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Berliner müssen draußen bleiben

Ralf Schlüter kommt sich dieser Tage vor wie ein Postleitzahlen-Detektiv. Jeden Morgen schaut sich der Chef des Strandhotels Baabe auf der Ostseeinsel Rügen die neueste Liste der deutschen Risikogebiete des Robert-Koch-Instituts an. Mehr als 30 Landkreise gelten mittlerweile als Risikogebiet, weil sich dort innerhalb der vergangenen sieben Tage mehr als 50 Menschen je 100.000 Einwohner mit dem Coronavirus infiziert haben. Oft besteht ein solcher Kreis aus Gebieten mit mehreren Postleitzahlen. Auf sie alle, inzwischen mehr als 120, muss Schlüter die anstehenden Buchungen durchsuchen – und seine Gäste gegebenenfalls wieder ausladen.

Julia Löhr

In den vergangenen Tagen kam das besonders oft vor. „15 Prozent unserer Direktbuchungen waren aus Berlin, sprich: sofort weg“, erzählt der Hotelier. Denn seit Donnerstagnachmittag gilt die Hauptstadt als Risikogebiet. Nach diesen Stornierungen musste Schlüter als Nächstes danach fahnden, woher die Gäste stammen, die über Portale wie Booking.com reserviert hatten. Dazu bedarf es oft nur einer E-Mail-Adresse, keiner Postanschrift. Und dann war da auch noch die Reisegruppe, die – schon lange gebucht – am Sonntag vor der Tür stand. Inklusive einiger Gäste aus einem Neu-Risikogebiet Wuppertal. Kein Wunder, dass Schlüters Urteil über die Corona-Politik verheerend ausfällt: „Unmöglich“ sei die, vor allem die kurzen Vorlaufzeiten. „Entweder bekomme ich Ärger mit den Reisenden oder mit den Behörden.“

Wie Schlüter ergeht es derzeit vielen Hoteliers in deutschen Urlaubsregionen. Vergangenen Mittwoch beschlossen Bund und Länder in ihrer Videokonferenz, dass Menschen aus Orten mit hohen Corona-Infektionszahlen bei Reisen innerhalb Deutschlands nur dann in Hotels oder Ferienunterkünften beherbergt werden dürfen, wenn sie einen höchstens 48 Stunden alten negativen Corona-Test vorlegen können. Im Detail unterscheiden sich die Regeln je nach Bundesland. So sind berufliche Reisen teils möglich, teils nur mit triftigem Grund. Mecklenburg-Vorpommern hat besonders strenge Regeln, dort müssen sich Urlauber trotz eines negativen Tests in Quarantäne begeben.

Brandenburger Hoteliers haben Klage angekündigt

Dem Hotel- und Gaststättenverband Dehoga reicht es jetzt: „Wir appellieren an die Ministerpräsidenten und an die Bundesregierung, die Beherbergungsverbote aufzuheben“, sagt Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges mit Blick auf die nächsten Beratungen an diesem Mittwoch. Es gebe eine regelrechte Stornowelle, auch Neubuchungen blieben aus. In Brandenburg haben Hoteliers schon Klage angekündigt. Falls das Verbot bleiben sollte, fordert Hartges eine Art Entschädigungsfonds. „Die Länder müssen sich überlegen, wie dieser Schaden reguliert wird.“

Auch Matthias Brockmann, Geschäftsführer der Travel-Charme-Gruppe mit zwei Hotels auf Rügen, verbringt gerade viel Zeit am Telefon. Quasi 100 Prozent Auslastung hätten die Hotels vor den neuen Beschränkungen gehabt, ein Lichtblick nach der Zwangspause im Frühjahr. Doch vor allem die vielen Berlin-Urlauber fehlen jetzt. „Gut 85 Prozent Auslastung“ seien es aber trotzdem noch, so Brockmann. Was auch daran liegt, dass andere Gäste jetzt schon früher anreisen wollen, etwa ein Paar aus einer Region mit aktuell 45 Infizierten je 100.000 Einwohner, das eigentlich erst in zwei Wochen an die Ostsee wollte.

Wer trägt die Stornierungskosten?

Zum allgemeinen Unmut trägt auch bei, dass nicht klar ist, wer die Stornierungskosten im Fall von Absagen trägt. Wenn der Gast die Möglichkeit habe, zu kommen – und mit einem negativen Corona-Test gebe es diese ja –, dann habe der Hotelier einen Anspruch auf sein Geld, erklärt Dehoga-Geschäftsführerin Hartges. Allerdings ist es in vielen Großstädten nahezu unmöglich, derzeit schnell an einen solchen Test zu kommen. Entscheidend für die Frage nach den Stornokosten dürfte also sein, ob der Gast nachweisen kann, trotz aller Versuche keinen Test bekommen zu haben. Vielfach böten die Hotels auch Gutscheine an, heißt es beim Dehoga. Nordrhein-Westfalen will seinen Bürgern kostenlose Tests für Urlaube anbieten, Berlin dagegen nicht.

Doch nicht alle ärgern sich über das Beherbergungsverbot. Marcel Graf, der die Reservierung im Berghotel in Oberhof leitet, freut sich derzeit über eine Buchungslage von 90 Prozent. Im Vorjahr im Oktober seien es nur 70 Prozent gewesen. Was maßgeblich zu dieser Steigerung beigetragen haben dürfte: Thüringen hat kein Beherbergungsverbot verhängt. „Aus unternehmerischer Sicht ist das prima“, sagt Graf, aber etwas unwohl ist ihm auch dabei, „wenn sich alles so konzentriert“. Denn auch wenn nun schon die ersten Politiker mahnen, doch besser gar nicht mehr zu verreisen – noch ist die Reiselust der Deutschen trotz Corona ungebrochen.

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