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#Jungfernzeugung bei Fruchtfliegen eingeschaltet

Bei der geschlechtlichen Fortpflanzung braucht es üblicherweise ein Männchen und ein Weibchen, um Nachwuchs zu zeugen. Manche Tierarten, insbesondere einige Insekten, können sich jedoch auch ungeschlechtlich, ohne Männchen, fortpflanzen. Die Fruchtfliege Drosophila melanogaster gehört nicht dazu. Mit Hilfe genetische Methoden ist es Forschenden nun jedoch gelungen, die Jungfernzeugung bei D. melanogaster zu aktivieren. Die Nachkommen der genetisch manipulierten Weibchen konnten sich sowohl geschlechtlich als auch ungeschlechtlich fortpflanzen. Die Erkenntnisse können auch dabei helfen, Vermehrungsstrategien von Schadinsekten besser zu verstehen.

Die meisten Tiere pflanzen sich sexuell fort. Eine Eizelle des Weibchens wird dabei von Spemien des Männchens befruchtet. Bei manchen Arten können sich jedoch auch aus unbefruchteten Eiern Nachkommen entwickeln. Ein klassisches Beispiel für diese sogenannte Parthenogenese oder Jungfernzeugung sind Honigbienen, bei denen die männlichen Drohnen aus unbefruchteten Eiern schlüpfen. Bei anderen Insektenarten entwickeln sich aus unbefruchteten Eiern ausschließlich Weibchen. Während bei manchen Tierarten die Jungfernzeugung obligatorisch ist, gehen andere nur dazu über, wenn zu wenige Männchen zur Verfügung stehen. Auch bei manchen Fischen, Vögeln und Reptilien wurden bereits Fälle von Jungfernzeugung beobachtet, insbesondere in Zoos, wenn Weibchen dauerhaft von Männchen getrennt leben.

Relevante Enzyme identifiziert

Doch wie sind manche Tierarten in der Lage, bei Bedarf zur Jungfernzeugung zu wechseln? Dieser Frage ist ein Team um Alexis Sperling von der University of Cambridge in Großbritannien mit Hilfe von Fruchtfliegen nachgegangen. Bei der Art Drosophila mercatorum pflanzen sich manche Populationen natürlicherweise ungeschlechtlich fort, andere dagegen geschlechtlich. In einem ersten Schritt sequenzierten Sperling und ihr Team das Genom von Individuen aus einer Population mit ungeschlechtlicher und einer mit geschlechtlicher Fortpflanzung und verglichen zusätzlich, welche Gene jeweils in den heranreifenden Eiern abgelesen werden.

Dabei stellten sie fest, dass in den jungfräulich gezeugten Eiern zahlreiche Gene stärker oder schwächer abgelesen wurden als in geschlechtlich gezeugten. Unter anderem wurde ein Gen verstärkt abgelesen, das das Enzym Proteinkinase PLK1 codiert. Dieses Enzym spielt eine wichtige Rolle bei der Aufteilung des Erbguts auf Tochterzellen. Ein anderes Enzym, die sogenannte Desaturase, die unter anderem die Struktur der Zellmembran beeinflusst, wurde dagegen in den parthenogenetischen Eiern weniger hergestellt.

Genmanipulation ermöglicht ungeschlechtliche Fortpflanzung

Um herauszufinden, inwieweit diese Gene bestimmen, ob sich das aus dem jeweiligen Ei schlüpfende Individuum geschlechtlich oder ungeschlechtlich fortpflanzt, griffen die Forschenden auf eine andere Art von Fruchtfliegen zurück, Drosophila melanogaster. Diese als Modellorganismus bekannte Fruchtfliegenart pflanzt sich von Natur aus nur geschlechtlich fort. Mit gentechnischen Methoden veränderte das Forschungsteam die D. melanogaster-Gene nach dem Vorbild des parthenogenetischen D. mercatorum-Stamms – und veränderte damit die Fortpflanzung der Fliegen: „Zwei zusätzliche Kopien von Proteinkinase PLK1 in Verbindung mit einer verminderten Desaturase-Expression reichen aus, um die Embryogenese in unbefruchteten D. melanogaster-Eiern einzuleiten“, berichtet das Team. Aus den unbefruchteten, genetisch manipulierten Eiern entwickelten sich Weibchen, die fortan in der Lage waren, sich ohne Männchen fortzupflanzen.

„Es war sehr aufregend zu sehen, wie eine jungfräuliche Fliege einen Embryo hervorbringt, der sich bis zum Erwachsenenalter entwickeln kann, und dann den Prozess wiederholt“, sagt Sperling. „Bei unseren genetisch manipulierten Fliegen warteten die Weibchen die Hälfte ihres Lebens – etwa 40 Tage – darauf, ein Männchen zu finden, gaben dann aber auf und führten eine Jungferngeburt durch.“ Auch die allesamt weiblichen Nachkommen waren in der Lage, sich je nach Bedarf geschlechtlich oder ungeschlechtlich fortzupflanzen. Waren keine Männchen in der Nähe, produzierten ein bis zwei Prozent der zweiten Generation ohne Befruchtung Nachkommen. Hatten sie Kontakt zu Männchen, paarten sie sich auf die für die Art normale Weise.

Selektionsdruck zur Jungfernzeugung?

Die Ergebnisse erhellen die Grundlagen der ungeschlechtlichen und geschlechtlichen Fortpflanzung, könnten aber auch für die Landwirtschaft von Bedeutung sein. Denn gerade unter dem Einfluss von Pestiziden könnten mehr und mehr Schadinsekten dazu übergehen, sich ungeschlechtlich zu vermehren. „Wenn es einen anhaltenden Selektionsdruck für Jungfrauengeburten bei Schadinsekten gibt, und das scheint der Fall zu sein, wird dies schließlich dazu führen, dass sie sich nur noch auf diese Weise fortpflanzen“, sagt Sperling. „Das könnte zu einem echten Problem für die Landwirtschaft werden, da die Weibchen nur noch Weibchen produzieren, wodurch sich ihre Verbreitungsfähigkeit verdoppelt.“

Quelle: Alexis Sperling (University of Cambridge, UK) et al., Current Biology, doi: 10.1016/j.cub.2023.07.006

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