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#Australier wählen die Regierung ab

„Australier wählen die Regierung ab“

Der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten, Anthony Albanese, hat sich zum Sieger der Parlamentswahl in Australien erklärt. Die Partei wird zum ersten Mal seit dem Jahr 2013, als Albanese unter dem damaligen Regierungschef Kevin Rudd Vize-Premier war, die Regierung stellen. „Heute Nacht hat das australische Volk für Wandel gestimmt“, sagte Albanese.

Der 59 Jahre alte Politiker kam auf seine Herkunft aus einfachen Verhältnissen als Sohn einer alleinerziehenden Mutter zu sprechen. „Meine Mutter träumte von einem besseren Leben für mich und ich hoffe, meine Reise im Leben inspiriert Australier, nach den Sternen zu greifen“, sagte Albanese, der seit 2019 die Oppositionspartei anführt.

Seine sozialdemokratische Labor Party wird mindestens in der Lage sein, eine Minderheitsregierung in Koalition mit den Grünen und unter möglicher Duldung durch einige parteilose Abgeordnete zu bilden. Mit zunächst 72 von den 76 dafür notwendigen Sitzen im Parlament war aber auch noch eine eigene einfache Mehrheit für die Sozialdemokraten denkbar.

Ein Votum gegen Morrison

Zuvor hatte der amtierende Premierminister Scott Morrison seine Niederlage eingestanden. Morrison sprach von einer „schwierigen Nacht“ für die konservative Liberal Party und kündigte seinen Rücktritt als Parteivorsitzender an. Er habe seinen Herausforderer angerufen und ihm gratuliert, so Morrison. Den vorläufigen Zahlen des öffentlich-rechtlichen Senders ABC zufolge hat Morrisons Parteikoalition mit vorerst 55 nicht genug Sitze gewonnen, um eine Regierung zu bilden.

Das Wahlergebnis ist weniger ein Votum für den trotz seiner langjährigen politischen Karriere relativ unbekannten Albanese als eine klare Absage an den Regierungsstil Morrisons. Der bisherige Premierminister hatte durch sein Verhalten während der verheerenden Buschfeuer, der Corona-Pandemie und der Flutkatastrophe an der Ostküste Australiens viele Sympathien verspielt. Morrison hatte kürzlich zugestanden, dass er sich mitunter wie ein „Bulldozer“ verhalten haben.

Anthony Albanese am Samstag in Sydney


Anthony Albanese am Samstag in Sydney
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Bild: dpa

Seiner Partei haben in vielen großstädtischen Wahlkreisen auch eine Reihe neuer und unabhängiger Kandidatinnen zu schaffen gemacht, die mit ihrer Konzentration auf die Themen Klimawandel, Anti-Korruption und Geschlechtergerechtigkeit viele Wähler angesprochen haben. Zu diesen „blau-grünen“ Kandidaten, „blau“ für wirtschaftspolitisch konservativ, „grün“ für klima- und umweltbewusst, gehört etwa die frühere Journalistin Zoe Daniel, die den Wahlkreis Goldstein in Melbourne gewann.

Deutlich ist Morrisons Sympathieverlust zu spüren in der Stadt Lismore im Norden des Bundesstaats New South Wales. Dies ist der Ort, der besonders von den verheerenden Überschwemmungen Ende Februar bis Anfang April betroffen war. Bis heute sind die Spuren unübersehbar. Die meisten Geschäfte im Stadtzentrum sind verwaist, in manchen stapelt sich noch der Sperrmüll, den die Wassermassen zurückgelassen haben. „Das Wasser war zweieinhalb Meter höher als in der schlimmsten Flut, die wir jemals hatten“, sagt Kathryne O’Neill, die Besitzerin des Dragonfly Café im Zentrum von Lismore. In dem kleinen Gebäude war es sogar bis in den zweiten Stock gestiegen. „Mein Café war ein Goldfischglas“, sagt O’Neill.

Klimapolitik war wichtig für die Wähler

Doch nach der verheerenden Flut habe die Regierung die Menschen einfach hängenlassen, wie viele sagen. Als Morrison den Ort neun Tage nach der Flut besuchte, traf er keinen der Betroffenen persönlich, sondern nur ausgewählte Medienvertreter. Vielen Bewohnern ist angesichts der wiederholten Naturkatastrophen unverständlich, dass sich die Regierung gerade bei der Klimapolitik so zurückhält.

„Klimawandel ist so wichtig, denn es betrifft uns nicht erst in der Zukunft, sondern schon jetzt“, sagt Meg Nielsen, 73, die deshalb vor dem Wahllokal in Lismore als Freiwillige für eine Kandidatin der australischen Grünen wirbt. Vor Buschfeuer und Flut hatte es in dieser Region auch schon eine lang anhaltende Dürre gegeben. Die großen Parteien versuchten aber, das Thema zu ignorieren, sagt Nielsen.

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Der Sozialdemokrat Albanese und seine Partei haben sich zwar deutlich ehrgeizigere Klima-Ziele gesetzt als die Regierung. Doch er widmete sich im Wahlkampf trotzdem lieber klassischen sozialdemokratischen Themen. Viele Australier wissen noch nicht so recht, wie sie „Albo“, wie er in der Regel genannt wird, einschätzen sollen. Im Vergleich zum unbeliebten Morrison ist das womöglich sogar ein Vorteil.

Der Premierminister gab sich aber alle Mühe, seinen Widersacher als unberechenbaren Unbekannten darzustellen. Dazu verwies er auch auf die Vergangenheit Albaneses, der im linken Flügel seiner Partei groß geworden war. Doch selbst Morrison sprach Albanese in einer Fernsehdebatte Respekt dafür aus, wie sich der Nachkomme italienischer Einwanderer, der von seiner alleinerziehenden Mutter großgezogen worden war, zu seiner Position hochgearbeitet habe.

An diesem Wahltag zeigt sich auf jeden Fall noch einmal, was für eine lebendige Demokratie Australien ist. Auf dem Weg ins Wahllokal müssen die Australier einen regelrechten Spießrutenlauf hinter sich bringen. Dort haben sich Dutzende freiwillige Helfer versammelt, die Broschüren ihrer bevorzugten Kandidaten für das Unterhaus an die Wähler austeilen.

Die Wahlbeteiligung ist auch so hoch, weil Australien nur eines von etwa einem Dutzend Ländern weltweit ist, in denen es eine Wahlpflicht gibt. Wer den Urnengang schwänzt, muss Strafe zahlen. Dafür gibt es auch in Australien die Möglichkeit zur Briefwahl, ebenso wie ein Frühwahlsystem, von dem diesmal besonders viele Wahlberechtigte Gebrauch gemacht haben. Als Belohnung locken dann an vielen Wahllokalen Grillwürste, die berühmten „Democracy Sausages“, die in Australien zu einer solchen Abstimmung einfach dazugehören.

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