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#Das Eva leuchtet wieder

Das Eva leuchtet wieder

Eine halbe Stunde bevor der erste Film seit acht Monaten beginnt, öffnet Karlheinz Werich-Opitz die gläsernen Flügeltüren seines Kinos. „Kommen Sie schon mal rein, auch wenn wir noch nicht ganz fertig sind“, sagt er zu der Frau, die dort mit ihrem Sohn im Nieselregen wartet. Drinnen steht noch ein Putzeimer neben dem Ständer mit der roten Absperrkordel, eine Mitarbeiterin füllt hinterm Tresen noch Zuckerschaumerdbeeren in ein Glas.

Opitz, Anfang 50, Brille und Pferdeschwanz, ist heute, an diesem großen Tag, um fünf Uhr morgens aufgestanden. Um 6.30 Uhr war er in seinem Kino, den Eva-Lichtspielen in Berlin-Wilmersdorf. Er lud ein paar Filme auf den Server, fuhr zur Metro, um Süßigkeiten einzukaufen – die waren ja alle abgelaufen –, dann zurück, Plätze markieren, auf denen niemand sitzen darf, wegen der Abstandsregeln. Dann klingelte er bei den Nachbarn, bei denen er vermutete, dass der Kurierdienst in den Monaten der Schließung die Köfferchen mit den Filmrollen abgegeben hatte.

Um zwölf Uhr mittags, eine Stunde vor der ersten Vorführung, sitzt Opitz in seinem winzigen Büro, eingepfercht zwischen Mikrowelle, Kopiergerät und Rollen von Papier-Abreißkarten, auf denen „Einheitspreis“ steht. Ein Wasserkocher, eine Kaffeemaschine, zwei Telefone. Eines davon klingelt. „Die Eva-Lichtspiele. – Einmal auf welchen Namen? – Sonntag 17.45 geht klar. – Ich bin nicht da, aber Sie sehen dann andere nette Leute! – Hören Se uff.“ Offenbar haben seine Gäste Opitz vermisst. Es ist ihm sichtlich unangenehm.

Popcorn gibt es hier noch für zwei Euro

Sein Kino gibt es seit 1912 oder 1913, so genau weiß man das nicht. Der geschwungene Neonschriftzug an der Fassade aus der Nachkriegszeit ist noch original erhalten. Im Eva gibt es keine elektronischen Reservierungen, das kleine Popcorn kostet hier noch zwei Euro. Opitz sieht keinen Grund, daran etwas zu ändern. Es läuft ja, normalerweise, wenn kein Virus die Welt lahmlegt und Wilmersdorf dazu. Selbst in den zwei Weltkriegen blieb das Eva höchstens mal ein paar Tage am Stück geschlossen. Nun waren es 240. Kein Wunder, dass Opitz heute etwas nervös ist.

Vom Kartenabreißer zum Kinobetreiber: Karlheinz Werich-Opitz in seinem winzigen Büro im Eva.


Vom Kartenabreißer zum Kinobetreiber: Karlheinz Werich-Opitz in seinem winzigen Büro im Eva.
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Bild: Matthias Lüdecke

Er schaut jetzt hoch konzentriert auf seinen Laptop, auf dem ein neues Programm läuft, das er an diesem Tag zum ersten Mal ausprobiert. „Eine Stunde 56. Sollte stimmen. Speichern.“ Er steht auf und geht nervös summend aus dem Büro in den Kinosaal. Tatsächlich: Dort steht jetzt „Indiefilm“ auf der Leinwand. Opitz läuft zurück ins Büro, jetzt pfeifend, was schon zuversichtlicher klingt als das Summen.

Um kurz vor eins sitzen fünf Zuschauer in „Shaun das Schaf“. Nicht viele dafür, dass in Berlin schon Schulferien sind, dazu nur 16 Grad und Regen; bestes Kino-Schmuddelwetter also. Eine Mutter und ihr Sohn machen Selfies, der mit roten Stoffbahnen verkleidete Saal ist von Blues-Musik und dem Knistern von Chipstüten erfüllt. Um 13.01 Uhr ertönt der Gong, und der üppige goldene Samtvorhang hebt sich.

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