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Braucht Deutschland einen Raumfahrtminister?

Anhand der verschiedenen Bezeichnungen für das mit Wissenschaft befasste Bundesministerium ließe sich eine ganze Geschichte des Interesses der bundesdeutschen Politik an diesem Sektor erzählen. Die Behörde begann 1955 als „Bundesministerium für Atomfragen“, war von 1962 bis 1994 „für wissenschaftliche Forschung“ zuständig und bekam 1969 noch die Bildung dazu. Von 1972 bis 1994 gab es für „Bildung und Wissenschaft“ sowie „Forschung und Technologie“ zwei getrennte Ministerien.

Diese Historie ist hilfreich, um nicht allzu satirisch oder sonstwie ungnädig auf die Nachricht zu reagieren, ein Mitglied des neuen Bundeskabinetts werde einer Behörde vorstehen, die „Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt“ heißen soll.

Natürlich, im Moment hat der Weltraum Konjunktur wie seit den frühen 1960er Jahren nicht mehr und im Unterschied zu damals ist das einschlägige Kow-How nicht nur „Zukunfts-“, sondern tatsächlich „Schlüsseltechnologie“. Der aktuelle Boom wurde im Wesentlichen von jemandem ausgelöst, dessen Image im Augenblick reichlich lädiert ist. Aber immerhin hat Elon Musk mit seiner teilweise wiederverwendbaren Rakete Falcon 9 und dem „Starlink“-Projekt einer globalen Internetversorgung aus dem All den Sektor gründlich in Schwung gebracht. Die Ambitionen Chinas taten ein Übriges.

Keine Frage also, auch Deutschland sollte hier den Anschluss nicht verpassen. Danach sieht es im Augenblick auch gar nicht aus. Mit den Unternehmen Isar Aerospace und Rocket Factory Augsburg gibt es gleich zwei junge Unternehmen mit zukunftsfähigen Konzepten für leichte Trägerraketen, die in Freistaat Bayern ansässig sind. Dessen Landesvater steckt offenbar auch hinter der Idee für den neuen Ministeriumsnamen. Ein drittes Raketen-Start-Up, die HyImpulse GmbH im Baden-Württembergischen Neuenstadt am Kocher, ist eine Ausgründung eines Zentrums der deutschen Raumfahrtbehörde DLR.

Diese deutschen Raumfahrtpflänzchen sollten aber nicht davon ablenken, wo die wahren Herausforderungen liegen: Bei den Schwerlastraketen für große, öffentlich finanzierte Forschung- und Aufklärungssatelliten sowie für ganze Satellitensysteme, insbesondere einem, das eine Alternative zu Starlink bieten kann. Aber auch hier ist Deutschland bisher nicht schlecht aufgestellt, ganz ohne nominellen Kabinettsrang für Raumfahrt – weil in diesem Bereich seit Jahrzehnten konsequent europäisch gedacht und gehandelt wird.

Es gibt eine europäische Raumfahrtindustrie, mit mehreren Standorten in Deutschland, und in Französisch Guayana verfügt Europa über das für viele Missionen weltweit am günstigsten gelegene Raketenstartgelände. Die europäische Raumfahrt gilt es zu stärken und ihre Effizienz zu erhöhen. Dies sollte weiterhin die Maxime der deutschen Raumfahrtpolitik bleiben. Dazu muss man kein nationales Ministerium umbenennen.

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