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#Biologie – Alles was lebt

Biologie – Alles was lebt

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Das neue Lehrbuch “Biologie” für die Oberstufe von Jürgen Markl hat einen kleinen bunten Frosch auf der Vorderseite. Ich kenne noch andere allgemeine Lehrbücher der Biologie (die auch diesen Titel haben), und alle haben sie einen Frosch vorne drauf: den “Campbell” (als er in Deutschland noch bei Spektrum erschien), und sein Nachfolger bei Spektrum, den “Purves”. Es ist wohl noch nicht mal ein Zufall, dass verschiedene Bücher ähnliche Motive auf ihrem Cover haben – Jürgen Markl ist (beziehungsweise war) Herausgeber der deutschen Versionen beider Bücher. Doch ist der neue Markl innen drin, wo es drauf ankommt, ähnlich gut wie ich es selbst noch vom alten Campbell gewohnt bin?

Was als erstes auffällt ist der Aufbau des Buches: Gröbere Themen wie “Zellen” oder “Evolution” (Klasse: bereits die Einleitung betont, dass die Evolution den Rahmen für alle Inhalte bildet) sind in Kapitel eingeteilt, in denen nicht stur klassisch zusammengehörige Aspekte wie zum Beipiel Stoffklassen nacheinander behandelt werden. Vielmehr geht es in den Kapiteln um Fragestellungen, die das Interesse wecken sollen, und die Aspekte aus verschiedenen Gebieten benutzen, um diesen Zweck zu erfüllen. Bevor es etwa im Kapitel “Die Zelle” um das Innenleben von biologischen Zellen geht, wird erst einmal erklärt, wie Mikroskope funktionieren, wie man also Zellen beobachten kann. Die Kapitel sind hier unterteilt in sogenannte Konzepte, kurze Abschnitte, die ihre take home message schon im Titel tragen (etwa “Fossilien liefern starke Belege für das Evolutionsgeschehen”).

Der Text, der meiner Meinung nach recht verständlich geschrieben ist, wird von verschiedenen Hilfsmitteln unterstützt. Die zahlreichen Abbildungen sind übersichtlich und modern gehalten (hier gibts eine Beispielseite [PDF]), dazu kommen Methodenboxen, in denen biologische Methoden direkt aus dem Labor beschrieben werden, passend zum Thema. Jedes Konzept hat auch eine Aufgabe, von denen viele über simples Zusammenfassen hinausgehen. Passend zum Zusammenhang zwischen Energieumsatz von Organismen und deren Oberfläche und Volumen wird beispielsweise eine Frage zu Gullivers Reisen gestellt – clever, weil es ein anschauliches, aber nicht alltägliches Beispiel ist.
Passend zur modernen Aufmachung des Buchs finden sich immer wieder auch “Online-Links” im Buch. Weitere Informationen wie Forscherbiografien, interaktive Animationen oder Tests können so online auf den Seiten des Verlags gefunden werden.

Soweit der allgemeine Eindruck. Ich habe dann mal angefangen, auszugsweise die Details anzuschauen. Ein beliebter Test unter uns Molekularbiologen (auch bei Fachbüchern auf Uniniveau!), wie gut die verschiedenen Teams bei der Produktion eines Buchs zusammenarbeiten, ist die DNA-Abbildungen anzusehen. Die DNA-Doppelhelix ist rechtsgewunden, ein Grafiker findet aber vielleicht, dass die Doppelhelix auf der Abbildung in einer anderen Ecke schöner aussieht – schnell gespiegelt, schon passts, nur leider ist die DNA jetzt linksläufig! Das kommt öfter vor als man denkt, hier war die DNA aber in allen Abbildungen rechtsgewunden.
Ich fragte mich auch, wie aktuell die Informationen im Buch sind. Die Grundlagen der Biologie, wie sie in der Schule unterrichtet werden, sind natürlich zum größten Teil gut erforscht. Trotzdem entwickelt sich aktuelle Forschung immer weiter, und sie kann unter Umständen ein genaueres Bild zeichnen, das den Schülern beim Verständnis hilft. Die Wissensübermittlung von Vorträgen auf Meetings über Fachartikel zu Fachbüchern dauert bekanntermaßen sehr lange, in der Biologie mehrere Jahre. Ich war deshalb positiv überrascht, dass im neuen Markl sowohl über den Medizin-, als auch den Chemienobelpreis vom letzten Jahr geschrieben wurde.
Die Aktualität des vermittelten Wissens in Fachbüchern hat in den letzten Jahren auch eine andere Richtung eingeschlagen: Gerade in der Molekularbiologie schufen neuartige Methoden ganz neue Forschungszweige, über die auch berichtet sein will. Das geht leider oft auf Kosten von älterer, aber grundlegender Forschungsergebnisse. So gibt es heute Studenten, die nie etwas von den eleganten frühen Versuchen der Molekularbiologie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (wie die von Griffith oder Avery) hörten. Dabei handelt es sich hier oft um sehr elegante, leicht verständliche Versuche, mit deren Hilfe die Grundlagen sehr gut zu vermitteln sind. Die Autoren des neuen Markl haben das offensichtlich eingesehen, denn viele Prinzipien werden darin fast ausschließlich mit Hilfe dieser Versuche erklärt, große Texte sind gar nicht nötig.

Natürlich hat mir nicht ausnahmslos alles an dem neuen Markl gefallen. Die Reihenfolge der Themen erscheint mir beispielsweise merkwürdig. Von Makromolekülen und weiteren “kleinen” Dingen in der Zelle dann zum Stoffwechsel überzugehen, macht Sinn. Dann Genetik, OK, von mir aus. Jetzt werden wir größer, und gehen von der Genetik zur Evolution, und von da in die Ökologie. Soweit kann ich folgen. Aber dann: Wieso ein gesamtes Thema mit dem gleichen Stellenwert wie die Evolution für Neurobiologie? Ein Teilthema der Physiologie, das vielleicht noch am ehesten weiter vorne in den Stoffwechsel gepasst hätte. Besonders auch, weil wir gleich danach mit dem Thema Verhalten wieder über größere Zusammenhänge lernen. Ich hätte die Aufteilung wahrscheinlich ein wenig anders gemacht, aber da müssen sich Autoren von Schulbüchern wahrscheinlich auch äußeren Zwängen wie Lehrplänen unterordnen, die bestimmte Themen zu bestimmten Zeitpunkten vorsehen.

Insgesamt, das hat man sicher beim Lesen gemerkt, gefällt mir der neue Markl sehr gut! Ich will jetzt nicht mit dem alten Klischee anfangen und sagen, hätte ich nur so ein Buch während meiner Schulzeit gehabt. Mir hat mein Biounterricht vor ein paar Jahren auch so gefallen, obwohl ich den Markl nicht hatte. Ich glaube trotzdem, dass den Schülern heute der Markl viel Spaß machen kann. Und mal sehen, die Abbildungen gefallen mir so gut, vielleicht haben ja meine Studenten in der einen oder anderen Vorlesung auch was davon!


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