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#Auf Spesen ins Striplokal

Auf Spesen ins Striplokal

So viel ist klar: In dieser Nacht ging es hoch her. Vom 11. auf den 12. Juni 2014 logierte Pierin Vincenz im Hotel Park Hyatt in Zürich. Der Aufenthalt endete mit einer Rechnung über 3778 Franken. Die stattliche Summe kam nicht etwa durch den exzessiven Konsum von Champagner und Kaviar zustande, sondern durch die Reparaturkosten für beschädigte Wände, Teppiche, Betten, Kissenbezüge, Badetücher und weiteres Inventar, das in jener wilden Nacht zu Bruch ging. Derlei Eskapaden kennt man von benebelten Rockstars. Aber Pierin Vincenz gehört einer ganz anderen Berufsgruppe an: Der Schweizer war Bankmanager. Von 1999 bis 2015 führte er Raiffeisen Schweiz , die drittgrößte Bankengruppe des Landes. Er galt als bodenständiger Vorzeigemanager – bis zu seinem tiefen Fall.

In jener Nacht im Hyatt war Vincenz nicht allein. Mit ihm in Zimmer 507 befand sich eine junge Frau, die Vincenz wohl im King’s Club kennengelernt hatte. In diesem Striplokal in der Züricher Altstadt hatte sie mindestens bis zum Frühjahr 2013 als Tänzerin gearbeitet. Vincenz war dort gern und oft gesehener Gast. Der verheiratete Bankboss und die Tänzerin gerieten bei ihrem Stelldichein im Sommer 2014 jedenfalls in einen heftigen Streit, in dessen Verlauf das Hotelzimmer teilweise verwüstet wurde. Für die Reparaturkosten kam Vincenz per Firmenkreditkarte auf. Er ließ also Raiffeisen dafür zahlen.

Der heimliche Star am Schweizer Bankenhimmel

All dies und noch viel mehr Ungeheuerliches steht in der 364 Seiten starken Anklageschrift der Züricher Staatsanwaltschaft, die Vincenz und dessen langjährigem Geschäftspartner Beat Stocker gewerbsmäßigen Betrug, Veruntreuung, Urkundenfälschung und passive Bestechung vorwirft. Am kommenden Dienstag beginnt der Prozess, der wegen des riesigen öffentlichen Interesses nicht im Bezirksgericht Zürich stattfindet, sondern im Theatersaal des nahe gelegenen Volkshauses.

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Für den größten Schweizer Wirtschaftsprozess seit der juristischen Aufarbeitung der Swissair-Pleite hat die auf Wirtschaftskriminalität spezialisierte Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich drei Jahre ermittelt und 550 Ordner Material gesammelt. Die Staatsanwälte fordern sechs Jahre Haft für Vincenz und Stocker. Dabei geht es längst nicht nur um mutmaßlichen Spesenbetrug. Vielmehr werfen sie den beiden Angeklagten vor, sich verdeckt an Unternehmen beteiligt zu haben, bei denen sich Raiffeisen hernach selbst engagierte, allerdings zu deutlich höheren Preisen. So sollen sie unrechtmäßig persönliche Gewinne von 25 Millionen Franken eingestrichen haben. Dieses Geld müssten Vincenz und Stocker im Fall einer Verurteilung zurückzahlen.

Der heute 65 Jahre alte Vincenz war einst der heimliche Star am Schweizer Bankenhimmel. Mit seiner jovialen, hemdsärmeligen und humorvollen Art war der bullige Bündner das Gegenmodell zu den glatten Investmentbankern am Züricher Paradeplatz. Das machte ihn zum Liebling der Medien, auf deren Klaviatur der charismatische Menschenfänger perfekt zu spielen wusste. Unvergessen ist sein Auftritt in der Satiresendung der Schweizer Komiker Viktor Giacobbo und Mike Müller im Mai 2014. Auf die Frage, ob es stimme, dass er, Vincenz, ursprünglich Showmaster werden wollte, bestätigte dieser achselzuckend: „Das Image von uns Bankern ist heute auf dem Niveau von euch Komikern, also kein Problem.“ Gejohle und Riesenapplaus vom Publikum.

Strafwürdiges doppeltes Spiel 

Hinzu kam: Anfangs hatte der promovierte Betriebswirt als Chef der Raiffeisen-Gruppe durchaus Erfolg. Zupackend und energiegeladen weckte er die verschlafene Bauernbank auf. Gemäß seinem Lebensmotto „Schub geben!“ trieb er die im ganzen Land verstreuten Genossenschaftsbanken dazu an, das Geschäft mit Immobilienkrediten vehement zu forcieren. Und das gelang auch. Wegen des großen Rades, das sie im Hypothekengeschäft dreht – hier hat die Gruppe mit ausgereichten Krediten von 193 Milliarden Franken einen Marktanteil von 17 Prozent –, zählt Raiffeisen heute zu den fünf „systemrelevanten“ Banken in der Schweiz.

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