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#Das ist nichts für Kinder!

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Das ist nichts für Kinder!

Die Kinder und Jugendlichen, von denen „Made in Abyss“ handelt, sind tapfer, lustig und leidgeprüft. Wenn sie weinen, läuft die Nase, aber das sieht nicht abstoßend aus, sondern rührend. Es sind Trickfilmfiguren, und dass ihr Pathos nicht aufgesetzt wirkt, ihr Schmerz nicht stumpf und ihr Witz nicht flach, wenn diese Figuren mit ihren Äpfelchenköpfen und Riesenaugen nicht nur lachen und weinen, sondern auch bluten und sterben, lässt sich nur damit erklären, dass Japan seine Trickfilmkunst inzwischen auf ein Niveau gehoben hat, das es unter härtesten Bedingungen mit sämtlichen Anforderungen des großen, erwachsenen Dramas aufnehmen kann. Für ein kindliches Publikum ist „Made in Abyss“, das muss gesagt werden, absolut ungeeignet. Die komplexe ästhetische Form muss Kinder ebenso überfordern wie der todernste, zerrissene Stoff, der wesentlich mehr mit dem Körperkinohorror eines David Cronenberg zu tun hat als mit Harry Potter oder Pixar.

Am Beginn der Serie steht der Heldin Riko, die als Waise in der Stadt Ôzu aufwächst, die Pubertät noch bevor, als zusätzliche Gefahr am schon ausreichend gefährlichen Ort: Die Stadt hat man als Ring auf den oberen Rand eines Tausende von Metern tiefen Trichters gebaut, der Abgrund oder Abyss heißt, daher der Serientitel. Dort unten herrschen Regeln, die man „Widernaturgesetze“ nennen könnte – unmenschlich und unbegreiflich.

In Ôzu lebt man vom Höhlentauchen, denn unten gibt’s sieben Schichten tief „Relikte“, Bruchstücke einer untergegangenen, vielleicht menschlichen Zivilisation. Sie heraufzuholen ist riskant: Außer putzigen Kugelhörnchen, Bambusbären mit Wasserpilzen auf dem Rücken und Wiesen voller Immertreublüten leben im Schlund nämlich auch gigantische purpurne Fresswürmer und Pelzklötze mit Giftstacheln. Weniger als zehn Prozent der Geschöpfe im Abyss haben überhaupt Namen, die meisten sind unbekannt.

Riko wird mit anderen Kindern zum Höhlentauchen ausgebildet. Es gibt ein Rangsystem, das nach den Pfeifen sortiert ist, die Leute um den Hals tragen, ungeübten jungen Rotpfeifen wie bewunderten, unantastbare Weißpfeifen. Rikos Mutter ist eine der Letzteren, verschollen im Abgrund. Als ein Brief von ihr aus der Finsternis auftaucht, geht die Tochter nach ihr suchen– so kommt die Geschichte in Gang.

Begleitet wird Riko vom äußerlich gleichaltrigen Reg, der ein mechanisch ergänzter kleiner Mensch zu sein scheint, vielleicht aber auch gar kein Mensch ist, sondern ganz Roboter. Er kann sich an nichts erinnern und beschützt Riko auf der Gruselreise mit seinen enormen Körperkräften und futuristischen Gadgets mal besser, mal schlechter.

Tief im Abyss-Trichter, der nicht nur äußerlich an Dantes Hölle erinnert, werden die beiden aus höchster Not von einem faszinierend vieldeutigen, nicht eindeutig einem Geschlecht zugehörigen Geschöpf gerettet, das sich „Nanachi“ nennt und als „flauschiges Kuscheltier“ vorstellt. Nanachi ist wie die andern beiden in gewisser Hinsicht mehr als ein Mensch, andererseits auch wieder weniger – es geht bei „Made in Abyss“ im Grunde um eine schmerzhafte Auseinandersetzung mit dem uralten Leib-Seele-Problem: Manchmal schafft der Körper nicht, was die Psyche will, manchmal tut er auch mehr oder anderes, als ihr recht ist. Das bereitet Menschen Frust oder Kummer, manchmal löst es auch Scham aus, und alle drei unerfreulichen Regungen schaut „Made in Abyss“ ohne Filter an, manchmal bewusst peinlich – besonders die Pubertät ist verwirrend, gerade am Anfang und eigentlich auch wieder ein zu heftiges Thema für Pubertierende, geschweige Kinder.

Lang erwartetes nächstes Kapitel

Zu den vielen Herausforderungen, die „Made in Abyss“ dem Publikum zumutet, gehörte bis zum 30. April in Deutschland auch das Warten auf eine Fortsetzung. Die Manga-Buchvorlage von Akihito Tsukushi erscheint zwar in unserer Sprache munter weiter, aber nach dreizehn Serienfolgen war im September 2018 erst mal Schluss – und das, nachdem vor allem Nanachis Geschichte mit der Tragödie seiner Freundin Mitty, die erst ihre menschliche Gestalt und dann ihr Leben verlor, eine Wendung ins absolut Niederschmetternde genommen hatte. Die Frage, ob man Leuten, die unheilbarem Leiden ausgesetzt sind, beim Sterben helfen sollte, gesellte sich so zur Misshandlung Schutzbefohlener und Fragen wissenschaftlicher Ethik bei Menschenversuchen als eines der entsetzlichen Themen, an denen sich das Team der „Made in Abyss“-Produktionsfirma Kinema Citrus um den Regisseur Masayuki Kojima sich künstlerisch abarbeitet.

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