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#Hör auf die Glocken, Wolf!

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Hör auf die Glocken, Wolf!

Dem Dokumentarfilm stehen heute so viele technische Möglichkeiten zur Verfügung wie nie zuvor. Lisa Eder, Jahrgang 1966, aufgewachsen im hintersten Winkel des Bayerischen Waldes, in Mauth, hat als Dokumentarfilmerin in vielen Nationalparks der Erde gedreht. Diese Erfahrung macht sie sich auch bei ihrer Rückkehr in die Heimat zunutze. Ihr eineinhalbstündiger Film „Der wilde Wald“ schwelgt in Luftaufnahmen, cinemascopischen Weitwinkelperspektiven, Vollmond-Nachtaufnahmen, mikroskopischen Blicken auf Käferlarven, Unterwasserbildern von Bibern, Zeitlupen von Hornissen und Schmetterlingen – und schaut dem heranschnürenden Wolf tief in die Augen. Die dem Tierfilm eigenen Bilder vom Fressen und Gefressenwerden sind selten, der epische Kampf Borkenkäfer gegen Fichten kommt allerdings nicht zu kurz.

Die Überwältigung durch die beeindruckenden Bilder ist das eine, das andere sind erprobte Zutaten wie Archivaufnahmen, Interviews in Büros und an Originalschauplätzen, der Monolog des Fotografen Bastian Kalous, der sich bei der Walddurchquerung selbst als Motiv in Szene setzt. Als Waldläufer streift er durch die Wildnis und philosophiert über sein Leben als Naturbursche. Eröffnet wird dieser Reigen von der im Nationalpark forschenden amerikanischen Ökologin und Waldentomologin Diana L.Six mit Betrachtungen über unser Verhältnis zur Natur – so beginnt der Film in Englisch, weitere Fremdsprachen sind Tschechisch und Hochdeutsch, der Rest ist Bairisch mit Untertiteln.

Der Nationalpark im Herzen Mitteleuropas ist, was seine Bedeutung als Forschungsgelände angeht, sehr viel größer, als es die unmittelbaren Nachbarn oft wahrhaben wollen. Die hadern mit Sturmschäden aus den achtziger Jahren und der Borkenkäferplage in den Neunzigern, die aus dem Wald eine apokalyptische Stangenlandschaft gemacht haben.

Homo lupo lupus: Die Bilder vom Wolfsaustreiben in Bodenmais zeigen, wie stark die Angst vor und der Jagdtrieb gegenüber dem Wolf bis heute sind, auch wenn dieses Brauchtum aus der Zeit der Hirten atavistisch anmuten mag. Mit riesigen Glocken vor dem Leib, angetrieben vom Peitschenknallen, marschieren Dutzende Männer im stampfenden Rhythmus durchs Dorf, um dem wieder zugewanderten Wolf zu zeigen, wer Herr im Haus ist. Es müsse doch einen Sinn gehabt haben, dass unsere Vorfahren den Wolf ausgerottet hätten vor mehr als hundert Jahren, sagt ein Einheimischer.

Und so hat auch das Verhältnis zum 1970 gegründeten Nationalpark lange gebraucht, um in besonnenere Bahnen zu gelangen. Der Widerstand gegen die Haltung der Parkgründer – die Natur sich selbst zu überlassen – war massiv; er eskalierte, als der Borkenkäfer den angeschlagenen Fichtenwäldern zusetzte. Heute weiß man, wie schnell aus vermeintlich totem Holz ein neuer, anders zusammengesetzter Wald entsteht. Verjüngung heißt eines der Zauberworte dieses Films, ein anderes Biodiversität.

Bilderbuchförster im Nationalpark

Ein bisschen weniger Impression und mehr Fakten hätten gelegentlich nicht geschadet. Immerhin zeigt er am Beispiel eines mittlerweile mit dem Bayerischen Staatspreis ausgezeichneten Bilderbuchförsters, dass der Umgang mit dem benachbarten Nutzwald an manchen Stellen vom Nationalpark beeinflusst wird: Sein Wald komme ihm vor wie von Kindern und Jugendlichen bestanden, wenn er sich die Baumriesen des Parks ansehe, so Peter Langhammer. Um die ursprüngliche Tierpopulation zu komplettieren, fehlen heute noch Braunbär und Wisent. Ein stark bejagtes Tier kommt seltsamerweise gar nicht vor – das Wildschwein.

Nur ein Prozent der Fläche der Europäischen Union ist unbeeinflusst vom Menschen. Die Wildnis im Bayerischen Wald kann sich auf gut 24.000 Hektar ausbreiten, das entspricht ziemlich genau der Fläche der Stadt Frankfurt am Main. Eine Winzigkeit auf der Landkarte. Sie wolle der Natur eine Stimme geben, weil diese keine habe, hat die Regisseurin zu Protokoll gegeben. Ihr Film zeigt eigentlich das Gegenteil: Die Natur spricht sehr wohl, vielleicht verstehen wir nur ihre Sprache noch längst nicht so gut, wie wir denken. „Der wilde Wald“ geht jetzt auf Sommertour durchs Land, nächste Station ist am 16. Juli in Köln, regulär in die Kinos soll der Film am 7. Oktober kommen. Nicht nur wer von Klimawandel spricht, sollte ihn sich ansehen.

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