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#Das Ringen von Sinn und Sinnlichkeit

Das Ringen von Sinn und Sinnlichkeit

Zwanzig Millionen Menschen aus aller Welt reisen jedes Jahr nach Paris und schätzen sich glücklich, den Eiffelturm zu sehen. Christoph Kunz aus Freiburg ging nach Paris und fand sein Glück darin, den Eiffelturm nicht zu sehen, was wiederum mit der Glückszahl sieben zusammenhängt, und das kam so: Die Schulkarriere des jungen Herrn Kunz war von einem gewissen Unernst geprägt, weshalb ihn seine Mutter als erzieherische Maßnahme während der Sommerferien in die Spülküche eines befreundeten Hoteliers steckte.

Das war eine weise Entscheidung, denn augenblicklich wusste der Junge, dass er Koch werden wollte, und zwar ein sehr guter. Deswegen ging er beim Besten seiner Heimatstadt in die Lehre, bei Alfred Klink im „Colombi“, wurde schnell dessen Meisterschüler und bekam von ihm am Ende der Lehrzeit sieben Empfehlungsschreiben für sieben Spitzenrestaurants. Sechs lagen in Deutschland, das siebte aber war Alain Ducasses „Le Jules Verne“ im Eiffelturm, jenes Lokal, dessen Vorläufer Guy de Maupassant zu seinem Lieblingsrestaurant erkoren hatte, weil er den Turm verabscheute und sich so den verhassten Anblick ersparte. Mit dem deutschen Jungkoch hätte der Dichter allerdings nur schwer Konversation machen können, da dieser kein Wort Französisch sprach, als das Pariser Abenteuer begann – ein weiterer Beweis dafür, dass Kunz schon immer seinen eigenen Kopf hatte.

Blick auf den Münchner Marienhof

Inzwischen blickt er nicht mehr aufs Marsfeld, sondern aus dem „Alois“ im ersten Stock des Delikatessenhauses Dallmayr auf den Münchner Marienhof. Doch seinen jugendlichen Eigensinn hat er sich auch mit Mitte dreißig noch bewahrt. Das zeigt er schon mit den Küchengrüßen, die sich jeder Konvention verweigern und stattdessen Früchte harter kulinarischer Kopfarbeit sind. Er kombiniert kühn Topinambur-Creme mit Preiselbeersaft, Fenchel-Mascarpone mit Kaviar, Süßkartoffel-Crustat mit Fontina-Käseschaum, Kumamoto-Auster mit Buttermilch, Blaubeeren, Fichtensprossen und lässt seine Gäste so von Anfang an nicht im Zweifel daran, dass auch sie ihren Kopf anstrengen müssen, um diese Küche zu verstehen.

Kühne Kombinationen gibt es im „Alois“ in München.


Kühne Kombinationen gibt es im „Alois“ in München.
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Bild: Alois Dallmayr

Bevor man zu einem abschließenden Ergebnis kommt, geht es mit der Intellektualität am Herd schon weiter. Eine Königskrabbe wird in Butter confiert, langsam auf 42 Grad warm gezogen und dadurch weich wie eine Mousse. Als Kontrast gibt es dazu Zitrus-Vinaigrette, Safran-Creme, Marmelade aus den Schalen sizilianischer Grapefruits und Schwarzwurzelscheiben in Vin Jaune – lauter Komponenten, die eher ein wenig miteinander fremdeln, als auf den ersten Blick und Bissen Freundschaft zu schließen. Doch genau das nimmt Kunz in Kauf, der niemals den einfachen Weg geht, sondern sich am liebsten den Kopf darüber zerbricht, wie er seine Gäste verblüffen kann, ohne sie zu verschrecken.

Meist geht die Kopfarbeit auf

Wenn sich der Küchenchef zwischen Sinn und Sinnlichkeit entscheiden muss, neigt er immer zum Ersteren. So fehlt ihm manchmal eine Prise vom Letzteren, etwa beim Schwarzen Trüffel mit fermentierten Himbeeren, Blumenkohl und Liebstöckel, einem in seinen Widersprüchen zwar genauestens durchdachten, aber auch etwas spröden Gang, bei dem jede Ingredienz zum Eigenbrötler wird.

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