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#„Das hat sie unwahrscheinlich stark gemacht“

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„Das hat sie unwahrscheinlich stark gemacht“

Das deutsche Frauenturnen steht seit Monaten unter Spannung. Nun auch wieder in sportlicher Hinsicht: Pauline Schäfer ist „back in business“ – so die eigene Wortwahl nach ihrem Auftritt bei den nationalen Titelkämpfen in Dortmund. Die Meisterschaft entschied zwar – mit nur einem Zehntelpunkt Vorsprung vor Schäfer – Elisabeth Seitz für sich, doch man kann auch die Chemnitzerin als Siegerin dieser ersten Olympiaqualifikation bezeichnen.

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Zum einen, weil sie mit ihren 13,95 Punkten am Schwebebalken nach den Berechnungen der Bundestrainerin Ulla Koch als einzige deutsche Starterin an diesem Wochenende die Norm für das Erreichen eines Einzelfinals bei den Olympischen Spielen erfüllt hat und somit im Kampf um die vier Tokio-Startplätze bestens dasteht. Zum anderen, weil sie bei ihrem ersten Wettkampf seit der Weltmeisterschaft 2019 nicht nur körperlich topfit wirkte, sondern vor allem mental beeindruckte. Komplett fokussiert auf sich und das Gerät, so als gäbe es nicht nur keine Zuschauer, sondern überhaupt nichts um sie herum. Sie könne „nach sehr schwierigen Monaten“ nun „sehr zufrieden“ sein, sagte Pauline Schäfer, die erst in der vergangenen Woche ihre letzte Abiturprüfung abgelegt hat.

Neben der langen Wettkampfpause und der zuletzt notwendigen Reduzierung der Trainingsumfänge aus schulischen Gründen gibt es noch einen weitaus bedeutsameren Aspekt: Es war vor allem Pauline Schäfer, die im vergangenen November mit ihrer öffentlichen Schilderung des Trainingsalltags in der Frauenturnhalle des Chemnitzer Olympiastützpunkts die Debatte um missbräuchliche Trainingspraktiken in Deutschland ins Rollen gebracht hat. Ihrer früheren Trainerin Gabriele Frehse wurde nach langem Hin und Her Anfang Mai gekündigt. In Schäfers ehemaligem Verein, dem TuS Chemnitz-Altendorf, stehen viele weiterhin hinter Frehse. Man darf annehmen, dass dort nicht jeder Pauline Schäfer diesen Erfolg gewünscht hat.

„Okay, ich mach’s!“

Ihr aktueller Trainer Kay-Uwe Temme sprach es am Tag nach ihrem Auftritt in Dortmund aus: „Es war ja nicht nur der Druck, Olympia schaffen zu wollen, sondern aufgrund dieser ganzen von ihr hervorgebrachten Geschichte ist es natürlich auch ein Stück weit ein politischer Wettkampf für sie gewesen“, sagte er. Nicht zuletzt angesichts des öffentlichen Drucks war der Auftritt der 24-Jährigen beeindruckend. „Das hat sie unwahrscheinlich stark gemacht“, sagte Temme.

Kay-Uwe Temme ist Chemnitzer. Er turnte selbst Anfang der Neunzigerjahre im Bundesliga-Team der KTV Chemnitz, für die nun auch Schäfer startet. Anfang 2000 stieg er als Trainer ein, und zwar mit jungen Mädchen in der Frauenturnhalle unter Gabriele Frehse, allerdings nur für ein Dreivierteljahr. 2019, als sich Schäfer mit Frehse bereits überworfen, aber gleichwohl entschieden hatte, weiterhin in Chemnitz leben zu wollen, musste ein Trainer her.

Temme war bei der KTV angestellt und nicht wie seine Kollegen seitens des Verbandes in die Betreuung von Kaderturnern eingebunden: „Ich war quasi frei, und da hab ich gesagt: Okay, ich mach’s!“ Die Aufgabe sei ein großer Reiz für ihn gewesen, sagte Temme heute, aber er habe sich nicht „rangedrängelt“. Die Umstellung auf das Frauenturnen sei groß.

Und zwar vor allem was die Psyche betrifft. Männer seien „ein bisschen gelassener, ein bisschen cooler“, sagte er. „Die lehnen sich auch mal zurück, und die Mädels, die wollen immer arbeiten, viele Wiederholungen, hohe Umfänge machen.“ Temmes Aussage brachte unbeabsichtigt eines der kulturellen Probleme im Frauenturnen auf den Punkt: so viel als möglich trainieren galt und gilt vielen bis heute als Schlüssel zum Erfolg.

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Was Schäfers Dortmunder Auftritt betrifft, ist Temme bescheiden: Man müsse ja sagen, dass Pauline Schäfer als fertig ausgebildete Turnerin zu ihm gekommen sei: „Es ging nur darum, gewisse Sachen wieder hervorzurufen.“ Und darum, „dass man die Denke, den Kopf ein bisschen umstellt“. Anders formuliert, dass sie im Wettkampf „bei sich selbst“ bleibt.

Dabei habe er viel Unterstützung von Dritten bekommen, die Frauen-Nationalmannschaft um Bundestrainerin Ulla Koch und die anderen Trainer hätten ihn „super aufgenommen“. Temmes Engagement für Pauline Schäfer ist momentan bis zum erhofften Abflug nach Tokio begrenzt. Ob es ihm Spaß gemacht hat? „Ganz ehrlich, frei von der Leber weg: ja, unwahrscheinlich!“ Am kommenden Wochenende wird das deutsche Olympiateam benannt. Die Aussichten für Pauline Schäfer sind gut.

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