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#Das Königreich ist nicht auf neuestem Stand

Das Königreich ist nicht auf neuestem Stand

Über die genaue geographische Lage der afrikanischen Königreiche Zamunda und Wakanda werden in einschlägigen Foren intensive Diskussionen geführt. Irgendwo in der Gegend der Großen Seen, lautet die populärste Theorie, westlich von Burundi, wo allerdings im richtigen Leben direkt die Demokratische Republik Kongo anschließt.

Zamunda und Wakanda aber sind mythische Gemeinwesen, erfunden für die Zwecke des amerikanischen Unterhaltungskinos, das aber weniger denn je bloß unterhalten darf. Es geht immer auch um Repräsentation, so war das schon in Eddie Murphys Komödie „Coming to America“, besser bekannt als „Der Prinz aus Zamunda“ (1988), und noch viel deutlicher in dem Superheldenfilm „Black Panther“, in dem Wakanda auftaucht, das im Marvel Cinematic Universe im Übrigen ein bisschen weiter nördlich verortet wird, näher an Südsudan und an Äthiopien. Seit einigen Tagen kann man nun auf dem Heimkino-Kanal von Amazon eine Fortsetzung der Saga von Zamunda sehen: „Coming 2 America“ oder „Der Prinz aus Zamunda 2“ versucht, noch einmal die kulturelle Spannung zwischen einem (fast) idealen ursprünglichen Afrika und den Realitäten im heutigen Amerika auf heitere Weise beizulegen.

Denn der eigentliche komplementäre Ort für Zamunda ist eben nicht Wakanda, sondern Queens, der Stadtteil in New York, in dem ein Barber Shop so etwas wie den Nabel des Universums darstellt. Und in dem Prinz Akeem seinerzeit seine Frau Lisa fand, weil er, mit dem Finger auf dem Globus reisend, dem Missverständnis aufgesessen war, in Queens wüchsen Königinnen in Freiheit heran.

Dressierte Thronfolgerin

Die Thronfolgerin, die für ihn vom bisherigen Regenten in Zamunda vorgesehen war, erwies sich nämlich als streng dressiertes Wesen, von dem außer devoten Echos keinerlei Anregung zu erwarten war. Den komischen wie auch strukturellen Höhepunkt des ersten Films hatte eine Szene gebildet, in der Akeem in der laut rumpelnden New Yorker U-Bahn seiner Lisa einen Antrag macht und diesen mit einer großen Absage verbindet: „Ich verzichte auf den Thron“, erklärt er mit entsprechendem Pathos und vor vielen Zeugen, die ihn naturgemäß für einen Spinner halten.

Denn Prinzen aus sagenhaften afrikanischen Königtümern sind im E-Train nach Jackson Heights wohl häufiger anzutreffen als in einer Wirklichkeit, für die Eddie Murphy damals mit einem anderen Gag den Interpretationsspielraum vermaß: als „Kunta Kinte“ wird Akeem da angesprochen, als wären alle afrikanischen Afrikaner in Alex Haleys Versklavungsepos „Roots“ enthalten gewesen.

Zamunda war ein Abkömmling zahlreicher Operetten-Fürstentümer, in denen mit der Herausbildung der Nationalstaaten das aufgehoben wurde, wofür die Moderne nicht mehr genug Sinn hatte: ausladende Exzentrik, groteskes Zeremoniell oder einfach behagliche Altertümlichkeit, nicht zu reden von unerschöpflichen Budgets. Für Eddie Murphy war Zamunda damals aber noch deutlich mehr: Er konnte mit „Der Prinz aus Zamunda“ den Ruhm, den er sich als schwarzer Buddy im Mainstream-Kino erworben hatte, in den Dienst einer ermächtigenden Erzählung stellen. Sieht man von John Landis ab, der mit den Lorbeeren der „Blues Brothers“ als Regisseur zu dem Projekt kam, war „Coming to America“ ein dezidiert afroamerikanischer Film, und der Umstand, dass Eddie Murphy mehrere Rollen spielte, darunter auch das jüdische Faktotum in dem besagten Barber Shop, machte deutlich, dass hier eine Community etwas mit sich selbst ausmachen wollte. Nämlich Liebes- und Regierungsideale mit alltagssprachlichem Realismus abzugleichen und königliche Selbstbezüglichkeit in echte Partnerschaft aufzuheben.

Dreiunddreißig Jahre später verblüfft an der Fortsetzung, wie sehr alles beim Alten geblieben ist, also beim damals Jungen. Die Wunderwelt von Zamunda ist noch einmal deutlich üppiger ausgestattet, die Kostümdesignerin Ruth E. Carter, die auch „Black Panther“ eingekleidet hat, konnte aus dem Vollen einer Imagination schöpfen, die von orientalisierender Pracht bis zu Street Wear reicht.

Der damalige Prinz Akeem ist nun schon lange König, er erwacht mit dem ausgeklügelten höfischen Morgenprotokoll nicht mehr in die anzügliche Betreuung durch drei Bademeisterinnen, sondern neben seiner Frau. Und den Gruß an den neuen Tag entbieten drei Töchter. In Zamunda passt alles nach wie vor perfekt, bis auf den Umstand, dass ein männlicher Thronfolger fehlt. Und ausgerechnet der liberale Akeem meint, das wäre ein Problem, dabei steht doch in Gestalt seiner Tochter Meeka bereits die Lösung bereit. Das würde aber den Umweg nach Queens ersparen, der für die Komödie unerlässlich ist.

Auftritte afroamerikanischer Stars

Die etwas umständliche Geschichte von „Der Prinz aus Zamunda 2“ lässt manchmal beinahe übersehen, wie sehr sich das afroamerikanische Starsystem seit 1988 entfaltet hat. Tracy Morgan zum Beispiel, bekannt aus der Sitcom „30 Rock“, kommt über ein paar gute Momente als Onkel eines unvermutet entdeckten unehelichen Sohns von Akeem nicht hinaus; und Leslie Jones, die dessen Mutter Mary Junson spielt, hätte eine stärker ausgearbeitete Rolle verdient, ist aber immerhin bei dem Gag dabei, der in diesem Fall so etwas wie der Ankerpunkt des ganzen Films ist.

Es gibt nämlich nun auch einen Bademeister, und das Privileg einer Unterwasserstimulation der erregbaren Organe steht nicht mehr nur dem Prinzen zu. Die Geschlechterfrage erweist sich als der Punkt, an dem Zamunda auf den neuesten Stand gebracht werden muss: „Coming 2 America“ würde mit der Schlusshymne „We Are Family“ nämlich lügen, wenn in dieser stolzen schwarzen Familie bei aller Vorzeitlichkeit der Attraktionen von Zamunda weiterhin nur die Väter das Sagen hätten.

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