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#Brisante Aufgabe für Joachim Nagel

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Brisante Aufgabe für Joachim Nagel

Die Feier zum Wechsel im Amt des Präsidenten der Deutschen Bundesbank hat zu einem aus geldpolitischer Sicht sehr spannenden Zeitpunkt stattgefunden. Denn zeitgleich mit der Amtsübergabe von Jens Weidmann zu Joachim Nagel in der Bundesbank brach in der nur wenige Kilometer Luftlinie entfernten Zentrale der Europäischen Zentralbank (EZB) der Konflikt um die richtige Einschätzung der gegenwärtigen Inflationsgefahren offen aus.

Am vergangenen Wochenende hatte Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel betont, eine forcierte Verwendung grüner Energie bringe das Risiko einer höheren Inflationsrate mit sich. Die Geldpolitik könne es sich nicht leisten, über höhere Energiepreise hinwegzusehen, wenn diese ein Risiko für die mittelfristige Preisstabilität darstellten, sagte Schnabel. Damit stünde die Möglichkeit einer früheren Straffung der Geldpolitik als bisher erwartet im Raum.

Diese Einschätzung widerspricht allerdings der von dem für Volkswirtschaft zuständigen Direktoriumsmitglied Philip Lane wesentlich geprägten offiziellen Linie der EZB, die für das Jahr 2022 aus heutiger Sicht eine Reduzierung, aber keine Einstellung der Anleihekäufe erwartet sowie eine Leitzinserhöhung ausschließt. In einem aktuellen Interview mit der italienischen Tageszeitung „Il Sole 24 Ore“ bekräftigte Lane seine Position: „Wir sehen kein Verhalten, das darauf hindeutet, dass die Inflation mittelfristig über unserem Ziel bleiben wird. Wir wussten, dass wir Ende 2021 eine Konzentration des Preisdrucks haben würden, vor allem wegen des starken Anstiegs der Energiepreise. Aber das Narrativ bleibt unverändert.“

Den Inflationsschub unterschätzt

Lane ist ein sehr mächtiger Mann in der EZB – und in der Fachwelt durchaus ein respektierter Ökonom. Er verkörpert das lange Zeit herrschende Denken, nach dem die mittelfristige Inflation stark von Erwartungen künftiger Inflationsraten an Finanzmärkten und in Unternehmen sowie von der Entwicklung des Arbeitsmarkts abhängt. Steigende Preise für Energie oder Verteuerungen wegen gestörter Lieferketten werden überwiegend als vorübergehend gedeutet. Für Lane ist weniger die aktuelle Inflationsrate wichtig, sondern Messungen, nach denen für die Jahre 2023 und 2024 an den Finanzmärkten leicht unter dem EZB-Ziel von zwei Prozent liegende Inflationsraten erwartet werden.

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Diese Art, Geldpolitik zu denken, mag in ruhigen Zeiten gut begründbar sein. Implizit liegt ihm die Annahme zugrunde, die Welt werde nach der Überwindung der Pandemie wieder in alte gesamtwirtschaftliche Muster zurückfallen. Aber das ist höchst unsicher. Der von Schnabel thematisierte Beitrag aktiver Klimapolitik für die Geldentwertung könnte ebenso eine geldpolitische Koordinatenverschiebung mit sich bringen wie die absehbare Verknappung qualifizierter Arbeitskräfte durch den Eintritt der Babyboomer in den Ruhestand und Überlegungen vieler Unternehmen, der Globalisierung weniger zu vertrauen und Produktionen auch dann in Heimatregionen zurück zu verlagern, wenn sie dort teurer werden.

Auch die Idee, mehrere Jahre in der Zukunft liegende Inflationserwartungen als Richtschnur für die Geldpolitik zu verwenden, stammt aus Lehrbüchern, die in anderen Zeiten geschrieben wurden. Wie viele andere Institutionen hatte die EZB den aktuellen Inflationsschub völlig unterschätzt.

Joachim Nagel wird als neuer Präsident der Bundesbank im Zentralbankrat der EZB über die künftige Geldpolitik mitbestimmen. Entgegen einem verbreiteten Missverständnis zieht Nagel nicht als offizieller Vertreter Deutschlands, sondern als formell unabhängiger Experte für Geldpolitik in den Rat ein, und wie seine Vorgänger will er sich daher sein eigenes geldpolitisches Urteil bilden. Aber natürlich trägt Nagel als langjähriger Mitarbeiter der Bundesbank deren Überzeugungen in sich.

Dazu gehört, sich der Beunruhigung vieler Menschen über die Inflation bewusst zu sein. Mit der Feststellung, die Inflation könne länger auf einem erhöhten Niveau bleiben als bisher erwartet und die EZB müsse daher auf der Hut sein, bezog Nagel sicherlich nicht zufällig Positionen, die ihn in einer Tradition mit seinem Vorgänger Jens Weidmann stellen.

Auch sein Eintreten für eine enge Auslegung des Mandats der EZB und seine Forderung an die Finanzpolitik, dass hohe Schuldenquoten zurückgeführt werden müssten, sind aus der Bundesbank lange bekannt. Mit der Rückkehr der Inflation besteht die Aussicht, dass Nagel einen nachhaltigeren Einfluss auf die europäische Geldpolitik nehmen kann, als es seinem Vorgänger Weidmann beschieden war.

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