Wissenschaft

#Einwanderer aus dem Randbereich

„Einwanderer aus dem Randbereich

Der Asteroid Ryugu hat neue Geheimnisse preisgegeben: Der eckige Brocken, der in der irdischen Nachbarschaft seine Kreise um die Sonne zieht, stammt wahrscheinlich ursprünglich vom Rand unseres Sonnensystems, berichten Astronomen. Dies geht aus Isotopen-Signaturen in Probematerial hervor, das die Sonde Hayabusa 2 geliefert hat. Das ungewöhnliche Verhältnis verschiedener Eisenisotope im Gestein von Ryugu deutet dabei auf eine enge Verwandtschaft mit einer seltenen Meteoritenklasse hin, die ebenfalls dem äußeren Sonnensystem zugeordnet wird. Es handelt sich demnach um spannende Überbleibsel der frühen Körper, die sich vor Urzeiten am Rand des Sonnensystems gebildet haben, sagen die Forscher.

Die kleinen Himmelskörper unseres Sonnensystems gelten als astronomische Geheimnisträger. Denn viele bestehen noch aus dem urtümlichem Material, aus dem sich einst die Himmelskörper des Sonnensystems gebildet haben. Um Einblicke in ihre Merkmale zu gewinnen, waren Wissenschaftler lange auf Untersuchungen der Brocken angewiesen, die natürlicherweise auf die Erdoberfläche gestürzt sind: Meteorite. Doch das hat sich mittlerweile geändert: Am 5. Dezember 2020 landete in Australien eine Probenkapsel mit etwa fünf Gramm Gestein des Asteroiden Ryugu. Die wissenschaftliche Post stammte von der japanischen Raumsonde Hayabusa 2, die das Probematerial zuvor von dem Asteroiden Ryugu eingesammelt hatte.

Es handelt sich dabei um einen etwa einen Kilometer großen Himmelskörper, dessen Form an eine abgerundete Doppelpyramide erinnert. Ryugu umkreist die Sonne ähnlich eng wie die Erde und kommt uns zeitweilig so nahe, dass der Sonden-Besuch sowie eine Rücksendung von Gesteinsproben möglich wurde. Nur in irdischen Labors sind Untersuchungen möglich, die genauere Einblicke in die Zusammensetzung, Beschaffenheit, Herkunft und Entwicklung des kosmischen Brockens geben können. Das kostbare Material wurde mittlerweile schon verschiedenen Untersuchungen unterzogen. Sie bescheinigen der kohlenstoffreichen Substanz unter anderem eine körnige und lockere Struktur sowie einen Werdegang, bei dem über einen langen Zeitraum Mineralien mit Wasser reagierten. Außerdem wurde nachgewiesen, dass Ryugu Aminosäuren und andere komplexe organische Moleküle enthält.

Der Heimat auf der Spur

Nun sind die Wissenschaftler um Timo Hopp von der University of Chicago genauer der Frage nachgegangen, wo Ryugu einst entstanden sein könnte. Denn man geht davon aus, dass einige erdnahe Asteroiden Zugezogene aus weiter entfernten Bereichen des Sonnensystems sein könnten. Um Hinweise über den Ursprung von Ryugu zu erhalten, haben die Wissenschaftler nun Eisenisotope in den Proben untersucht. Als Isotope bezeichnet man Varianten eines Elements, die sich lediglich durch die Anzahl der Neutronen im Kern und damit in ihrem Gewicht unterscheiden. In frühen Untersuchungen hat sich abgezeichnet, dass die Isotope bestimmter Elemente in der frühen Bildungsphase des Sonnensystems ungleichmäßig verteilt waren. Das bedeutet: Je nachdem, wo ein Körper entstanden ist, bildete Material mit unterschiedlichen Isotopenverhältnissen seine Bausubstanz.

„Das Verhältnis bestimmter Eisenisotope zueinander ist ein hervorragender Marker, um einige Gruppen von Himmelskörpern nach ihren Entstehungsorten voneinander zu unterscheiden“, erklärt Co-Autor Thorsten Kleine vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen. Für ihre Studie verglichen die Forscher nun die Analyseergebnisse des Probematerials von Ryugu mit Resultaten von 13 verschiedenen Meteoriten, die unterschiedliche Gruppen repräsentieren. Die meisten von ihnen sind wie Ryugu kohlenstoffreich – es handelt sich um sogenannte kohlige Chondrite.

Wie sich zeigte, unterscheiden sich die Verhältnisse der Eisenisotope im Fall des Asteroiden Ryugu deutlich von denen der meisten untersuchten Meteoriten. Nur eine Sorte bildetet die Ausnahme: die CI-Chondriten, die nach dem tansanischen Fundort ihres bekanntesten Vertreters auch als Meteoriten vom Ivuna-Typ bezeichnet werden. „Es besteht eine auffällige Verwandtschaft zwischen dem Asteroiden Ryugu und den vergleichsweise seltenen Meteoriten der CI-Chondriten, die auch als Ivuna-Typ bezeichnet werden“, sagt Hopp. Die Ergebnisse passen dabei zu früheren Befunden sowie zu gerade parallel veröffentlichten Analyseergebnissen: Sie zeigen, dass es auch deutliche chemische und mineralogische Ähnlichkeiten zwischen dem Asteroiden Ryugu und Meteoriten vom Ivuna-Typ gibt.

Jenseits von Jupiter und Saturn

„Unsere Messungen belegen nun, dass Ryugu und Meteorite des Ivuna-Typs im selben Bereich des frühen Sonnensystems entstanden sind und dass dieser Bereich nicht mit dem Entstehungsort anderer kohliger Chondrite zusammenfällt“, sagt Hopp. Konkret zeichnet sich ihnen zufolge dabei eine größere Entfernung ab. Man geht grundlegend davon aus, dass die heute erdnahen Asteroiden einst aus dem Asteroidengürtel zwischen den Umlaufbahnen von Mars und Jupiter gekommen sind.

Doch in einigen Fällen war das nur eine Zwischenstation: Materielle Hinweise und Simulationen sprechen dafür, dass kohlige Chondrite weiter außen entstanden sind. Man vermutet, dass sie aus der Nähe der Entstehungsorte von Jupiter und Saturn stammen und anschließend durch die Gravitationskräfte der Planeten ins Innere des Sonnensystems gewirbelt wurden. Einige könnten vielleicht aber auch noch von weiter außen eingewandert sein – aus dem Einflussbereich von Uranus und Neptun. Genau das könnte den Untersuchungsergebnissen zufolge für die Himmelskörper im Visier der Forscher gelten. „Alles in allem spricht viel dafür, dass wir es mit Ryugu und den Meteoriten vom Ivuna-Typ mit Überbleibseln der frühen Körper zu tun haben, die sich am äußersten Rand des Sonnensystems gebildet haben“, sagt Co-Autor Andreas Pack von der Georg-August-Universität Göttingen.

Quelle: Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, Fachartikel: Scinece Advances, doi: 10.1126/sciadv.add8141

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Wissenschaft kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!