#Wann ist die Wahl gelaufen?
„Wann ist die Wahl gelaufen?“
Wer entscheidet, wann die amerikanische Präsidentenwahl gelaufen ist? Die korrekte Antwort darauf lautet: der neu gewählte Kongress in Washington, wenn er am 6. Januar das Ergebnis der Abstimmung im „electoral college“ vom 14. Dezember zertifiziert. Streng genommen, gibt es erst dann einen „President-elect“.
Andreas Ross
Verantwortlicher Redakteur für Politik Online und stellvertretender verantwortlicher Redakteur für Nachrichten.
Die faktische Antwort freilich lautet seit Jahrzehnten anders: Die großen Fernsehsender und andere Medien bestimmen den Moment, in dem der Wahlsieger (in den Augen der Wähler) feststeht. Denn es gibt keine nationale Behörde oder andere „offizielle“ Instanz, die auf nationaler Ebene zusammenrechnen würde, was die Auszählungsergebnisse in den fünfzig Bundesstaaten und im Hauptstadtbezirk Washington für das Weiße Haus oder die Mehrheiten im Kongress bedeutet. Und auch die Staaten lassen sich Zeit: Nur das kleine Delaware hat schon ein offizielles Endergebnis. Kalifornien dagegen will seines erst am 11. Dezember vorlegen. Die anderen Staaten irgendwann dazwischen.
Also betreiben die Medien einen enormen Aufwand, um ihrer Rolle nachzukommen, die Bürger so schnell wie möglich zuverlässig zu informieren. Wie funktioniert das? Zunächst ist zu unterscheiden, wer die Daten sammelt und wer auf ihrer Grundlage entscheidet, ob die Zeit für einen „call“ reif ist – also für die Entscheidung, dass das Rennen in einem Staat entschieden sei.
Die Nachrichtenagentur AP und der „National Election Pool“ (NEP) haben nach eigenen Angaben mit jeweils rund 4000 Mitarbeitern Daten gesammelt. In aller Regel waren oder sind diese Mitarbeiter persönlich da, wo Stimmen gezählt werden: in den meisten Staaten also in den Hauptorten der Landkreise, mancherorts auch in Städten und Gemeinden. Denn die Wahlleiter in den Bundesstaaten, denen die Zwischenergebnisse gemeldet werden, sind oft sehr langsam darin, diese auf ihren Websites zu veröffentlichen. Das hat auch mit Personalmangel zu tun: Viele Wahlleiter klagen über unzureichende Etats. Das ist übrigens auch ein Grund für die lange Dauer der Auszählung: Weniger Geld heißt weniger Wahlhelfer, heißt längeres Warten.
AP und NEP werten aber noch sehr viel mehr Daten aus als nur die Auszählungsergebnisse. Die Arbeit der Tausenden freien Mitarbeiter „beginnt Monate vor dem Wahltag“, erläutert etwa die AP. Sie studieren die bisherigen Wahlergebnisse und die demographischen Veränderungen der Wählerschaft. Und sie machen sich mit den Änderungen der im jeweiligen Staat geltenden Wahlgesetze vertraut.
Die Präsidentenwahl wird nicht nach einem gemeinsamen, nationalen Wahlrecht abgehalten. Vielmehr legen die 50 Bundesstaaten und der Hauptstadtdistrikt jeweils selbst fest, nach welchen Regeln ihre „Wahlleute“ gewählt werden, die dann im Dezember den Präsidenten wählen. An diesem Wahlrecht wurde in sehr vielen Staaten bis wenige Tage vor der Wahl herumgeschraubt: Wer muss sich wie im Wahllokal identifizieren, wer darf unter welchen Bedingungen per Brief wählen, wie viele Wahllokale sind schon vor dem Wahltermin offen, wer ist überhaupt wahlberechtigt – und so weiter. Das sind oft Änderungen, von denen sich die jeweilige Mehrheitspartei in dem Staat Vorteile verspricht, weshalb die andere Partei in der Regel gegen Änderungen vor Gericht zieht. In diesem Jahr gab es Hunderte Gerichtsverfahren, was einerseits an vielen Änderungen wegen der Corona-Pandemie lag, andererseits aber auch die zunehmende Unversöhnlichkeit des Parteienstreits spiegelt. Manche Verfahren sind bis heute nicht abgeschlossen.
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