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#Seid freundlich zu den Straßennörglern!

Ich habe auf der Straße schon einige seltsame Kämpfe ausgetragen. Einmal hat sich mir ein Mann auf einem Fahrradweg in den Weg gestellt, weil er meinte, es sei kein Fahrradweg. Ich habe angehalten, wir haben diskutiert, dann wollte ich auf dem Fahrradweg weiterfahren – und er hat mich geschubst. Ein anderes Mal ist mir ein älterer Herr auf dem Gehweg entgegengekommen. Es regnete in Strömen, und weil ich mir den Regenschirm tief ins Gesicht gehalten hatte, sah ich seinen Hund erst, als er direkt vor mir stand. „Die Dame sieht nichts!“, brüllte mich der Mann an, als hätte ich gerade ein Kapitalverbrechen begangen.

Lange hatte ich jedes Mal nach solchen Begegnungen das Gefühl, etwas grundlegend falsch gemacht zu haben, während ich mich gleichzeitig maßlos über das Verhalten des anderen ärgerte. Wie kann sich dieser Typ erlauben, mich so anzublaffen, einfach so? Ich habe nichts gemacht, und es gibt überhaupt kein Problem! Diese Menschen, so steigerte ich mich hinein, eint der Hass auf mich und meine Art, mich im Straßenverkehr zu bewegen.

Nur ist das natürlich Quatsch. Inzwischen habe ich eine Theorie zu all den freudlosen Gestalten, denen man auf dem Asphalt begegnet: Kein Mensch bei klarem Verstand brüllt anlasslos andere Leute an, insbesondere in Situationen, in denen absolut keine Gefahr für Leib und Leben besteht. Das Rumgeschreie auf der Straße widmet sich eigentlich gar nicht mir.

Die Wut überträgt sich nur

Ich glaube, es ist eher ein Ventil für sonstigen Unmut: Weil zum Beispiel der Arbeitstag schlecht gelaufen ist oder das Kind zum achten Mal in drei Monaten kränkelt oder weil man gerade einfach schlechte Laune hat. Eine Fahrradfahrerin wie ich kommt da gerade recht, um den Druck rauszulassen. Der private Zorn, gepaart mit der Illusion, sie wüssten es besser als ich, ist schlicht zu viel. Ich glaube, sie meinen es nicht mal böse. Es überkommt sie einfach.

Schön sind solche Begegnungen natürlich trotzdem nicht. Ich habe selbst häufig zurückgerufen, diskutiert, auch mal den Mittelfinger gezeigt, wenn es mich wirklich aufgeregt hat – alles nichts, worauf ich stolz bin. Und vor allem nichts, was etwas bringt: Empörung wird überschätzt. Die Wut überträgt sich nur, ich ärgere mich nicht nur über den anderen, sondern insgeheim auch über mich selbst, und mache mich zum Teil des Problems.

Deswegen fahre ich inzwischen eine komplett gegensätzliche Strategie. Sie bricht mit der Gepflogenheit, auf Empörung mit Empörung zu reagieren. Sie klappt natürlich nicht immer, und ich kann auch nicht genau sagen, ob sie mein Gegenüber nicht manchmal sogar noch mehr ärgert. Ich aber ärgere mich gar nicht mehr und spare sehr viel Lebensenergie.

Ich konnte mir absolut nichts vorwerfen

Das erste Mal habe ich sie ausprobiert, als ich mal wieder mit dem Fahrrad unterwegs war und in einen Park abgebogen bin. Eine Frau am Parkeingang schrie mich an: „Hier ist kein Fahrradweg!“ Das stimmte nicht, weit und breit war kein Verbotsschild zu sehen. Das hätte ich ihr natürlich sagen können. Ich hätte sie auch fragen können, was sie daran so stört, dass ich mich hier – gänzlich ungefährlich – mehrere Meter von ihr entfernt fortbewege. Und warum es sie so sehr aufwühlt, dass sie mich in diesem Ton zurechtweist.

Ich hatte aber in diesem Moment wenig Lust darauf. Ich wollte ihre Wut nicht. Und deshalb habe ich sie unironisch angestrahlt, so herzlich wie nur möglich, und gesagt: „Ich wünsche Ihnen auch einen schönen Tag!“ Geantwortet hat sie darauf nicht, sie wirkte irritiert. Und dann war ich mit dem Fahrrad auch schon zu weit weg, um weitere Reaktionen aus ihrem Gesicht abzulesen. Aber ich habe mich in diesem Moment geradezu erhaben gefühlt – ich war nicht in den Sumpf der Nörgler gestolpert, ich war einfach freundlich geblieben, auch wenn meine Tonlage so aufgesetzt klang wie die eines Callcenter-Mitarbeiters. Ich konnte mir absolut nichts vorwerfen.

Ich kann Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, dieses Vorgehen deshalb nur empfehlen. Bleiben Sie freundlich! Wenn Ihre Verkehrskritiker Sie als Idioten oder Arschloch bezeichnen, sagen Sie: „Tut mir leid, dass Sie so denken!“ Wenn sie Sie „aus dem Weg“ haben wollen, wünschen Sie einfach einen „angenehmen Nachmittag!“ oder verabschieden Sie sich mit: „Machen Sie’s gut!“ Lassen Sie sich einfach nicht ein auf ihr wutentbranntes Gegenüber. Dem anderen werden Ihre Worte gut tun, Sie werden ihn natürlich verwirren, vielleicht kurz ärgern – aber Sie werden ihm auch zeigen, wie unverhältnismäßig boshaft sein ganzes Auftreten war. Und milde stimmen können Sie den Schreihals durchaus auch – wer weiß, ob es dank Ihnen nicht die ersten freundlichen Worte waren, die er an diesem Tag hört.

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