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#Bruce Springsteen setzt auf das Wesentliche




Kein Konzert-Marathon mehr und keine Wunderkiste: Dafür folgen Bruce Springsteen und die E-Street-Band einer mitreißenden Dramaturgie im Olympiastadion in München.

Lange genug gewartet. Um genau zu sein: sieben Jahre. Also bitte keine Minute länger. Überpünktlich kommen der Boss und seine Band auf die Bühne im ausverkauften Olympiastadion. Um 19 Uhr ist er angekündigt, um 18.55 Uhr greift Bruce Springsteen schon in die Saiten. Es sind noch gar nicht alle Fans eingetroffen, da setzen Springsteen und seine E-Street-Band schon einmal einen der Grundtöne – one, two, three, four. „No Surrender“ knallt es durchs Rund und das Stadion vibriert.

Als Springsteen das letzte Mal in München auftrat, es war 2016, konnte niemand sicher sein, was er da spielte. Jedes Konzert der Tournee war anders, in München gab es damals zum Beispiel das komplette „Born In The USA“ Album zu hören. Dazu noch 25 weitere Songs. Es war ein dreieinhalbstündiges Überlänge-Spektakel, Marathon-Musiker gingen mit sich und dem Publikum ans Limit. 

Es gibt auch im Olympiastadion ein festes Set aus Songs

Das hat sich bei dieser Tournee geändert. Es gibt ein festes Set, ein Gerüst aus 19 Songs und sechs Zugaben, die aufeinander aufbauen, oft nahtlos ineinander übergehen. Gespielt wird ein bisschen mehr als zweieinhalb Stunden. Anstrengend genug, wenn Bruce Springsteen und einige seiner Mitstreiter von der E-Street-Band die 70 gerissen haben. Dafür gibt es nun eine Dramaturgie, einen roten Faden, eine Idee. Ein bisschen was davon steckt schon in „No Surrender“, wo es heißt, dass wir mehr von einem Drei-Minuten-Song gelernt haben als in der ganzen Schulzeit. Die Rock-Songs wissen etwas vom Leben, das Schulbücher und Lehrer einem nicht vermitteln können. 

Während das Publikum beim zweiten Song „Ghosts“ geschlossen mitklatscht, geht’s verborgen unter dem Drive und Tempo an den Kern: Da singen und spielen diejenigen, die noch da sind, noch leben. Sie feiern nicht nur den Augenblick, sondern erinnern sich auch an die anderen, die sie in ihren Herzen tragen.

Ein bisschen später kann „Letter To You“ wie das Vermächtnis des Songschreibers verstanden werden. All sein Glück, all sein Schmerz stecken in den Briefen, genau daraus schöpfen die Springsteen-Songs ja auch ihre Kraft. An der Oberfläche türmen sich Brecher auf, die alles in ihrem unwiderstehlichen Rhythmus mitreißen. Hört man ihnen bloß zu, möchte man manchmal gar nicht mehr tanzen, weil es da auch um den Schiffbruch im Leben geht.

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Die Verbindung zum Publikum wirkt innig

Daraus bezieht das alles seine Magie. Und die Verbindung zum Publikum, eher älter, aber nicht nur, wirkt innig. Ein Mädchen bekommt Springsteens Harmonika geschenkt. Für Sekunden schimmert reines Glück über die Monitore, als die Kamera ihr Gesicht in Großaufnahme zeigt. 

Der Sturm, den Springsteen und die Band heraufbeschwören, wird immer stärker. Keine Ansagen, die zum Luftholen genutzt werden können. „Out In The Street“, „Darlington County“, „Kitty’s Back“. Dann wird das Tempo endlich einmal verschleppt und die E-Street-Band klingt plötzlich wie eine Bigband, spielt mit Jazz-Motiven, tobt sich in einem Gitarrengewitter aus, vertreibt die dunklen Wolken mit den Bläsern. 

Bruce Springsteen erzählt von seiner ersten Band

Bei „Nightshift“ spürt man Gospel-Momente und der Applaus danach wird das erste Mal ausgekostet. Eine atemlose Stunde ist vorbei. Wenn das Publikum mitklatscht, klingt das Schlagzeug leise. Alle machen mit. Wenn es an dem Abend etwas zu mäkeln gibt, dann am Sound. In den oberen Rängen des Stadions kommt es zu Verzögerungen und damit einhergehend Klangbrei, vor allem wenn es lauter wird. Weniger Hall auf der Stimme hätte auch mehr Verständlichkeit mit sich gebracht. Dafür sind Gitarren von Nils Lofgren und Stevie Van Zandt und das Saxofon von Jake Clemons klar zu hören.

Als niemand mehr glaubt, dass Bruce Springsteen doch noch einmal mit dem Publikum sprechen wird, macht er es. Er erzählt von seiner ersten Rock ’n‘ Roll Band, den Castiles, damals war er 15 Jahre alt. Drei Jahre gab es die Band, eine Ewigkeit in dem Alter. Und dann das: Vor fünf Jahren besuchte Springsteen George Theiss, den Bandleader von damals, auf seinem Totenbett. Er erzählt im Stadion, wie er realisierte, das letzte lebende Bandmitglied der Castiles zu sein. Ein Moment, der ihn das Leben noch einmal neu denken ließ, ein Moment, der Auftrag war, nämlich gut zu denen zu sein, die man liebt. 

Bei „Last Man Standing“ hält das Stadion inne. Der Kontrapunkt zur Ekstase ist gesetzt. Bei Springsteen gibt‘s das Glück nur gemeinsam mit dem Schmerz und Leid. Im anschließenden „Backstreets“ kann man selbst erst einmal den Gedanken nachhängen, wie viele Jahre das her ist, als das jüngere Selbst diesen Song gehört hat, damals als die Nächte nicht lang genug sein konnten.

Von da an wird wieder Spannung fürs Finale aufgebaut, „Because The Night“, sein später Klassiker „Wrecking Ball“ und „Badlands“, dieser Stadionbrecher, der das Publikum zu einem gewaltigen Chor vereint. Die Band verbeugt sich, Springsteen schnauft tief durch. Das Stadion singt einfach weiter.

Zum Zugabenblock wird das Flutlicht angeschaltet

Es folgt der üppige Zugabenblock. Das Flutlicht wird angeschaltet, das Stadion ist taghell, alle sehen sich. Es geht noch mehr: „Born To Run“. Die auf der Bühne haben Spaß, die im Stadion auch. Ein Meer aus Armen, Freude, Glück. „Glory Days“, oh ja, diesen wird man sich einrahmen. „Dancing In The Dark“, wie passend. Dann reißt sich Springsteen das Hemd auf, schwingt sich in Rockstar-Pose, alles steht Kopf. Und schaut er da für Momente nicht zehn oder 20 Jahre jünger aus, nicht mehr wie 73, sondern wie 53?

Dann gibt‘s da noch einmal einen Ausflug in die Vergangenheit – auf den Bildschirmen. Bei „Tenth Avenue Freeze-Out“ werden Bilder von Danny Federici und dem Saxofonisten Clarence Clemons gezeigt, die beiden gestorbenen Mitglieder der E-Street-Band. Man sieht einen jüngeren Springsteen gemeinsam mit den anderen beiden, Konzertmitschnitte von einst. 

Dann endet es ruhig und nachdenklich: Bruce Springsteen verabschiedet die Band und kommt dann noch einmal allein zurück: Nur er, die Akustische und eine Harmonika. In „I‘ll See You In My Dreams“ singt er leise davon, dass der Tod nicht das Ende ist. Langer Applaus im Stadion. 

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