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#Wann Preiserhöhungen ungerechtfertigt sind

„Wann Preiserhöhungen ungerechtfertigt sind“

Inflation war eines der großen Themen des vergangenen Jahres. Und es wird uns auch im Jahr 2023 beschäftigen. Laut Statistischem Bundesamt sind insbesondere die Preise für Energie und Nahrungsmittel merklich gestiegen, und diese seien auch erheblicher Treiber der Preissteigerungen. Die Kriegs- und Krisensituation sorge für Lieferengpässe und Preisentwicklungen auf vorgelagerten Wirtschaftsstufen und für eine Verteuerung anderer Waren und Dienstleistungen.

Nicht immer und überall wird dies als (alleinige) Begründung so akzeptiert. Manche Unternehmen versuchten nur, im Kielwasser der Inflation ihre Gewinnmargen zu erhöhen. Dies ist in aller Regel negativ konnotiert – bisweilen fällt auch das Wort Abzocke. Was dahintersteckt, ist letztlich die Annahme, es gebe einen „gerechten Preis“ oder dass Preiserhöhungen nur dann gerechtfertigt seien, wenn andere Preiserhöhungen weitergegeben werden. Dass diese Überlegung recht kurz gegriffen ist, zeigt sich, wenn man sie konsequent durchspielt.

Denn bestehen Preiserhöhungen allein in der Weitergabe von Kosten, so könnten sie nur noch infolge der Anhebung öffentlicher Gebühren oder steigender Löhne erfolgen. Grund ist, dass steigende Kosten immer durch Preiserhöhungen von Unternehmen verursacht werden. Wenn etwa der Erdgaspreis steigt, so dann doch, weil ein Versorger den Preis erhöht hat. Kann aber kein Unternehmen die Preise erhöhen, können Preise auch (mit den zuvor genannten Ausnahmen) nicht steigen.

Unvollkommene Märkte

Die Frage, warum Preise steigen und warum nicht, ist ein Dauerbrenner der Volkswirtschaftslehre. Klar ist die Funktion des Preises in einer Marktwirtschaft. Er zeigt relative Knappheiten an und sorgt dafür, dass Güter und Dienstleistungen in die effizienteste Verwendung fließen. Relative Knappheiten beschreiben das Verhältnis von Angebot und Nachfrage. Steigt, ausgehend von der Situation eines Gleichgewichts von Angebot und Nachfrage, bei einem bestimmten Preis die Nachfrage (oder sinkt das Angebot), so tritt ein neues Gleichgewicht nur dann ein, wenn der Preis steigt. Bleibt der Preis in dieser Situation konstant, entsteht ein dauerhaftes Marktungleichgewicht. Zwangsläufig muss dann eine Rationierung eintreten, weil Unternehmen die Nachfrage nicht mehr befriedigen können. Dies äußert sich in der Lieferung von Mindermengen, der Ablehnung von Aufträgen oder in Warteschlangen. Die Ungleichgewichte breiten sich dann über die Zuliefermärkte in die Volkswirtschaft aus.

So weit die ökonomische Theorie eines funktionierenden Marktes. In der Praxis aber trifft das auf Märkte mal mehr und mal weniger nicht zu. Geht es nun um „nicht gerechtfertigte“ Preiserhöhungen, stellt sich also zunächst die Frage, wann Preiserhöhungen gerechtfertigt sind. Damit aber stellt sich auch die Frage nach dem Begriff Gerechtigkeit, einem Begriff, der in Deutschland zwar oft eine zentrale Rolle spielt, jedoch in einer amorphen Form. Grundsätzlich muss man zunächst Gerechtigkeit und Gleichheit trennen. Eine Gleichverteilung ist eine genau bestimmte Form einer Einkommensverteilung. Demgegenüber lässt „Gerechtigkeit“ eine Vielzahl von Verteilungen zu.

Die Frage ist nun, woran sich Gerechtigkeit bemisst. Eine Vielzahl von Indikatoren ist möglich, für die laufende Einkommensverteilung haben sich Leistung oder Bedarf herauskristallisiert. Wie ist dies auf Unternehmen und Preiserhöhungen anwendbar? Die implizite These, Preiserhöhungen seien nur im Falle von Kostensteigerungen gerechtfertigt, setzt am Bedarf an. Leistungsgerecht sind Preiserhöhungen hingegen, wenn die Leistung des Unternehmens stärker nachgefragt und damit höher bewertet wird – sich ein Unternehmen also Vorsprungsgewinne erarbeitet hat, die Anreiz für Innovation sind.

Eingriff in Preisgestaltung kann immer nur Ultima Ratio sein

Die eine Ursache der Preiserhöhung ist damit kosteninduziert, die andere leistungsinduziert. In der Praxis gibt es eine dritte Möglichkeit, nämlich wenn aus einer – vielleicht ursprünglich leistungsgerecht entstandenen – Marktposition eine Machtposition wird und ein Unternehmen Preiserhöhungen durchsetzen kann, um seinen Ertrag zu optimieren. Diese Märkte haben sich dann in Richtung Monopol bewegt, in dem sich Menge und Preis nach den Bedürfnissen des Monopolisten richten. Was also hinter der These der „nicht gerechtfertigten“ Preiserhöhungen steckt, ist eine Marktineffizienz, die sich darin äußert, dass Unternehmen die Marktverteilung zu ihren Gunsten beeinflussen können. Diese Vermachtung ist ein chronisches Pro­blem jedes Marktes in der Praxis, weil sie der mächtigeren Marktseite ermöglicht, die andere auszubeuten. Sie wird daher von Unternehmen angestrebt – ist sogar Grundlage der Plattformökonomie, volkswirtschaftlich aber ineffizient.

Viele der jüngst zu lesenden Erörterungen aber benennen weder diese Ursache klar, noch fragen sie nach der Konsequenz. Vielmehr wird der Eindruck erweckt, hier müsse eine (amorphe) Gerechtigkeitslücke gestopft werden. Der Ruf nach staatlicher Intervention, etwa durch Preiskontrollen, liegt nahe. Tatsächlich aber handelt es sich um ein Wettbewerbsproblem, das durch die Ordnungspolitik bekämpft werden muss, soweit dies sinnvoll ist.

Der Eingriff in die Preisgestaltung kann immer nur eine Ultima Ratio sein, weil sie die positive Wirkung des Wettbewerbs – Konkurrenz drückt Preise – nicht stärkt, sondern behindert oder gar ausschaltet. In der Praxis kann die Wettbewerbspolitik auch nur bei deutlich zutage tretenden Vermachtungen eingreifen. Ansonsten geriete sie zur wirtschaftspolitischen Feinsteuerung und würde durch ein Übermaß an Regulierung und Unberechenbarkeit das Funktionieren der Märkte gefährden. Wo genau nun der Punkt liegt, an dem Wettbewerbspolitik eingreifen muss, lässt sich nicht exakt definieren. Aber sie ist gegen Industriepolitik und die neu entdeckte Neigung, durch direkte Markteingriffe Sozialpolitik zu betreiben, in die Defensive geraten – obwohl man sie vielleicht nötiger hätte denn je.

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