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#Der Arzt unseres Vertrauens

Der Arzt unseres Vertrauens

Nie war die Glaubwürdigkeit der Verbindung von Wissenschaftlichkeit und Lebensklugheit so wertvoll wie heute, wo „Seuchenspezialisten“ beim Jahrmarkt der Meinungen auf Social Media Karussell fahren. Unaufgeregtes Erklären der pandemischen Lage, wie es im „Coronavirus-Update“-Podcast von Christian Drosten und Sandra Ciesek geschieht oder in den Videos von Mai Thi Nguyen-Kim, der promovierten Chemikerin und ZDF-Naturwissenschaftsvermittlerin, ist zu Recht zum Publikumsrenner geworden. Vage meint man zu wissen, was mathematisches Modellieren der Zukunftslage bedeutet, und glaubt doch an Hexenwerk, solange sich die begründete Abstraktion nicht an die weichen, aber bestimmenden Fakten des erlebten sozialen Lebens anschließen lässt. In der allgemeinen Unübersichtlichkeit treten Lebensversicherer hervor, die Narren sein können oder weise.

Inzwischen auch im Fernsehunterhaltungsbereich und selbst wenn Corona mit keinem Wort erwähnt wird. Wie bei der neuen ZDF-Arztserie „Doktor Ballouz“, deren Titelfigur zu den Weisen der selbstreflektierenden Art gehört. Merab Ninidze spielt diesen Arzt unseres Vertrauens evident. Idealistisch, melancholisch, zurückhaltend gibt er Doktor Ballouz unerschütterbare Wärme und eine hellwache Menschenfreundlichkeit, die stets ein Restgeheimnis bewahrt. Eine gebrochene Figur, aus Notwehr optimistisch. Gleich in der ersten Folge bespricht der Mediziner mit dem Mädchen Flori, einer Waise mit Verlassenheitstrauma, dass die eigene Familie vor langer Zeit in einem fernen Krieg umgekommen sei.

Auch wenn die Fragilitätserfahrung bleibe, könne man Wahlfamilie finden, eine Heimat, am Herzensort Uckermark. Das klingt nach Lebensratgeber, wird aber stimmig eingebettet und mannigfach mit Witz in den Einzelepisoden variiert. Da ist der Mann mit Lungenkrebs, der eigentlich sterben möchte und die Bemühungen der Ärzte unterläuft. Da ist die schwangere Radfahrerin, deren Baby beim Verkehrsunfall mehr abbekommen hat als zunächst gedacht. Der Familienvater, der überraschend in Kürze sterben wird und seine Angelegenheiten ordnen muss. Eine Frau (Andrea Sawatzki), die seltsamerweise die lebensrettende Operation ihres Mannes verweigert. Und, in der letzten Folge, die hirntote Kindergärtnerin Marlene, deren Freund und Eltern die Haltung der Verstorbenen zur Organspende gegensätzlich sehen – bis die Mutter in der Kita ihrer Tochter auf ein bestimmtes Buch stößt. Lesen bildet eben.

Auch wenn die Grundherzlichkeit der Serie hoch ist, besteht das Zuckrige von „Doktor Ballouz“ einzig im Kuchenkonsum des Mannes, für den man schnell Mitgefühl entwickeln kann wie für die Patienten. Dieser Mediziner mit hellblauem Trabi, dem Backwerk in jeder Form verfallen, hat angeblich eine Katzenphobie, die Ehe mit seiner tragisch gestorbenen Frau Mara (Clelia Sarto) war nicht in allem ideal, jetzt ist er nach einer Art Rekonvaleszenz zurück am Arbeits- und Philosophierplatz, nicht jeder Klinikmitarbeiter findet das gut.

Dr. Barbara Forster (Julia Richter), die Kollegin, und die Assistenzärztin Dr. Michelle Schwan (Nadja Bobyleva) arbeiten vertrauensvoll an seiner Seite, der Interims-Chefarzt Dr. Mark Schilling (Daniel Fritz) zickt, Klinikchef Prof. Frey (Michael Kind) geht mit seinem Freund Ballouz angeln und unterhält sich mit ihm über die Lebenden und die Toten. Schwester Irina (Monika Anna Wojtyllo), der in rosa Kluft gesteckte Putzmann Vincent Patzke (Vincent Krüger) und die Tankstellenbesitzerin Cindy (Barbara Philipp) helfen dem Witwer tatkräftig in den Alltag zurück.

Weit davon entfernt, bloß den Mediziner unseres Vertrauens zu spielen – die gibt es in Serien im Dutzend billiger –, verbindet Amin Ballouz höchste medizinische Kompetenz mit jesusgleicher Kunst des Verständnisses der menschlichen Seele. Die Klinikkapelle ist Ort des Mittagessens und der Besinnung – man lebt schließlich nicht vom Brot allein, sondern von Zuversicht, Trost und Liebe. Hier, in der Uckermark-Klinik, trifft sich individuelles, aber allgemeingültiges Schicksal mit Provinzverwurzelung, der Liebe zur Natur, dem Wunsch, bedeutungsvolle Beziehungen zu führen.

„Doktor Ballouz“ ist die Arztserie der Stunde, vielleicht sogar einer neuen Zeit, in der kaputte, zynische Typen wie „Dr. House“ abtreten müssen. Die Qualität der Bücher dieser ZDF-Serie (Hauptautorin Conni Lubek, daneben Kerstin Laudascher und Silja Clemens, nach dem Buch „Deutschland draußen“ von Amin Ballouz und Jasper Fabian Wenzel) spricht für sich, vor allem aber liegt es an den Darstellern (in Episodenrollen neben Andrea Sawatzki etwa Jörg Schüttauf, Inka Friedrich, Dietrich Hollinderbäumer, Monika Lennartz und viele mehr), dass man gern eine zweite Staffel sehen mag.

Doktor Ballouz, an diesem Donnerstag, 20.15 Uhr im ZDF

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