäre es, dass es sich bei Gaia BH1 um ein Dreifachsternsystem mit zwei sich eng umkreisenden massereichen Sternen handelte. Diese hinderten einander daran, zu Überriesen zu werden, und bildeten dann zwei Schwarze Löcher, die sich heute so nah umkreisen, dass sie wie eines erscheinen. Nähere Untersuchungen dieses ungewöhnlichen Systems könnten feststellen, ob dies der Fall ist.

Quelle: Kareem El-Badry (Center for Astrophysics | Harvard & Smithsonian, Cambridge, USA) et al., Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, doi: 10.1093/mnras/stac3140

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