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#Blaue Stunde in der grünen Apfelsee

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Blaue Stunde in der grünen Apfelsee

Samstagnachmittag, und plötzlich ist wieder 1993. Vielleicht beim Werkeln unter der Spüle den Kopf gestoßen – oder Fieberdelirium? Nein, es dämmert langsam, dass es an einer Stimme aus dem Radio liegt. Sie klingt erst vorsichtig unentschieden, dann inbrünstiger, einerseits leidend und doch halb euphorisch. Spätestens bei der Intonation des Wortes „Kä-le-foorn-ja“ wird es vollends klar: Nur Adam Duritz singt so, der Sänger der Counting Crows.

Und da ist also wieder das Jahr 1993 mit deren Borderline-Stimmungshit „Mr. Jones“, dem man für weitere Jahre gar nicht entkommen konnte, mit dem zwischen Sommer und Herbst schwankenden Album „August and Everything After“, das alles auf den Kopf stellte und mitten in der Hochzeit des Grunge-Rocks auf einmal daran erinnerte, dass es auch noch Folk-Rock gab, es also nicht verboten war, herzerweichend Akkordeon zu spielen („Omaha“) und lachend, während alle Nirvana hörten, in die Fußstapfen von Van Morrison und den Hooters zu treten; dass es ziemlich normal war, die Gegend, aus der man kommt, gleichzeitig zu lieben und zu hassen („Round Here“) oder erst irgendwann am frühen Morgen in blauen Häusern neben der grünen Apfelsee endlich einzuschlafen („Perfect Blue Buildings“).

Das Album war ein Grower, wie man sagt: Es hatte sich bald allein in den Vereinigten Staaten sieben Millionen Mal verkauft. Eine Band, die aus dem Nichts kam, und ein Sänger, der diese Erfahrung in „Mr. Jones“, geschrieben noch in jener Zeit, gewitzt verarbeitet hatte – an nichts glauben und doch von allem träumen –, standen plötzlich auf der anderen Seite: angekommen unter den besungenen „big stars“.

Es kamen noch ein paar schöne Lieder, dann belanglosere, der Erfolg ebbte langsam wieder ab, dann war die Stimme irgendwann verschwunden. So viele damals junge und gute Bands haben die Jahrtausendwende nicht gut überstanden. Was wurde aus den Spin Doctors, den Crash Test Dummies, aus Dodgy und Del Amitri? Im schlimmsten Fall sogar (man denke etwa an die 4 Non Blondes): nie wieder von gehört.

Und nun also doch wieder die Stimme von Duritz, als wäre sie kein bisschen gealtert: Beginnt in dem Lied „Tall Grass“ in tiefer Lage durch die Wiesen der Erinnerung zu streifen zu spärlichen Gitarren, kommt dann abermals auf die Spur der jungen Rastlosen und folgt ihnen beim Aufbruch in die weite Welt. Das waren damals Figuren wie die aus „Anna Begins“ oder die mehrfach von Duritz besungene Maria (er hat sie einmal als sein Alter Ego bezeichnet) – heute sind es namenlose junge Frauen auf dem Weg nach Paris oder ein Bobby auf der Suche nach „Elevator Boots“ für den Weg nach oben.

Gebrochen schon  in der Kindheit

Dorthin kommt auch Duritz’ Stimme wieder zielsicher, immer wenn’s dramatisch wird: „There are trains that can take a girl to Paris / There are planes that could bring you home / There are some of us get broken when we’re children / And you never get it back once that is gone“: Was die Gebrochenheit der von ihm Besungenen angeht, knüpft Duritz nahtlos an seine Lieder von vor fast dreißig Jahren an.

Mit „Angel of 14th Street“ erinnert Duritz dagegen an den wortsprudelnden jungen Springsteen, mit „Bobby and the Rat Kings“ musikalisch an den etwas älteren: Das letztere Stück klingt, als gehörte es eigentlich mit auf dessen Album „Born to Run“, so stilsicher retro-rockig ist es dessen Sound nachempfunden. Das neue Minialbum der Counting Crows hat indes einen weniger leicht verständlichen Titel: „Butter Miracle Suite One“ klingt rätselhaft bis albern, andererseits erweckt man so vielleicht Aufmerksamkeit. Nicht mehr als die vier genannten Lieder sind darauf – sofern „auf“ hier noch das richtige Wort ist, denn zunächst handelt es sich um eine digitale Veröffentlichung. Im Juni wird man sie auch auf Vinyl kaufen können, vier Lieder plus eine Liveversion von „August and Everything After“ mit dem London Studio Orchestra für zwanzig Euro, das ist eine Stange Butter – aber warum eigentlich nicht, einfach um mal wieder zu sehen, wie sich das Ding dreht und Adam Duritz den vielleicht entscheidenden Schritt in Richtung Spätwerk tut? Bei jemandem von seinem Format könnte das noch vielversprechend sein.

Counting Crows: „Butter Miracle Suite One“. BMG Rights. Als MP3, ab 11. Juni auf Vinyl.

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