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#Gericht ebnet den Weg für Telekom-Vergleich

Gericht ebnet den Weg für Telekom-Vergleich

An diesem Dienstagmorgen trafen die Streitparteien schon in der dritten Runde vor dem Spezialsenat für Kapitalanleger-Musterverfahren (KapMuG) am Oberlandesgericht Frankfurt aufeinander. Auf der einen Seite steht die Deutsche Telekom AG, die sich seit nunmehr 20 Jahren mit tausenden Kleinanlegern aus ganz Deutschland, viele davon hochbetagt, um eine Entschädigung streitet. Auf der anderen Seite die Erben des Musterklägers, der schon vor Jahren gestorben ist. Die finalen Schritte im Prozess führt nun sein Anwalt Peter Gundermann von der Kanzlei Tilp zu Ende. Dessen Kanzleipartner Andreas Tilp, für viele Beobachter die prägende Figur des größten Anlegerschutzprozesses in Deutschland, verunglückte in diesem Frühjahr tödlich.

So bekam „Mr. KapMuG“ nicht mehr mit, wie seine Partnerkollegen, weitere Anlegervertreter und die Telekom-Anwälte über mehrere Monate hinweg einen Kompromiss aushandelten, der nun vor dem Oberlandesgericht Frankfurt gebilligt wurde. „Sie haben sehr gute Vorarbeit geleistet und wir unterstützen den Vorschlag“, sagte Bernhard Seyderhelm, Vorsitzender des 23. Zivilsenats in Frankfurt. Den rund 17.000 klagenden Kleinaktionären, die auf ein Signal in der Musterklage warten, riet der Vorsitzende „dringend“ an, das Angebot anzunehmen. Die Erbengemeinschaft des Musterklägers habe signalisiert, dem Vorschlag in den kommenden Tagen ebenfalls zuzustimmen, sagte Anwalt Gundermann.

Sehr günstiges Angebot an Kläger

Das Verhandlungsergebnis, das beide Seiten als angemessen und praktikabel beschrieben, sieht folgende Lösung vor. Profitieren können Aktionäre, wenn sie folgende Voraussetzungen erfüllen: Sie müssen ihre Anteilsscheine zwischen dem 27. Mai 2000 und dem 19. Dezember 2000 gekauft haben. Die Ansprüche dürfen nicht verjährt sein. Und die Anspruchssteller müssen noch Inhaber der Forderung sein. In den Fragen der Verjährung, die vor allem Klagen nach dem 27. Mai 2003 betrifft, macht die Telekom Zugeständnisse, wenn die Kläger entsprechende Nachweise vorlegen können. Zudem soll in Zweifelsfällen in den noch Tausenden anhängigen Klagen eine Schlichtungsstelle in Hamburg eingeschaltet werden. Sind die ursprünglichen Forderungsinhaber verstorben, müssen die Erben ebenfalls einen Nachweis vorlegen. Wer seine Aktien zwischenzeitlich verkauft hat und trotzdem noch klagt, soll ebenfalls ein Angebot erhalten.

Dessen Kondition veröffentlichte das Oberlandesgericht Frankfurt schon in der vergangenen Woche. Die Kläger erhalten die vollen ursprünglichen Kaufkosten zurück, einschließlich der Erwerbsnebenkosten. Die Aktien bleiben im Besitz des Kleinaktionärs, dafür setzt die Telekom einen Aktienkurs von 16,50 Euro an. Bereits geleistete Dividendenzahlungen müssen sich die Aktionäre auf ihren Anspruch anrechnen lassen. Wer seine Aktien zwischenzeitlich weiterverkauft hat, soll die Differenz der Kaufkosten abzüglich des Wiederverkaufserlöses und erhaltener Dividenden bekommen. Kläger, die diese Voraussetzungen erfüllen, sollen bis 30. Juni 2022 ein Angebot erhalten.

Im Februar 2021 präsentiert Andreas Tilp stolz einen Beschluss des Bundesgerichtshofs. Wenige Wochen später stirbt er bei einem Unfall.


Im Februar 2021 präsentiert Andreas Tilp stolz einen Beschluss des Bundesgerichtshofs. Wenige Wochen später stirbt er bei einem Unfall.
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Bild: Frank Michael

Zwei neue, für die Kläger sehr attraktive Details wurden im Rahmen der Erörterung bekannt. Die Telekom erstattet ihnen 70 Prozent der Prozesszinsen die bis zum Jahresende 2021 anfallen. Da einige Klagen seit 20 Jahren anhängig sind, dürfte dies einen größeren Posten ausmachen. Im Vorfeld hatten die verschiedenen Anlegervertreter die Höhe ihrer Gesamtforderungen mit rund 200 Millionen Euro angegeben. Wenn der Musterkläger seine Klage zurücknimmt und beide Seiten keine Kostenanträge stellen, übernimmt die Telekom die kompletten Gerichts- und Anwaltskosten, das gilt auch für die Einzelklagen.

„Das Verfahren läuft seit 20 Jahren und es würde auch noch zehn Jahre weiterlaufen. Es ist jetzt an der Zeit, das wir dieses sehr faire Angebot machen“, erklärte Claudia Junker, Chefjuristin der Telekom nach der Verhandlung. Der langjährige Prozessvertreter des Konzerns, Bernd-Wilhelm Schmitz, ergänzte: „Wir freuen uns, dass das Gericht deb Vergleichsvorschlag ausdrücklich begrüßt hat und allen Anlegern empfohlen hat, das Angebot anzunehmen.“

Rechtssicherheit für den Bund

Zudem verschafft der Vergleich auch den Beigeladenen Rechtssicherheit. Ansprüche gegen frühere Vorstände der Telekom, gegenüber dem Bund und der KfW sowie gegenüber Deutscher Bank, Commerzbank und Goldman Sachs sind durch die Vereinbarung ausgeschlossen. Die Telekom setzt sich zeitnah mit den Anwälten aller klagenden Privatanleger in Verbindung. Bis zum 30. Juni 2022 soll jeder Kläger, der die Voraussetzungen erfüllt, ein Angebot erhalten. Wenn die Kleinaktionäre oder ihre Erben schriftlich zustimmen, sollen sie das Geld innerhalb von 30 Tagen erhalten.

Nach dem dritten Börsengang der Telekom im Jahr 2000, bei dem Aktien zum Preis von 66,50 Euro ausgegeben wurden, kam es zu starken Kursverlusten. Tausende Kleinaktionäre zogen von 2001 an gegen den Konzern, den Bund, die KfW und die Konsortialbanken vor Gericht. Denn im Börsenprospekt war die Aktienübertragung der Sprint Inc. in den USA auf ein Telekom-Tochterunternehmen als Verkauf gekennzeichnet. Diese Transaktion war tatsächlich nur eine „Umhängung“ und damit im Börsenprospekt falsch ausgewiesen. Diesen schwerwiegenden Fehler bestätigte der Bundesgerichtshof Jahre später. Weil der ursprüngliche Vorlagebeschluss des Landgerichts Frankfurt aus dem Jahr 2006 datiert und damit für das Telekom-Verfahren noch das ursprüngliche Gesetz für Musterverfahren gilt, mussten die Parteien abermals für einen Erörterungstermin nach Frankfurt kommen.

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