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#Berliner Schloss wird eröffnet: Fassade steht, Inhalt wackelt

Berliner Schloss wird eröffnet: Fassade steht, Inhalt wackelt

Eines immerhin hat das Großprojekt der Bundeskulturpolitik in der Mitte Berlins schon jetzt bewirkt: ein neues Stadtbild. Wenn man auf der Straße Unter den Linden vom Brandenburger Tor nach Osten läuft, reihen sich die Bauwerke fast wieder so wie vor hundert Jahren: Prinzessinnen- und Kronprinzenpalais, Staatsoper, Neue Wache, das Zeughaus mit dem Deutschen Historischen Museum – und als Abschluss und Blickhorizont die imposante Kulisse des Berliner Schlosses.

Nur eine Kulisse? Ja, denn das Programm des Humboldt-Forums, das hinter den Barockfassaden residiert, hat mit der nachgebauten Außenhaut des Hohenzollernschlosses praktisch nichts zu tun. Von der Idee, wenigstens die wichtigsten historischen Säle im Inneren zu rekonstruieren, sind nur ein paar Räume zur „Geschichte des Ortes“ einschließlich des begehbaren Schlosskellers geblieben. Auch der Vorschlag, dem Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Museen Berlin wieder einen Platz in dem Gebäude zu geben, in dem es nach dem Ersten Weltkrieg untergebracht war, hat den beinahe zwanzigjährigen Planungsprozess nicht überlebt.

Wenn das Humboldt-Forum am kommenden Mittwoch per digitalem Livestream seine coronabedingt reduzierte Eröffnung feiert, findet eine öffentliche Debatte ihren Abschluss, die auf allen Seiten Blessuren und zerstörte Illusionen hinterlassen hat. Das Ergebnis ist ernüchternd. Von der Agora, wie der glasüberdachte Innenhof im Westflügel einmal heißen sollte, bleiben nicht mehr als ein Multimedia-Turm und mehrere Multifunktionssäle, in denen, sobald die Pandemie es wieder zulässt, eine Kinderausstellung für Schulklassen und eine Schau zum Thema Elfenbein zu sehen sein sollen.

Mit größten rhetorischen Verbiegungen

Im ersten Stock werden sich die Humboldt-Universität mit ihrem Wissens-Labor und das Berliner Stadtmuseum mit seinem Projekt „Welt. Stadt. Berlin“ niederlassen, ohne dass man erkennen könnte, wie beides zusammenhängt – es sei denn, man wollte die bloße räumliche Nähe schon als inhaltlichen Dialog verstehen.

Die Sammlungen des Ethnologischen und des Asiatischen Museums in den Geschossen darüber werden erst spät im kommenden Jahr ihre Türen öffnen. Aber schon jetzt ist klar, dass sie nicht den zentralen Stellenwert haben werden, der ihnen in den vom Bundestag in den Jahren 2002 und 2007 verabschiedeten Planungen zukam. Aus dem Museum der Weltkulturen, dessen augenöffnende Wirkung in Zeiten der Globalisierung von Kulturpolitikern aller Couleur beschworen wurde, ist ein Puzzle aus ganz unterschiedlichen Teilen geworden, die auch mit den größten rhetorischen Verbiegungen nicht zusammengefügt werden können.

Nach zwanzig Jahren Konzeptemacherei

Das Humboldt-Forum habe ein integratives Programm gehabt, jetzt aber funktioniere es nur noch additiv, hat Klaus-Dieter Lehmann, sein Erfinder, in dieser Zeitung gesagt. Freundlicher kann man die Enttäuschung nicht ausdrücken, die sich mit dem Abschluss des Projekts verbindet.

Was lernen wir daraus? Vielleicht, dass die Kulturpolitik des Bundes, die mit der Einrichtung des Amts der Kulturstaatsministerin in der Ära Schröder eine neue Deutungsmacht zu gewinnen schien, auch nicht den Stein der Weisen besitzt. Alle Fachleute, die Monika Grütters und ihr Vorgänger Bernd Neumann auf das Humboldt-Forum ansetzten, haben sich an den Beharrungskräften der beteiligten Institutionen die Zähne ausgebissen. Stattdessen konnte der Förderverein Berliner Schloss, dem die Finanzierung der Fassade durch Spenden übertragen worden war, in aller Stille die Rekonstruktion der Schlosskuppel samt Kreuz und Inschrift betreiben und so das Weltkulturenmuseum mit eindeutig christlichem Etikett versehen. Die Fassade steht, der Inhalt wackelt, das ist die Bilanz nach zwanzig Jahren Konzeptemacherei.

Die Grenzen des Machbaren

Trotzdem gibt es Grund zur Freude. Wer das Gebäude betreten darf – also hoffentlich bald möglichst viele –, ist beglückt von der Großzügigkeit seiner Raumfluchten, dem barocken Zauber des Schlüterhofs und der Eleganz der Nord-Süd-Passage, die der Architekt Franco Stella geschaffen hat. Die aus Dahlem umgezogenen Sammlungen werden an einem Ort zu erleben sein, wie er nur wenigen Museen in Europa und Amerika vergönnt ist – die Agitation postkolonialer Interessengruppen dürfte die Begeisterung für die Exponate nicht trüben. In den leeren Räumen der „Humboldt Akademie“ wird irgendwann doch noch jene Ausstellung über die Brüder Humboldt und ihren Forscherdrang entstehen, die das nach ihnen benannte Forum dringend braucht. Der Blick von der Terrasse des Dachrestaurants schließlich wird einer der schönsten in ganz Berlin sein.

Im Grunde kann man sich darauf verlassen, dass der Bau, der den Steuerzahler fast 650 Millionen Euro kostet, seinen Sinn und Zweck finden wird. Es ist nur traurig, zu sehen, wie viel intellektuelle Energie während seiner Errichtung wirkungslos verpufft ist. In diesem Punkt zeigt das Forum der deutschen Kulturpolitik die Grenzen des Machbaren. Von der Weltläufigkeit, mit der man in Paris oder London kulturelle Projekte inszeniert, ist sie noch weit entfernt.

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