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#Auf Kurs in Richtung Insel der Stabilität

„Auf Kurs in Richtung Insel der Stabilität“

Die Reihe der chemischen Elemente natürlichen Ursprungs endet bekanntlich bei Uran und dem natürlich nur äußerst selten vorkommenden Plutonium, deren Atomkerne aus 92 und 94 Protonen bestehen. Doch blickt man auf das Periodensystem, sieht man weitere Einträge jenseits des schwersten natürlich vorkommenden Elementes. Diese Elemente sind nicht natürlichen Ursprungs, sondern künstlich in Reaktoren oder in Teilchenbeschleunigern erzeugt worden. Dass das Periodensystem heute 26 solcher schweren Exoten enthält, ist Physikern wie Sigurd Hofmann zu verdanken. Der Forscher hat mit seinen Kollegen in den neunziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts an der Gesellschaft für Schwerionenforschung gleich sechs schwere Elemente entdeckt – zuletzt in den neunziger Jahren die Elemente mit den Ordnungszahlen 110, 111 und 112. Die Entdeckungen wurden von der „International Union of Pure and Applied Chemistry“ (IUPAC) anerkannt und auf die Namen Darmstadtium, Roentgenium und Copernicium getauft.

Schon zu Beginn der vierziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts erkannte man, dass sich das Periodensystem künstlich erweitern lässt. Zunächst bestrahlte man Uran in einem Reaktor mit Neutronen und schuf dadurch die ersten Transurane Plutonium und Neptunium mit den Ordnungszahlen 93 und 94. Dabei nutzte man aus, dass sich das von dem Urankern absorbierte Neutron durch Beta-Zerfall in ein Proton verwandelt und auf diese Weise ein neues Element der nächsthöheren Ordnungszahl entsteht. Dadurch, dass man die bereits gewonnenen Elemente mit Neutronen, Deuteronen und Heliumkernen bestrahlte, konnten in den folgenden Jahren immer schwerere Transurane bis zum Element Fermium (Ordnungszahl 100) hergestellt werden.

Atomkerne mit mehr als hundert Protonen ließen sich allerdings nur durch Fusion von zwei Atomkernen gewinnen. Auf diesem Gebiet erwiesen sich das Lawrence Berkeley National Laboratory in Kalifornien und das Institut für kernphysikalische Forschung in Dubna bei Moskau zunächst als führend. Dort bestrahlten Forscher mit Teilchenbeschleunigern einige der Transurane mit leichten und schweren Ionen. Auf diese Weise gelangte man 1974 bis zum Element mit der Ordnungszahl 106, dem Rutherfordium.

Die künstlichen superschweren Elemente des Periodensystems.


Die künstlichen superschweren Elemente des Periodensystems.
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Bild: Chemieplanet.de

Die Kernverschmelzung stellte allerdings hohe Anforderungen an die Experimentierkunst der Physiker. Zunächst musste die elektrostatische Abstoßung zwischen den positiv geladenen Atomkernen überwunden werden. Dies erreichte man dadurch, dass man die Projektil-Ionen mit großer Energie auf fest installierte Targets schoss. Allerdings darf die Energie des Projektils nicht zu groß sein. Der entstandene Kern würde sonst zu stark angeregt und zerfiele durch spontane Spaltung sofort wieder in zwei Bruchstücke. Trotz allem bereitete es den Forschern immer größere Schwierigkeiten, neue Elemente zu erzeugen. Die Halbwertszeiten der Kerne wurden mit steigender Ordnungszahl immer kürzer und die Wirkungsquerschnitte immer kleiner.

Großer Erfolg trotz geringer Ausbeute

Eine neue Strategie, Elemente jenseits von Rutherfordium zu erzeugen, verfolgten Anfang der achtziger Jahre die Wissenschaftler um Sigurd Hofmann in Darmstadt mit der „kalten“ – sanften – Fusion. Bei diesem Verfahren darf die Geschwindigkeit der Projektil-Ionen nicht zu groß sein, damit bei der Fusion ein möglichst „kalter“ Atomkern entsteht. Statt sich zu spalten, dampft dieser einzelne Neutronen ab.

Mit der sanften Fusion haben die Darmstädter Forscher gleich sechs schwere Elemente erzeugt. Das letzte davon, das Element 112, konnte die von Peter Armbruster und Sigurd Hofmann geleitete Arbeitsgruppe 1996 auf ihr Konto verbuchen. Innerhalb von drei Wochen wurden allerdings nur zwei Atome nachgewiesen. Mit jedem neuen chemischen Baustein stieg die Hoffnung, zur sogenannten Insel der Stabilität vorzustoßen. Darunter verstehen Kernphysiker einen Bereich auf der Nuklidkarte, in dem langlebige superschwere Elemente vermutet werden, die nicht wie die bisher bekannten innerhalb kürzester Zeit zerfallen. Die Stabilitätsinsel ist bislang nicht gesichtet worden. Gleichwohl wurden mit der „kalten“ Fusion weitere schwere Elemente hergestellt.

Auch wenn das Team um Sigurd Hofmanns, der am 15. Februar 1944 in Böhmisch-Kamnitz geboren wurde, kurz nach Kriegsende nach Groß-Umstadt kam, dort zur Schule ging und später an der TU Darmstadt Physik studierte und dort auch promoviert wurde, keine weiteren Einträge im Periodensystem mehr verbuchen konnte, so verfolge Hofmann doch aufmerksam die Aktivitäten in Berkeley, vor allem aber in Dubna. Dort wurde im Jahr 2006 das bisher schwerste Element, das Element 118, nachgewiesen.

Seine Kollegen schätzten seine Bescheidenheit, Beharrlichkeit, Verlässlichkeit. Stets war er im Büro oder am Experiment anzutreffen, auch spät am Abend und an Wochenenden, so dass man ihn jederzeit fragen und immer ausführliche Antworten und kompetenten Rat erhalten konnte. Es gab in der Kernphysik und bei GSI quasi nichts, was er nicht wusste, schreibt die GSI in einer Pressemitteilung. Sigurd Hofmann ist, wie erst jetzt bekannt wurde, bereits am 17. Juni im Alter von 78 Jahren verstorben.

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