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#Boulevard, vornehm

Boulevard, vornehm

Der ehemalige Justiziar des Zweiten Deutschen Fernsehens ist am Freitag im Alter von 87 Jahren verstorben. Welcher Justiziar? Der, den Generationen von Fernsehzuschauern in den achtziger, neunziger und frühen zweitausender Jahren in seiner zweiten, prägenden Rolle kennen- und schätzengelernt haben: Alfred Biolek, der Menschenversteher und Pionier des Bildschirmparlandos, ist tot.

Michael Hanfeld

verantwortlicher Redakteur für Feuilleton Online und „Medien“.

Wer ihn in Erinnerung hat, kann sich vorstellen, dass dieser Alfred Franz Maria Biolek, geboren am 10. Juli 1934 im tschechischen Freistadt, nach dem Zweiten Weltkrieg mit seiner Familie übergesiedelt nach Waiblingen bei Stuttgart, zwar auch ein Prädikatsjurist gewesen ist, der als wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für ausländisches und privates Recht in Freiburg wirkte, mit einer Arbeit zur „Schadensersatzpflicht des Herstellers mangelhafter Ware nach englischem Recht“ promovierte, kurz in die Kanzlei seines Vaters eintrat und dann beim ZDF eine Anstellung fand. Auf seine Neigung und sein großes Talent deutete jedoch schon früh seine studentische Nebenbeschäftigung – das Kabarett „Das trojanische Pferd“, das er mit Kommilitonen in Freiburg gründete.

Den Wechsel von einem ins andere Fach vollzog Biolek vollständig in den siebziger Jahren, zuerst als Produzent der Show „Am laufenden Band“ mit Rudi Carrell, dann mit seinen eigenen Sendungen, „Bio’s Bahnhof“, „Boulevard Bio“ und „alfredissimo!“. Im WDR und im ersten Programm der ARD wurde er omnipräsent. Er zeichnete den bis heute anhaltenden Boom der Talk- und Kochshows vor, wobei sein Markenzeichen darin bestand, sich wirklich für seine Gäste zu interessieren. Er hörte zu, wollte Prominente als Privatmenschen kennenlernen, ohne das Privateste hervorzukehren.

Alfred Biolek, früherer Fernsehmoderator und Talkmaster, ist in Köln im Alter von 87 Jahren gestorben.



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Alfred Biolek gestorben
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Eine der letzten großen TV-Legenden

Sein „Boulevard“ war einer mit Maß, Vornehmheit und Zurückhaltung, ohne Sensationsgier und Bloßstellung. Das trug Biolek zwischenzeitlich herbe Kritik ein, etwa als er 1996 den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl zu Gast hatte und nicht eine kritische Frage los wurde. Das freilich hatte Biolek gar nicht vor. Dass ihn Rosa von Praunheim in einer RTL-Sendung Anfang der Neunziger outete, missfiel dem im Grunde scheuen Biolek zunächst sehr. Später erkannte er, dass dies nicht von Schaden war, nicht für ihn persönlich und nicht für ihn in seiner öffentlichen Rolle, in der er dazu beitrug, Schwulsein als das selbstverständliche Menschsein anzusehen, das es ist. Vor dreißig Jahren war die Botschaft in der bundesdeutschen Öffentlichkeit noch nicht bei allen angekommen.

„Er war nicht nur ein begnadeter Talkmaster, sondern auch Ideengeber, Entdecker, Förderer und äußerst kreativ“, sagte der Intendant des WDR, Tom Buhrow, zu Alfred Bioleks Tod. „Sein Interesse galt den Menschen, der Kunst, Kultur und der anspruchsvollen Unterhaltung.“ Er habe Künstler in seine Sendungen eingeladen, die bis dahin in Deutschland nahezu unbekannt gewesen und dann auch hier Stars geworden seien, etwa Kate Bush oder Paolo Conte. „Nicht zu vergessen, auch Monty Python hat er für uns entdeckt,“ sagte Buhrow. Der WDR könne sich über die Zusammenarbeit mit Biolek glücklich schätzen.

Für seine Art, dem Medienbetrieb eine menschliche Seite abzuringen, die unterschiedlichsten Charaktere zusammenzubringen und alle auf gleiche Weise zugewandt für sich und das Publikum einzunehmen, wurde Alfred Biolek im Laufe der Jahre verdiente Würdigung zuteil, vom Grimme-Preis übers Bundesverdienstkreuz bis zum Deutschen Fernsehpreis, den er 2009 für sein Lebenswerk erhielt. Keine Rede mehr von „Schadensersatzpflicht“ bei „mangelhafter Ware“.

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