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#Bücher von Frauen für alle

Bücher von Frauen für alle

Frau Betka, Frau Hage, das Motto des Ecco Verlags lautet „Was wir lesen wollen“. Sie wollen ausschließlich Frauen lesen. Warum? 

Kathrin Betka: Der Literaturkanon ist immer noch sehr männlich geprägt. Auch bei uns standen früher eher Bücher von Autoren im Regal. Das hat sich allerdings inzwischen geändert. Wir wollen Autorinnen die Aufmerksamkeit und den Raum geben, die sie verdienen, aber aus unserer Sicht bislang nicht ausreichend bekommen haben.  

Warum halten Sie diese gezielte Förderung von Autorinnen in der Literaturbranche für nötig? 

Laura Hage: Weil es eben immer noch so ist, dass Autoren mehr Aufmerksamkeit bekommen als Autorinnen, ob nun bei der Vergabe von Literaturpreisen, in Rezensionen oder im Buchhandel. Es sind tiefliegende Muster, die sich über Jahre hinweg so verankert haben und nur schwer aufzubrechen sind. Uns geht es um Aufmerksamkeit, Bewusstsein, Loyalität. Frauen unterstützen Frauen. 

Bei Ihnen arbeiten nur Frauen. Nun ließe sich kritisieren, dass Ihr Verlagskonzept Menschen ausschließt – nämlich Männer.

Betka: Wir waren auf genau diese Kritik vorbereitet. Aber sie wurde seltener als erwartet geäußert. Für uns ist das ein Zeichen dafür, wie notwendig und zeitgemäß diese Herangehensweise ist. Hin und wieder erreicht uns die Frage, ob wir Bücher von Frauen für Frauen verlegen. Wir wollen aber Bücher von Frauen für alle machen.  

Der Lesermarkt ist eigentlich sehr weiblich. Frauen lesen und kaufen mehr Bücher als Männer. Sie versuchen sich aber seltener als Autorinnen. Fehlen ihnen die Vorbilder? 

Hage: Eigentlich nicht, denn es gibt viele großartige Autorinnen und auch sehr viele schreibende Frauen. Wir wollen ihnen nun die Bühne bieten, die sie noch nicht bekommen haben. Wir wollen die Vorbilder sichtbarer machen.   

Unterscheidet sich Literatur von Männern und Frauen überhaupt grundsätzlich? 

Hage: Nicht pauschal in den Schreibweisen. Da geht es eher um die Themenschwerpunkte. Im Roman „Was wir wollen“ von Meg Mason aus unserem ersten Programm geht es um eine Frau, die sich mit der Kinderfrage beschäftigt und mit den damit zusammenhängenden Ängsten, Erwartungen und Klischees auseinandersetzt. Das hätte ein Mann in dieser Intensität und Emotionalität aus unserer Sicht nicht schreiben können.   

Wie wichtig ist die Präsentation Ihrer Bücher? Wir alle kennen diese klischeehaften Covergestaltungen … 

Betka: Sehr wichtig. Ein Cover ist das, was man zuerst wahrnimmt, wenn man den Buchladen betritt. Erst wenn das Buch Interesse erweckt, nimmt man es ja in die Hand. Wir wollten ein einheitliches Gestaltungskonzept mit hohem Wiedererkennungswert finden, bei dem  jedes Buch seinen eigenen starken Auftritt bekommt. Wir wollten wertig, modern und zeitlos sein. 

Und wie sieht Ihre Kundschaft nun gerade aus?  

Betka: Bunt gemischt. Wir wollen breit aufgestellt sein. Und wünschen uns jetzt natürlich noch mehr männliche Leser!  

Das Verhältnis von Männern und Frauen ist im Sachbuch-Genre und bei den Krimis noch unausgewogener als in anderen Genres. Sie verlegen dennoch nur Belletristik. 

Hage: Das hat vor allem etwas mit der Abgrenzung zu den anderen Programmen unserer Verlagsgruppe zu tun. Wir sind aber auch der Meinung, dass man sich allen Themen belletristisch nähern kann.

Sie hängen unter dem Dach der Verlagsgruppe HarperCollins. Wie autark sind Sie überhaupt? 

Betka: Ecco ist ein Teil der Verlagsgruppe, aber wir als Team agieren selbständig. Wir fünf entscheiden, welche Titel wir machen, wie wir sie vermarkten und wie sie aussehen.  

Hage: Wir profitieren aber auch von dem großen Verlag im Rücken. „Blond“ von Joyce Carol Oates etwa ist vor 20 Jahren bei unserem Namensgeber der Ecco Press erschienen. Dass wir diesen Roman in unserem Startprogramm verlegen konnten, war ein Geschenk für uns, denn dieser Roman zeigt, was wir verlegen wollen: einen weiblichen Blickwinkel auf die Welt. Oates stellt Marylin Monroe aus einer ganz eigenen, neuen Perspektive vor.

Gibt es Pläne, Ihr Programm in Schulen und damit auch jungen Männern nahe zu bringen?  

Betka: Das ist sicherlich eine Idee. Je früher man sich neuen Sichtweisen nähert, desto besser. Dafür müssten wir unser Programm aber vielleicht noch etwas weiterentwickeln. Einem Fünftklässler Joyce Carol Oates in die Hand zu drücken, ist vielleicht keine so gute Idee (lacht).  

Sie beide haben vorher in gemischtgeschlechtlichen Teams gearbeitet. Was hat sich jetzt verändert?  

Hage: Ich würde schon behaupten, dass die weibliche Intuition uns die Arbeit etwas erleichtert. Wir funktionieren im Team einfach sehr gut. Das liegt aber vor allem daran, dass wir das Gleiche wollen und uns Literatur begeistert. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang unsere Arbeitsweise: Wir entscheiden gemeinsam und gleichberechtigt.

Wenn die Bücherregale irgendwann etwa ausgewogen mit Frauen und Männern bestückt sind, werden Sie dann auch Männer in Ihr Programm aufzunehmen? 

Hage: Das ist  eine sehr optimistische Perspektive! Aber wir werden bei unserem Konzept bleiben. Wir glauben, dass es, auch wenn irgendwann eine ausgeglichene Situation erreicht ist, immer noch ausreichend weibliche Stimmen geben wird, die entdeckt werden sollen.  

Betka: Unsere Autorin Bianca Nawrath hat es so ausgedrückt: „Die Tür ist aufgestoßen und wir haben derbe Bock, da durch zu gehen.“

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