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#Nord Stream 2 und Deutschlands Mitschuld am Ukraine-Krieg

„Nord Stream 2 und Deutschlands Mitschuld am Ukraine-Krieg“

Der Name der belagerten, zerschossenen und hungernden Stadt Mariupol war schon zum Synonym für die schlimmsten Kriegsverbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg geworden, als Dmitrij Medwedjew Ende März in einem Interview mit dem russischen Fernsehen sagte, er glaube immer noch an eine „erfreuliche Zukunft“ für die Gaspipeline Nord Stream 2. Das Projekt sei für alle Beteiligten rentabel, deshalb gelte: „Konflikte kommen und gehen, Geld bleibt.“

Ob Putins einstiger Präsidentenplatzhalter wirklich glaubt, dass die Ostseepipeline noch in Betrieb gehen wird, oder ob das Zweckoptimismus zu propagandistischen Zwecken war, ist unerheblich. Interessant sind Medwedjews Worte, weil sie widerspiegeln, was aus Sicht der russischen Führung ein wesentlicher Zug der deutschen Russlandpolitik war: die Bereitschaft, alle schönen Worte über demokratische Werte, europäische Solidarität und so weiter hintanzustellen, sobald nur genug Geld und Interessen deutscher Konzerne im Spiel sind.

Moskau hielt den Konflikt weiter am Kochen

Deutschland hat in den vergangenen Jahren eine fatale Doppelrolle gespielt. Einerseits hat die Bundesregierung maßgeblich dazu beigetragen, dass die EU einig mit Sanktionen auf die Annexion der Krim und den von Russland begonnenen Krieg im Donbass reagiert hat; andererseits hat sie die Glaubwürdigkeit und damit auch die Wirkung dieser Reaktion mit ihrem Eintreten für Nord Stream 2 so sehr beschädigt wie kein anderes EU-Mitglied.

Falls die deutsche Politik aus der Vorgeschichte des russischen Überfalls auf die Ukraine Lehren für die Zukunft ziehen will, muss sich deshalb eine Erkenntnis durchsetzen: Nord ­Stream 2 war von Anfang an ein schwerer Fehler – und nicht erst „mit dem heutigen Wissen“, wie Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sagt.

Als im Juni 2015 die Vereinbarung über den Bau der Gasleitung unterzeichnet wurde, war es gerade einmal vier Monate her, dass in Minsk mit einem faulen Kompromiss der Vormarsch russischer Truppen im Donbass bis auf Weiteres gestoppt worden war. Es war offensichtlich, dass Moskau nicht vorhatte, sich an die Vereinbarungen zu halten, sondern den Konflikt weiter am Köcheln hielt. Die russische Führung sagte damals rundheraus, dass Nord ­Stream 2 der Umgehung der Ukraine dienen solle.

Dass Deutschland dennoch bereit war, die Energiebeziehungen mit Russland zu vertiefen, wurde in Moskau als Signal verstanden, dass die Deutschen nach einer angemessenen Schamfrist zu „business as usual“ zurückkehren und die Ukraine im Zweifelsfall opfern würden. Dieser Eindruck verstärkte sich angesichts der Unbeirrbarkeit, mit der Berlin über Jahre trotz immer neuer russischer Provokationen gegen die Ukraine sowie trotz des Protests der Vereinigten Staaten und eines großen Teils der EU-Partner an dem Projekt festhielt.

Wäre es nur um Wirtschaft gegangen, wären die Argumente für die Pipeline nachvollziehbar gewesen. Aber möglichen Vorteilen standen große politische Gefahren gegenüber. Kritiker von Nord Stream 2 haben stets darauf hingewiesen, dass der Bau der Leitung für die Ukraine nicht nur finanzielle Verluste zur Folge haben werde, sondern auch große Sicherheitsrisiken. Die Befürworter haben eine Debatte darüber mit der Behauptung verweigert, es handle sich um ein privatwirtschaftliches Projekt.

Politische Blindheit

Das war schon deshalb absurd, weil kein Infrastrukturprojekt dieser Größenordnung unpolitisch ist. Und im Fall von Nord ­Stream 2 konnte es keinen Zweifel daran geben, wer der Geschäftspartner war: ein aggressives autoritäres Regime, das mit der Gasleitung einen Hebel gegen die Ukraine in die Hand bekommen wollte, der es schon mit Gewalt Gebiete abgenommen hatte.

Vielleicht hätte Putin die Ukraine auch überfallen, wenn Nord Stream 2 nie geplant worden wäre. Doch mit der politischen Blindheit, mit der Regierung und Wirtschaft in Deutschland dieses Vorhaben zu dem ihren gemacht haben, haben sie diesem Krieg Vorschub geleistet. Sie haben Putin in seiner Geringschätzung der europäischen Demokratien und in der Erwartung bestärkt, diesen Konflikt gewinnen zu können.

Statt daran zu arbeiten, die Widerstandsfähigkeit gegen die unübersehbare Herausforderung durch den Kreml zu stärken, war die Regierung bereit, die Abhängigkeit zu vergrößern – und dieses Faktum auch noch als friedenserhaltende „Brücke zwischen Russland und Europa“ (Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier) zu überhöhen.

Nord Stream 2 ist nun Vergangenheit. Die erste Lehre, die Deutschland aus dieser Geschichte ziehen sollte, ist eine tatkräftige, unbürokratische und nicht durch Bedenken gehemmte Unterstützung des Widerstands der Ukrainer.

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