Nachrichten

#Blues ohne Notausgang

Blues ohne Notausgang

So leicht entrinnt man den Marktgesetzen nicht. Selbst ein Etikett abzulehnen schützt nicht vor Etikettierung. Auch der Gitarrist James „Blood“ Ulmer musste diese Erfahrung machen. Nachdem er mit dem Music Revelation Ensemble 1980 das grandios chaotische Jazzalbum „No Wave“ veröffentlichte, musste er sich gefallen lassen, zur Welle der Nicht-Welle gezählt zu werden, die ein paar Jahre zuvor als ironisch-bissige Gegenbewegung zur musikalisch sanft dahinsäuselnden New Wave entstanden war.

Es hätte schlimmer für ihn kommen können. Denn irgendwie passt die Offenheit der Kennzeichnung doch ganz gut zum stilistischen Sammelsurium, aus dem der immer auch ein wenig wie ein Mystiker aus dem tiefen Süden der Vereinigten Staaten auftretende Musiker sich bedient.

Gospel, Blues, Rhythm & Blues, Bebop, Free Jazz, Soul, Funk, Rock – alles blitzt auf, wenn Ulmer mit einer altmodischen Daumentechnik seine unorthodox gestimmte E-Gitarre anreißt, dazu singt und dabei klingt, als wolle er instrumental Kenny Burrell mit Jimi Hendrix und Chuck Berry und vokal James Brown mit Aretha Franklin und Lightnin’ Hopkins aussöhnen. Unter den vielen E-Gitarristen im Grenzbereich von Jazz, Blues und Funk – „Free Funk“ ist ein weiteres Etikett, das man seinem Spiel verpasst hat – gehört er sicherlich zu den originellsten. Vor allem auch zu denjenigen mit einem charakteristischen Sound, den man sonst von keinem der großen Stilisten auf dem Instrument zu hören bekommt.

Bei seiner ersten Aufnahme „Revealing“, die er mit dem Saxophonisten George Adams, dem Bassisten Cecil McBee und dem Schlagzeuger Doug Hammond unter eigenem Namen 1977 herausbrachte, klingt er noch so, wie man es von einem Eingeweihten in die Geheimnisse der Harmolodics von Ornette Coleman erwartet: avantgardistische Jazzphrasierung jenseits funktionaler Akkordfortschreitungen. Die Aufnahmen, die danach entstanden, etwa „Tales of Captain Black“, Are You Glad to Be in America?“, „No Escape from the Blues“ oder die ungeheuerlichen Mitschnitte aus der New Yorker Knitting Factory der neunziger Jahre, zeigen einen Dämon an der Gitarre. Alles klingt spitz, scharf, schneidend, kantig, klirrend, dröhnend. Ein aberwitziges Staccato, Splitterklänge, Funkrhythmen türmen sich da bei Songs wie „Let Me Take You Home“ und „House on Fire“ oder bei seinen Soloauftritten in Skopje 2015 vor den Hörern auf, denen man nicht verdenken könnte, wenn sie da schon einmal prophylaktisch den Löschzug anfordern.

In solchen Momenten hat der Gigant Ulmer keine Konkurrenz. Da demonstriert er auch, was die Jugendmusikschule eines Gospelchors in South Carolina, der messerscharfe Drill in Funkbands von Detroit und die Meisterklasse an der Universität von Ornette Coleman in New York wert waren. Den Blues hat er in seiner Community sowieso gratis bekommen. Den Blues wohlgemerkt. Nicht das zwölftaktige Bluesschema. Heute wird James „Blood“ Ulmer achtzig Jahre alt.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!