Nachrichten

#Zirkus Roncalli legt wieder los

„Zirkus Roncalli legt wieder los“

Einmal ein Jahr lang nichts tun. Das hatte sich Bernhard Paul, der Direktor und Gründer des Zirkus Roncalli, immer gewünscht. Im Frühjahr 2020 ist dieser Wunsch in Erfüllung gegangen – aber anders, als sich Paul das vorgestellt hat. Nach der gelungenen Generalprobe des neuen Programms „All for Art for All“ im März 2020 klopfte am Abend vor der Premiere in Recklinghausen Oberbürgermeister Christoph Tesche an die Tür von Pauls Salon-Wagen und verkündete dem verdutzten Direktor die Hiobsbotschaft: „Es tut mir leid, Sie dürfen morgen nicht spielen.“

Wegen der Corona-Pandemie wurde für Paul aus dem ersehnten Sabbatjahr eine Zwangspause von zwei Jahren, die sein Unternehmen nur dank Kurzarbeit und staatlicher Unterstützung überleben konnte. Am 10. März hat Roncalli nun mit zweijähriger Verzögerung die Premiere In Recklinghausen nachgeholt und gastiert jetzt mitten in Köln auf dem Neumarkt, um danach zu einer Tournee durch Deutschland und Österreich aufzubrechen. Pauls vorläufige Corona-Bilanz lautet: „Ende gut, alles gut – wenn Corona nicht wieder zuschlägt.“ Das Publikum jedenfalls strömt wieder in Scharen, die Künstler in der neuen Show bersten vor Energie.

„Die Zeit, da alles erzählt werden muss“

Die Stadt Köln lässt sich nicht lumpen, wenn Paul am 20. Mai seinen 75. Geburtstag feiert. Oberbürgermeisterin Henriette Reker richtet für den Zampano der deutschen Zirkuskunst im Rathaus einen Empfang aus. Bei dieser Gelegenheit will Paul in Sachen Zirkusmuseum Nägel mit Köpfen machen. Die architektonischen Pläne für ein Gebäude in Köln liegen vor, das Konzept steht, die Finanzierung ist vorbereitet. Es fehlt nur noch das Erweiterungsgrundstück neben dem Roncalli-Hauptquartier in Köln-Mühlheim. „Nach dem Geburtstagsempfang verlasse ich das Rathaus erst wieder, wenn mir der Verkauf des Grundstücks zugesagt wird“, kündigt der Patron scherzhaft an.

Der Direktor hat der Kunst Beine gemacht – im wahrsten Sinne des Wortes, denn Schauspieler treten als Werke von Vincent van Gogh oder Rembrandt auf.


Der Direktor hat der Kunst Beine gemacht – im wahrsten Sinne des Wortes, denn Schauspieler treten als Werke von Vincent van Gogh oder Rembrandt auf.
:


Bild: Zirkus Roncalli

Zwei Jahre Corona-Zwangspause bedeutete für ihn keinesfalls Nichtstun. In dieser Zeit hat er den Film „Ein Clown – ein Leben“ gedreht, der demnächst in die Kinos kommt, hat die Vorarbeiten ausgeführt für eine Dokuserie der Ufa über Roncalli. Zudem hat Paul Verträge über zwei Bücher abgeschlossen, an denen er zurzeit arbeitet. „Meine Reise zum Regenbogen“ lautet der Titel seiner Autobiographie, die noch in diesem Jahr beim Verlag Brandstätter erscheinen soll. In Arbeit ist auch ein dicker Band mit vielen Fotos und Bildern, in dem Paul die Geschichte von Roncalli und seinen Gäste vorstellt. Wer weiß zum Beispiel, dass der Sänger Sting einmal bei Roncalli Seiltanz lernen wollte. Oder dass Roncalli der während des Kalten Krieges der erste westliche Zirkus war, der in Moskau gastierte. „Jetzt ist die Zeit da, da alles erzählt werden muss“, sagt Paul.

Gelangweilt hat sich der Zirkusdirektor während der Corona-Pause jedenfalls nicht. Und jetzt, da das Tournee-Geschäft wieder angelaufen ist, muss er sich auch noch um die Show kümmern. Bald wird er wohl wieder von einem Sabbatjahr träumen.

In Person der russischen Kontorsionistin und Equilibristin Maria Sarach tritt auch ein lebendes Mondrian-Gemälde auf.


