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#Der Aufstand eines Radsport-Dinos

Der Aufstand eines Radsport-Dinos

Die Comeback-Geschichte von Mark Cavendish elektrisiert die Tour de France, die Bilder von ihm sind omnipräsent. Die Spekulationen sind verlockend, ob er es wirklich schaffen kann, den Rekord von Eddy Merckx (34 Etappensiege) einzustellen. Zwei Mal schon war Cavendish, dessen Karriere vor wenigen Monaten noch in Trümmern zu liegen schien, bei dieser Frankreich-Rundfahrt der Tagesschnellste. „Cav“ gewann die vierte Etappe in Fougères wie einst 2015, und er siegte am Donnerstag beim sechsten Teilstück in Châteauroux wie einst 2008.

In ebendieser zentralfranzösischen Stadt Châteauroux nahm Cavendishs Tour-Saga ihren Lauf. Vor dreizehn Jahren gelang dem Mann von der Isle of Man dort im Sprint sein erster von nunmehr 32 Etappensiegen bei der Tour. 2011 ließ er dort einen weiteren folgen, und nach schweren Jahren weiß der 36-Jährige plötzlich sein Rad wieder so zu beschleunigen und im Massensprint kleinste Lücken ausfindig zu machen wie damals. „Ich kann es kaum glauben: Zehn Jahre ist es her, dass ich hier zuletzt gewonnen habe. Schon etwas Besonderes“, sagte Cavendish.

2008? 2011? Für die Tour und den Radzirkus prägende Profis wie Tadej Pogacar oder Mathieu van der Poel muss das klingen wie: Ein Renn-Opa erzählt von früher. Bei Cavendishs erstem Tour-Tagessieg war Pogacar gerade mal neun Jahre alt. Der aktuelle Triumphzug von Cavendish wirkt vor dem Hintergrund der Entwicklungen im Radsport in den vergangenen zwei Jahren wie ein Aufstand der Dinosaurier im Peloton.

Junger Überflieger: Tadej Pogacar bei seinem Tour-Sieg im Vorjahr


Junger Überflieger: Tadej Pogacar bei seinem Tour-Sieg im Vorjahr
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Bild: dpa

Denn die aktuelle Ü-30-Generation, welche ihren Sport jahrelang wie selbstverständlich prägte, hat den Zugriff auf die Siege bei den großen Rennen verloren. Schaut man allein auf die großen Landesrundfahrten, wird klar, dass die Wachablösung nicht beginnt, sondern quasi abgeschlossen ist. Bei der Tour de France 2019 triumphierte der damals 22 Jahre alte Egon Bernal. Im vergangenen Jahr stand Pogacar auf den Champs-Elysées ganz oben auf dem Treppchen – mit 21 Jahren. Er ist nun als 22-Jähriger auf dem Weg zu seinem zweiten Tour-Triumph.

Der Thronsturz passiert schlagartig

Die Sieger des Giro d’Italia hießen zuletzt Bernal (mittlerweile 24 Jahre alt) und 2020 Tao Geoghegan Hart (damals 25). Bei den großen Eintagesrennen haben die beiden 26-Jährigen Wout van Aert und Van der Poel begonnen, das Maß aller Dinge zu sein. Mit einem anderen, offensiveren Stil als dem zuvor dominierenden. Und mit dem Belgier Remco Evenepoel (21 Jahre) steht ein weiteres „Wunderkind“ in den Startlöchern. Weltmeister Julian Alaphilippe ist zwar schon 29 Jahre alt, hat aber auch schon in jüngeren Jahren begonnen, seine imposante Trophäensammlung aufzubauen.

Im Radsport stellt es sich nicht so dar wie im Tennis, wo die Szene sich seit Ewigkeiten fragt, wann denn den Jungen mal der Thronsturz von Nadal, Federer und Djokovic gelingt. Im Radsport passierte es nicht schleichend, sondern eher schlagartig. Zum Leidwesen von Profis wie zum Beispiel Geraint Thomas, Peter Sagan, Jakob Fuglsang, Nairo Quintana oder Alejandro Valverde, die nur noch wie Altmeister wirken, denen vereinzelte Glanztage glücken.

Verhält sich geschickt und bleibt im gelben Trikot: Mathieu Van Der Poel


Verhält sich geschickt und bleibt im gelben Trikot: Mathieu Van Der Poel
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Bild: EPA

„Es ist schon beeindruckend, wie sich der Radsport entwickelt hat, getrieben durch diese enorm schnellen jungen Fahrer“, sagt der Oberurseler John Degenkolb. Der 32-Jährige gehört zu den aktuell vom Tempo der Jungen abgehängten Fahrern und ist von seinem Team Lotto-Soudal nicht für die diesjährige Frankreich-Rundfahrt nominiert worden. Der 36-jährige Tony Martin begrüßt die „Charaktere und die Skills der jungen Fahrer. Sie tun dem Radsport gut.“

Ein Beleg für die Kräfteverschiebung ist auch das aktuelle Tour-Klassement. In den Top-10 befinden sich mit dem Kolumbianer Rigoberto Uran (34) und dem Italiener Vincenzo Nibali (36) nur zwei Profis über 30. Ein Alter, in dem man vor nicht langer Zeit im Radsport erst als fähig für absolute Höchstleistungen erklärt worden ist.

Wie lange geht das gut?

Worauf beruht diese Entwicklung? Individuelle Trainingssteuerung, umfassende Ernährungsberatung oder Detailarbeit an der Aerodynamik sind nicht nur ins Profifeld eingezogen, sondern auch die Nachwuchsfahrer kommen in den Genuss von alldem. Schon in der U-23-Klasse führen die Besten ein Profileben. Mit Trainingsblöcken, (Höhen-)Trainingslagern und Renneinsätzen inklusive permanentem Leistungsdruck reifen sie früher und schneller.

Der dänische Top-Profi Fuglsang (36) sagte unlängst, dass er Jahre seiner Karriere verschwendet habe, weil er zu wenig gegessen habe. Grundlegende Fehler im Aufbau dürften bei der jüngeren Generation kaum noch gemacht werden. Der 31-jährige Sagan scheint dem Hype um die jungen Kerle noch nicht zu trauen. Er, sagte der Slowake, sei schon seit vielen Jahren oben und habe sich dort gehalten. Die Jungen sollten sich erst mal beweisen.

In der Tat wird gemutmaßt, dass Pogacar und Bernal das enorme Anfangstempo ihrer Laufbahnen im zehrenden Radgeschäft nicht bis zum 30. Geburtstag durchhalten könnten. Weil ihre jungen Körper schon zu früh auf Höchstleistung gepusht worden seien. Die Zeit wird es zeigen. Aber eines ist klar: Über einige der einstigen Konventionen im Radsport hat sich diese junge Generation schon hinweggesetzt.

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