#Der Soldat, der nicht töten will
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„Der Soldat, der nicht töten will“
In den Tagen vor seiner Flucht hatte der Unteroffizier Yay Khal den Wächtern Normalität vorgegaukelt. In unregelmäßigen Abständen verließ der Soldat das Verwaltungsgebäude, das er mit seiner Einheit seit dem Putsch des Militärs in Myanmar Anfang Februar besetzt hatte. Er spielte ihnen etwas vor: „Ich kaufe nur schnell einen Snack“, rief Khal ihnen zu.
Schon ein paar Minuten später kehrte er zurück. So praktizierte er es eine Zeit lang, bis zu diesem einen Tag im September. „Diesmal sollte es anders sein“, sagt der Soldat im Rückblick. An diesem Tag warf er sich seinen Wäschesack über die Schulter, bevor er zum Tor hinausging. Den Wächtern erzählte er, nur ein paar Kleidungsstücke in die Reinigung bringen zu wollen.
Das Herz hämmerte in seiner Brust, als Khal auf die Straße hinaustrat. Die Kommandeure würden ihn nicht nur beschuldigen, seine Waffe zurückgelassen und ohne Erlaubnis seinen Stützpunkt verlassen zu haben. Sie würden ihn auch vor ein Kriegsgericht stellen. „Sie würden mich zum Tode verurteilen, wenn sie mich erwischten.“
In den Augen der Armee wäre er nicht nur ein Deserteur, sondern ein Überläufer und Aufrührer. Sobald er aus der Sichtweite der Wächter war, riss er sich die Uniform vom Leib und warf die schweren Stiefel in den Müll. Aufpassen musste er, dass ihm keine Bekannten über den Weg liefen. Mandalay,wo seine Einheit stationiert war, war seine Heimatstadt.
Die Wut kochte hoch
An dem Sitz früherer Könige war er sechs Jahre zuvor in den Militärdienst eingetreten, sagt Yay Khal, der eigentlich anders heißt. „Als ich jung war, schaute ich mit Respekt und Bewunderung zu den Soldaten auf. Sie ordnen ihr Ego und ihre Eigeninteressen der Nation und dem Volk unter.“ Doch dieses rosige Bild war mit dem Putsch abhandengekommen.
In ihm war wie in Millionen Myanmaren die Wut hochgekocht, als er von der Machtergreifung erfuhr. „Ich konnte es nicht glauben. Die Zivilregierung war seit fünf Jahren an der Macht. Sie war gerade erst wiedergewählt worden. Ich dachte, wir hätten ein neues Zeitalter der Offenheit erreicht und würden nicht wieder in die Vergangenheit zurückfallen“, berichtet Khal der F.A.Z. per Internetanruf.
Erst lauter, nun stiller Protest: Eine leere Straße am 10. Dezember in der Stadt Yangon
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Bild: EPA
In seiner Wut auf das Militär, seinen Arbeitgeber, war er nicht allein. In einem riesigen Aufschrei bäumte sich das Volk gegen die Machtergreifung der Putschisten auf. In den Abendstunden schlugen die Menschen als Zeichen des Protests auf Töpfe und Pfannen ein, bis sie verbeult waren. Die jungen Myanmaren trafen sich zu Demonstrationen, die wie bunte Happenings wirkten, jedenfalls bis das Militär begann, den Idealismus der Jugend mit scharfer Munition zu beantworten. Danach kamen immer mehr junge Frauen, Männer und sogar Kinder im Kugelhagel ums Leben, viele von ihnen durch gezielte Kopfschüsse. Bis Mitte Dezember war die Zahl der Toten schon auf mehr als 1300 gestiegen.
Gewalt gegen das eigene Volk
Der Soldat Khal erfuhr in den sozialen Medien, wie die Militärs ihre Waffen gegen das eigene Volk richteten. Von den schlimmsten Gewalttaten bekam er direkt nichts mit. Aber er musste zusehen, wie seine Kameraden in Mandalay auf die Demonstranten einschlugen, sie auf Lastwagen verfrachteten und in den Stützpunkt brachten. Danach musste er zuhören, wie sie mit ihren Taten prahlten.
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