#Erzähler statt Baumeister
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„Erzähler statt Baumeister“
Lego oder Playmobil? Für Oliver Schaffer ist das keine ernstzunehmende Frage. Schließlich sieht sich als Künstler und Geschichtenerzähler, nicht als Baumeister. Schon als Kind hat er viel lieber um seine Figuren herum passende Szenen gestaltet. „Bei Lego sind die Figuren hingegen nur Beiwerk“, meint der gebürtige Kieler und jetzige Wahl-Hamburger. Zudem mag er schon als ästhetischen Gründen die „Noppen“ der Legosteine nicht. Dass die Figuren bei ihm im Mittelpunkt stehen, hat auch emotionale Gründe: Seine erste Figur war ein Playmobil-Zirkus-Mitarbeiter, der ihm im Alter von drei Jahren von seinem Vater geschenkt wurde. Es war der Beginn einer großen Leidenschaft, der sich zunächst ganz auf die Welt des Zirkus konzentrierte und seine Sammlung stetig mehrte.
Das erst 1974 in den Spielwarenmarkt eingeführte Playmobil blieb seine Leidenschaft, und Schaffer spielte Zirkusvorstellungen nach, bis er 14 Jahre alt war. Gut zehn Jahre lang rührte er dann die bunten Plastikteile nicht mehr an. Doch dann holte ihn seine Vergangenheit ein.
Denn Playmobil hatte einen Brief des jungen Sammlers nebst Foto einer Zirkuswelt archiviert und zum dreißigjährigen Firmenjubiläum wieder hervorgekramt. Schaffer durfte eine große Zirkusszene gestalten, die nicht nur in Deutschland gezeigt wurde, sondern sogar im Louvre in Paris.
Versierter Ausstellungsgestalter
Inzwischen ist der 42 Jahre alte Schaffer ein versierter Playmobil-Ausstellungsgestalter. 49 Schauen mit mehr als fünf Millionen Besuchern hat er entworfen und aufgebaut. Seit zwei Jahren kann der offizielle Playmobil-Markenbotschafter von dieser Leidenschaft für bunte Plastikwelten leben. Denn wer rund zehn Ausstellungen jährlich aufbaut, der kann auch nicht mehr nebenbei als Musical-Mitarbeiter tätigt sind.
In Kiel lagert Schaffer rund 700 große Kisten mit rund 300.000 Figuren und einer Million Einzelteilen. Rund 5000 Figuren hat er mit nach Kloster Eberbach, wo am Sonntag seine 50. Ausstellung eröffnet wird. Die Zeit bis dahin muss er noch nutzen, um im Kloster die letzten drei der insgesamt elf Szenen aufzubauen.
Sammelleidenschaft
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Der Playmobil-Künstler und das Kloster
Allein 400 Mönche hat Schaffer im Gepäck, und er ist heilfroh, dass Playmobil 350 davon noch aus einer längst ausgelaufenen Produktion beisteuern konnte. Rund 50.000 Einzelteile „verbaut“ Schaffer derzeit in der ehemaligen Zisterzienserabtei.
Die Szenen sollen wichtige Etappen der Eberbacher Geschichte darstellen, von der Legende der Klostergründung bis zur Abtei als Hauptspielort des Rheingau Musik Festivals. Herzstücke sind das große Rheingau-Diorama und die Klosteranlage im Abteimuseum.
Dabei legt Schaffer großen Wert auf die Feststellung, dass es ihm nicht um eine originalgetreue „Modellbau“-Ausstellung geht, sondern um seine eigene, künstlerische Interpretation. „Ich mixe alle Playmobil-Welten durcheinander“, sagt Schaffer, und deshalb verwendet er auch Elemente aus der Playmobil-Westernwelt, der römischen Arena und „Afrika“, um die Klosterszenen zu gestalten.
Eine weiße Leinwand hinter Glas
Für ihn ist die leere Vitrine eine Art weiße Leinwand. Erst beim Aufbau entscheidet sich, wie genau die Szenerie gestaltet wird. Details sind dabei sehr wichtig: Schaut das Reh vor sich auf den Boden, weil es gerade frisst, oder hebt es den Kopf und blickt es einem Greifvogel hinterher.
Welcher Klosterbruder erhält einen Bart, und welcher nicht? Welches Gemüse wird im Klostergarten gezogen? Und wo werden die Maus und der Frosch plaziert? Auch ein Klostergespenst irrt durch die Anlage, das allerdings von den Besuchern erst gefunden werden will.
Für das Museum soll die Familien-Ausstellung, die bis zum 28. Oktober gezeigt wird, ein weithin sichtbares Lebenszeichen sein: „Wir sind wieder da“, sagt Vorstand Timo Georgi nach den langen Phasen der pandemiebedingten Schließung seit dem März vergangenen Jahres. Neben den Musik Festival und dem für die Zeit ab September wieder geplanten Märkte im Kloster soll die Playmobil-Ausstellung möglichst viel Publikum ins Kloster bringen.
Schaffer ist zuversichtlich, dass das gelingen kann, denn Playmobil spreche alle Generationen an, und jeder finde Szenen und Figuren, für die er sich begeistern und mit denen er sich identifizieren könne. Und er hofft, dass sich viele Kinder inspirieren lassen und zuhause mit ihren Playmobil-Figuren die Geschichten nachspielen. Das tut Schaffer allerdings nicht. Wenn er nach zwei Wochen Ausstellungsaufbau wieder zuhause in Hamburg, dann lässt er kein Plastik mehr um sich sein: „Meine Wohnung ist eine Playmobil-freie Zone“.
Die Ausstellung „Playmobil Klostergeschichte(n)“ wird vom 18. Juli bis 28. Oktober im Kloster gezeigt, Montag bis Freitag von 10 bis 19 Uhr, Samstag und Sonntag von 9 bis 19 Uhr. Der Eintritt ins Kloster kostet zehn Euro, ermäßigt sieben Euro
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