In Person der russischen Kontorsionistin und Equilibristin Maria Sarach tritt auch ein lebendes Mondrian-Gemälde auf.
:


Bild: Zirkus Roncalli

„Art“, also die Kunst, steht im Mittelpunkt der neuen Show, die Paul schon vor vier Jahren zu komponieren begonnen hatte und die 2020 fertig war, aber wegen Corona nicht mehr zur Aufführung kam. Der Direktor hat der Kunst Beine gemacht – im Sinne des Wortes, denn Schauspieler treten als Werk von Vincent van Gogh, Rembrandt oder in Person der russischen Kontorsionistin und Equilibristin Maria Sarach als lebendes Mondrian-Gemälde auf.

Endlich einmal finden auch Elefanten den Weg in die strikt tierfreie Roncalli-Manege, allerdings nur als Hologramme, die zu Beginn der Vorstellung auf einen Gazevorhang rund um die Zirkusbühne projiziert werden. „All for art for all“ ist ein Gesamtkunstwerk aus Farbe, Tönen, Kostümen, Artistik und Clownerien, in dem alles fließt und ineinander übergeht: überschwängliche Lebensfreude, stille Poesie, rasender Spaß.

Der Zirkus Roncalli gastiert mit der Show „All for ART for all“ noch bis zum 22. Mai in Köln, spielt danach in Düsseldorf, in Ludwigsburg, Frankfurt und Wien.


Der Zirkus Roncalli gastiert mit der Show „All for ART for all“ noch bis zum 22. Mai in Köln, spielt danach in Düsseldorf, in Ludwigsburg, Frankfurt und Wien.
:


Bild: Zirkus Roncalli

Die überragende Nummer kommt dramaturgisch klug ganz zum Schluss, nämlich die Hand-auf-Hand und Kopf-auf-Kopf Akrobatik der beiden italienischen Brüder Davide und Andrea Caveagna, die zu zweit schaffen, was einst ihre Brüder im Geiste, die Pellegrini-Brüder, zu viert geschafft haben, nämlich Schönheit und Kraft harmonisch zu verbinden. Höhepunkt ihrer Darbietung ist ein Trick, bei dem einer der Brüder kopfüber auf dem Kopf des anderen balanciert – die Treppe hinunter und hinauf.

Mit einem riskanten Dreifachsalto am Schleuderbrett begeistert die Männertruppe Jump’n’Roll ebenso wie mit ihrem rasanten Ballett auf federnden Stelzen. Elegante Luftakrobatik bieten die Frauen vom Duo Luna, während Vanessa und Sven bei einer Equilibristik-Nummer auf einem Flügel, an dem Orchester-Chef Georg Pommer die Töne anschlägt, die Rollen vertauscht haben: Sie arbeitet mit Kraft als Unterfrau, er mit erstaunlichem Gleichgewichtssinn als gleitender Artist, der sich bei seinen Tricks auf ihre Hände und Beine stützt.

Wegen der Corona-Pandemie wurde für Bernhard Paul aus dem ersehnten Sabbatjahr eine Zwangspause von zwei Jahren.


Wegen der Corona-Pandemie wurde für Bernhard Paul aus dem ersehnten Sabbatjahr eine Zwangspause von zwei Jahren.
:


Bild: Zirkus Roncalli

Klassische Roncalli-Poesie strahlt die magische Seifenblasen-Darbietung des Clown Carillon aus, der von seiner Tochter Nox sängerisch begleitet wird. Britisch verquer geht es bei der Nummer der Komödiantin Krissie Illing zu, die als Queen mit Hofstaat in die Manege einzieht und einen Stoffpudel hinter sich herzieht. Überhaupt wartet die Show mit einer Reihe von überzeugenden Spaßmachern auf, vor allem der junge Rico überträgt seine gute Laune auf das Publikum. Das erfreute das Publikum in Köln nach langer Abstinenz von Live-Erlebnissen, das Paul und seiner Truppe am Ende mit stehenden Ovationen dankte.

Wissen war nie wertvoller

Testen Sie F+ 3 Monate lang für nur 1 € die Woche und erhalten Sie Zugriff auf alle Artikel auf FAZ.NET.

JETZT F+ LESEN


Der Zirkus Roncalli gastiert mit der Show „All for art for all“ noch bis zum 22. Mai in Köln, spielt danach vom 26. Mai bis zum 26. Juni in Düsseldorf, lädt dann das Publikum vom 10. August bis zum 4 September nach Ludwigsburg ein, und setzt das Gastspiel vom 14. September bis zum 9. Oktober in Wien fort. Auch ein Abstecher nach Frankfurt ist für den Sommer geplant.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!