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#Noch eine Anmerkung zum Thema Sterblichkeit – Gesundheits-Check

Noch eine Anmerkung zum Thema Sterblichkeit – Gesundheits-Check

Nachdem inzwischen die Behauptung, es gäbe 2020 keine Auffälligkeiten bei den Sterbefällen, angesichts von inzwischen fast 60.000 mit oder an Corona Gestorbenen ziemlich unhaltbar geworden ist, werden neuerdings mal mehr, mal weniger gut berechnete altersstandardisierte Sterbeziffern zum Vergleich 2020 mit den Vorjahren angeführt. Altersstandardisiert, also die Alterung der Bevölkerung statistisch bereinigt, sei die Übersterblichkeit 2020 gar nicht so aufregend, heißt es dann.

Das stimmt zwar, ist aber im Hinblick auf das Problem der Corona-Sterbefälle in zweierlei Hinsicht eine absurde Argumentation aus dem statistischen Elfenbeinturm: mit Blick auf die Verwässerung der Coronasterblichkeit im Jahresdurchschnitt und mit Blick auf die Altersstandardisierung. Auf Letzteres habe ich bereits vor einiger Zeit anhand von Harald Walachs Zahlenakrobatik hingewiesen. Wenn es darum geht, wie viele Menschen im Krankenhaus zu versorgen sind, oder wie viele Tote von ihren Angehörigen zu betrauern sind, darf man natürlich nicht altersstandardisieren. Die durch die Alterung der Gesellschaft zusätzlich ins Risikoalter geratenen und verstorbenen Personen sind ja wirklich verstorben.

Die Altersstandardisierung ist ein einfaches Verfahren, um eine Vergleichbarkeit von Sterbeziffern unabhängig vom Altersaufbau der verglichenen Populationen herzustellen – aber genau diese Unabhängigkeit ist nicht immer gefragt. Als Gedankenexperiment: Wenn in Deutschland auf geheimnisvolle Weise 2020 plötzlich die Hälfte der Bevölkerung im Hochrisikoalter wäre, hätten wir hunderttausende coronabedingte Krankenhaus- und Sterbefälle. Altersstandardisiert würde man im Vergleich zu früheren Zeiten nichts sehen. Nach welchen Daten sollten Krankenhäuser und Bestatter planen? Wer also mit den altersstandardisierten Sterbeziffern belegen will, wir hätten gar kein Problem, hat einfach nicht verstanden, was er sagt.

Zum Abschluss noch nach langer Zeit einmal wieder eine Übersterblichkeitskurve, beruhend auf den Daten des Statistischen Bundesamtes vom letzten Freitag:

Man sieht, wie auf Gesundheits-Check bereits mehrfach erläutert, Anfang 2020 eine Untersterblichkeit, bedingt durch die starken Grippewellen in den Vorjahren (d.h. der Durchschnitt 2016-2019 ist keine ideale Baseline). Es folgt eine deutliche Übersterblichkeit während der ersten Infektionswelle, dann der Rückgang der Sterblichkeit auf das Durchschnittsniveau im Sommer. Man sieht im Sommer des Weiteren einen kurzen, aber heftigen Ausschlag nach oben: eine Übersterblichkeit durch Hitzetote, wie bereits in manchen früheren Jahren (allerdings nicht in den Baseline-Jahren). Im Herbst zeigt sich schließlich mit der zweiten Infektionswelle ein massiver Anstieg der Übersterblichkeit, in der Kalenderwoche 52 sind es mehr als 30 %, in Bundesländern wie Sachsen noch viel mehr. Trotz Maßnahmen. Mit dem “Präventionsparadox” ist jedoch schwer zu argumentieren, wenn andere einwenden, bei den Maßnahmen handle es sich um Cargo-Cult, dazu vielleicht ein andermal.

Und der Jahresdurchschnitt: Im Jahresdurchschnitt kommt auch ohne Altersstandardisierung nicht viel heraus: Bis zur Kalenderwoche 52 gab es 2020 knapp 5 % mehr Sterbefälle als im Durchschnitt 2016-2019. Aber am Durchschnitt ist bekanntlich dem alten Statistikerwitz zufolge schon die Kuh ersoffen, als sie einen im Mittel 50 cm tiefen Fluss durchquerte – dummerweise an einer 2 m tiefen Stelle. Wenn im Durchschnitt in den Krankenhäusern viele freie Betten sind, aber womöglich in einem Monat nicht, wissen Sie, was das mit der Kuh im Coronafall bedeutet. Im Durchschnitt sind wir auch alle ziemlich vermögend, und im Durchschnitt sind wir alle ein bisschen schwanger, haben etwas weniger als zwei Beine und sind halb Mann, halb Frau. Das ist aber wieder eine andere Geschichte.

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