Nachrichten

#Der Ukraine-Krieg sorgt bei der Bundeswehr für keinen Hype

„Der Ukraine-Krieg sorgt bei der Bundeswehr für keinen Hype“

Die atomare Apokalypse, im Karlsruher Einkaufszentrum ist sie plötzlich zum Greifen nah. An der Kriegsstraße, ausgerechnet, stehen an einem Freitag im Mai zwei mannshohe Puppen mit Schutzanzügen und ABC-Masken vor dem Gesicht zwischen den Glasfronten hipper Bekleidungsgeschäfte, einem Geschenkladen und einem Geschäft für Muskelnahrung. Hinter den Puppen haben Bundeswehrsoldaten ihren Werbestand aufgebaut. Auf den Stehtischen liegen Flecktarnstifte neben laminierten QR-Codes, auf großen Flachbildschirmen jagen Kampfflugzeuge über den Himmel und Rekruten quälen sich über eine Hindernisbahn. Soldat sein, das fühlt sich bei den Filmen an wie eine Mischung aus „Top Gun“ und „Full Metal Jacket“.

Vor allem aber dreht sich zwischen den beiden Puppen ein Glücksrad, dessen Klackern noch in den höheren Stockwerken zu hören ist. Die Soldaten wollen Interessenten für die notorisch unterbesetzte Bundeswehr gewinnen – und eigentlich sollte die Gelegenheit dafür durch den Ukrainekrieg doch günstig sein. An diesem Morgen aber schlendern die meisten Passanten achtlos vorbei, tratschend, tippend oder schleppend, das Glücksrad drehen die Soldaten meistens selbst. Nur manchmal zieht ein kleiner Junge seine Mutter zum Rad oder ein Vater seine Töchter an einen Stehtisch, um mit einem Soldaten über seine eigene Zeit bei der Bundeswehr zu sprechen. Schlangen besorgter junger Menschen, die wegen des Kriegs jetzt Angst um ihr Land haben und in die Bundeswehr eintreten wollen, gibt es in Karlsruhe nicht.

Dabei ist am 24. Februar, als Russland in die Ukraine einmarschiert ist, eine Illusion zerplatzt. Die nämlich, dass Bündnisverteidigung nach Jahrzehnten des Friedens nur noch ein anachronistisches Relikt des Kalten Kriegs ist. Der Westen sah sich behütet durch einen atomaren Schutzschild, der jeden konventionellen Krieg vor der eigenen Ostflanke unwahrscheinlich machte. Meldungen über zu wenige Soldaten und kaputte Panzer, über fehlendes Geld und aus dem Ruder gelaufene Rüstungsprojekte – bis zu Putins Krieg beunruhigte das zumeist nur Fachleute. Als die ersten Raketen Kiew trafen, russische Kolonnen in die Ukraine vorstießen und der Kreml mit dem nuklearen Säbel rasselte, änderte sich das schlagartig.

Das spürte auch die Bundeswehr. Die Zugriffe auf ihre Internetseiten stiegen in den ersten Kriegswochen deutlich; in den Karrierecentern registrierten die Berater der Truppe sprunghaft mehr Interessenten, ähnlich wie in mehreren osteuropäischen Staaten. Vorher verzeichnete die Bundeswehr durchschnittlich 1900 Erstberatungsgespräche pro Woche, im März waren es dann 2900. Die Zeitenwende, die Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufen hatte, schien das Verhältnis der Deutschen zu ihrer Armee grundlegend verändert zu haben. Fürs Erste.

Doch schon im April war davon nicht mehr viel zu spüren. „Wir hatten kurzzeitig einen starken Anstieg beim Bewerberaufkommen“, sagt Andreas Westenfelder, ein braun gebrannter Stabsfeldwebel Mitte fünfzig, der am Werbestand in Karlsruhe noch mit den meisten Menschen ins Gespräch kommt. Vielleicht liegt es daran, dass er ziviler rüberkommt als seine Kameraden. Die längste Zeit seiner Militärlaufbahn hat er Posaune in Musikkorps der Bundeswehr gespielt. Während seine Kameraden in Feldanzügen herumstehen, trägt Westenfelder ein kurzärmeliges Diensthemd, in dem er ein wenig so aussieht wie der Leiter eines Reisebüros. Tickets für Beratungsgespräche verteilt aber auch Westenfelder an diesem Morgen kaum. Den Stabsfeldwebel überrascht das nicht. Der Hype, sagt er, sei schon wieder vorbei.

Dabei konnte die Bundeswehr schon vor dem Krieg buchstäblich jede Frau und jeden Mann gebrauchen. Bis 2027 soll der Umfang der Streitkräfte von derzeit knapp über 183.000 auf dann 203.000 Soldaten wachsen. Mehr seien derzeit nicht vorgesehen, trotz des Kriegs, wie eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums der F.A.Z. mitteilt. Aber schon jetzt ist unklar, wie diese Zahl trotz massiver Werbeanstrengungen der Bundeswehr erreicht werden soll. Die Armee ist in der langen Zeit der „Friedensdividende“ aus dem Bewusstsein der Deutschen geraten – die Wehrpflicht, einst ein Garant für die Nachwuchsgewinnung, ist seit elf Jahren ausgesetzt. Auch die Demographie macht der Armee zu schaffen, weil die nachrückenden Jahrgänge schrumpfen.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!