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#Deutscher Schuhpapst Fritz Unützer ist gestorben

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Fritz Unützer stand mit seinen Schuhen fest auf deutschem ­Boden – und war dafür überraschend häufig in der Weltgeschichte unterwegs. Es wäre vermutlich zu viel des Guten zu behaupten, dass dieser Mann den ­Deutschen Stil beigebracht hätte. Stil ­bewiesen sie dennoch, die angeblich ewigen Gesundheitslatschen- und Funktionsbekleidungsträger, indem sie ­Unützer-Schuhe trugen.

Jennifer Wiebking

Redakteurin im Ressort „Leben“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Die Sohle aus Leder, das Obermaterial aus Leder, gebügelt und gebürstet, so verließ jedes Paar der Münchner Marke die Fabrik. Besonders häufig handelte es sich um Ballerina-Schläppchen in fröhlichen Farben. Mit seinen Schuhen begann Fritz ­Unützer 1989, in einer Zeit, als es noch Sommer- und Wintergarderobe gab, mit Trends und Modefarben passend zu den Saisons und am Ende einem Schluss­verkauf.

Unützer kannte das System

Fritz Unützer kannte das System. ­Sein Vater hatte ein Modegeschäft an der Maximilianstraße, mit seinem Bruder folgte er ihm. Mit Schuhen war der junge Mann auf ­gutem Fuß, denn er studierte nicht nur Wirtschaft an der Insead in Paris, sondern arbeitete auch bei Church’s und John Lobb in Großbritannien.

Zufällig erfuhr er in den Achtzigern von einer zum Verkauf stehenden Schuhfabrik in Fossò, in der Nähe von Venedig, empfahl sie einem Bekannten, und als der in letzter Minute absprang, unterschrieb ­Unützer kurzerhand selbst – um in Italien Schuhe zu produzieren. Während also ­andere Unternehmen ihre Produktion in Billiglohnländer auslagerten, blieb er dem Mutterland der Handarbeit treu. Und ­belieferte aus Italien all die Eickhoffs, ­Ungers, Breuningers, Engelhorns – und die eigenen Geschäfte in München, Hamburg, Berlin und Venedig.

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Saison der schrägen Looks
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Nicht so ernst!
Bild: Walter Pierre

Italienisch brachte er sich mit Kassetten und Walkman bei. Mit der Zeit begann er, um das Fabrik­gelände herum Obstbäume zu züchten, Kirsche und Apfel, außerdem Kiwi-Pflanzen und Weinreben. Unützer, 1947 in München geboren, war angekommen in Italien und zugleich immer unterwegs. Eine typische Woche vor gut einem Jahrzehnt sah für den umtriebigen Unternehmer, der damals Mitte 60 war, noch so aus: zwei Tage am Hauptsitz in München, zwei Tage in der Fabrik in Fossò, drei Tage bei den drei jüngeren seiner insgesamt fünf Kinder in der Nähe von Brighton in Südengland, wo sie mit ihrer Mutter ­wegen der besseren Schulen lebten. In den folgenden Jahren wurde es stiller um die Marke. Der Anspruch auf Bequemlichkeit, Laufen wie auf Wolken anstatt auf Ledersohlen, setzte sich auch unter jenen Deutschen durch, die einen Sinn für Stil haben. Heute trägt alle Welt Fußbettsandalen und Sneaker – und ­immer seltener gebügelte und gebürstete Leder­schuhe. Und alle Welt kauft diese Schuhe immer seltener bei jenen Einzelhändlern, die Unützer seit Jahrzehnten ­beliefert.

„Er war der deutsche Schuhpapst“, sagt Manfred Müssig, der mit „M&W Mode“ seit mehr als 43 Jahren ein Mode­geschäft in Bad Soden unterhält und den Schuhunternehmer noch aus seiner Zeit als Einzelhändler kannte. „Ich bin Wanderarbeiter“, sagte Unützer selbst mal über sich in einem Interview mit dieser Zeitung in Fossò, in der einen Hand einen Espresso, in der anderen einen Biscotto. Er war damals bester Laune, obwohl oder gerade weil er schon wieder auf dem Sprung war, Richtung Gatwick, zur Familie. Die Bodenhaftung hat er mit seinen Ledersohlen dabei nie ver­loren. Am vergangenen Freitag ist Fritz Unützer im Alter von 76 Jahren nach schwerer Krankheit verstorben.

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