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#Das Dumme mit den Genen – Wissenschaftsfeuilleton

Das Dumme mit den Genen – Wissenschaftsfeuilleton

He Jiankui – so heißt der Chinese, der die als CRISPR bekannte und einfach einzusetzende Genschere benutzt hat, um das Erbgut von Zwillingen zu verändern – edieren, wie man gerne sagt -. Die beiden Mädchen heißen Lulu und Nana und sind offenbar in November 2018 zur Welt gekommen, wie man jetzt erfahren hat. Die Aufregung ist groß und die Zeitungen sind voll von Informationen über den Eingriff in menschliche Gene, den man nicht laut beklatschen, den man aber auch nicht unbedingt und rücksichtslos verteufeln sollte. Immerhin haben die Eltern der Zwillinge sich freiwillig gemeldet, und das Interesse von Menschen an ihren Genen und deren Verbesserung ist riesengroß, wie die Medien hierzulande nicht unbedingt erwähnen. In den USA ist längst von einer Consumer Genomics die Rede und bis zum April 2018 haben mehr als 15 Millionen (!) Menschen ihre Gene testen lassen, und das doch wohl nicht nur, um ein Stück Papier mit genetischen Daten in Händen zu halten. Wer die Aktion von He Jiankui beurteilt, sollte erstens die Elternwünsche und zweitens das Kommerzielle im Blick behalten, und wer das unternimmt, wird sich bestenfalls ärgern über den Satz der Vorsitzenden des Ethikrats, der lautet, bei dem Eingriff in die Gene der Mädchen handele es sich um einen “Super-Gau der Wissenschaft.” Erstens kann man Gau nicht steigern – die Buchstaben erfassen bereits den größten anzunehmenden Unfall, und super ist es schon gar nicht – und zweitens hat der in China ausgeführte Eingriff in die Gene mehr mit der Gesellschaft und ihrem Willen und weniger mit der Wissenschaft und ihren Möglichkeiten zu tun. Das Dumme mit den Genen liegt darin, dass sich viele Leute viel zu leichtfertig dieses Begriffes bedienen und man in den Zeitungen von Bayern-Genen im Fußball oder Unternehmen-Genen im Sauerland und ähnlichen Unfug lesen kann. In der SZ von heute (1.12.18) versucht ein Autor auf S. 15 die Tabubrüche der Wissenschaft und die dazugehörigen Ethikdebatten darzustellen, wobei ihm der Satz aus der Feder fließt: “Das Klonschaf Dolly etablierte vor 22 Jahren ein tiefes Misstrauen der Weltöffentlichkeit in die Gentechnik, dessen Berechtigung Je Jiankui erneut bestätigt.” Offenbar haben die 22 Jahre nicht ausgereicht, einem Journalisten klar zu machen, dass das Klonschaf Dolly OHNE Gentechnik auf die Welt gekommen ist, und wenn Gentechnik das meint, was die Gegner der Wissenschaft in den 1970er Jahren und danach verteufelt haben, dann sind Lulu und Nana ebenfalls nicht auf diese Weise behandelt worden.

Übrigens – in diesen Tagen ist das 1858 verfasste Buch “Der schöne Mann” erschienen, in dem der Autor Walt Whitman “das Geheimnis des gesunden Körpers” zu erkunden versucht. In seinem Nachwort weist der Übersetzer Hans Wolf auf die Schwierigkeiten seiner Aufgabe hin, da es 1858 in der deutschen Sprache den Begriff “Training” zum Beispiel noch nicht gab. Das hindert Herrn Wolf aber nicht daran, zu erklären, dass Walt Whitman noch nicht wissen konnte, dass “die Gene das Aussehen und die Eigenschaften des Individuums bestimmen.” Wie bitte? 1858 beugte sich Mendel zum ersten Mal über seine Erbsen, die “Gene” gibt es erst seit dem frühen 20. Jahrhundert, und was sie bestimmen, weiß man bis heute nicht. Das ist erneut das Dumme mit den Genen. Wir alle haben sie, und doch können die meisten nichts mit ihnen anfangen. Oder doch der Arzt aus China?

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