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#Der Geist in den Bäumen

Der Geist in den Bäumen

Der Pfad zum berühmten Meiji-Jingu ist nicht nur am Silvesterabend voller Besucher, wenn Tausende zu Tokios beliebtestem Schrein kommen, um Fünf-Yen-Münzen in eine Holzkiste zu werfen, zu klatschen und so auf Glück im neuen Jahr zu hoffen. Der Meiji-Schrein ist der bekannteste Ort in Japans Hauptstadt. Die 120.000 Bäume im Park wurden vor hundert Jahren von Bürgern aus ganz Japan gespendet und von Freiwilligen gepflanzt. Der Shinto-Schrein in seiner Mitte ist dem Meiji-Tenno gewidmet, der Japan Ende des 19. Jahrhunderts dem Westen gegenüber öffnete und so auch den Einfluss europäischer Architekten auf Japan ermöglichte.

Bald nach dem Tod des Kaisers im Jahr 1912 wurde ein Iris-Garten, den er oft besuchte, als Gedenkstätte für ihn und seine alles entscheidende Meiji-Restauration ausgewählt. Der berühmte Architekt Ito Chuta entwarf den Shinto-Schrein zu Ehren des Kaisers im Nagare-Zukuri-Stil aus Zypressen aus Nagano und Materialien aus allen japanischen Präfekturen, einschließlich Koreas und Taiwans, die damals zum Staatsgebiet gehörten, um dem Schrein für den Gründer des modernen Japans eine nationale Identität zu verleihen. Das Gebäude aus dem Jahr 1921 wurde im Zweiten Weltkrieg durch amerikanische Bomben zerstört; sein baugleicher Nachfolger wurde 1958 fertiggestellt.

Japans zeitgenössische Architektur befindet sich heute abermals in einer Phase der „nationalen“ Seelensuche, in der sie ihre Wurzeln wiederentdeckt und dabei vor allem die eigene Holzarchitektur neu erfindet. Kengo Kuma ist der führende Vertreter der zeitgenössischen Architektur in Japan, und so lag es nah, dass er das Meiji-Jingu-Museum planen würde. Das neue Museum zeigt kaiserliche Kunstgegenstände aus dem Bestand des Homotsuden, des nahegelegenen Schatzmuseums von 1921, sowie Exponate zur Geschichte des Schreins und seines kostbaren Parks. Die Exponate beleuchten Schlüsselszenen der kaiserlichen Geschichte Japans. Im Erdgeschoss werden der Meiji-Jingu selbst und Aspekte der Shinto-Religion vorgestellt, während im oberen Stockwerk Platz für Dauer- und Sonderausstellungen ist. Zentrales Artefakt ist die prunkvolle Kutsche, in der Kaiser Meiji an dem Tag fuhr, als er die japanische Verfassung unterzeichnete.

Holzbau mit Stahlkern: Das neue Museum duckt sich unter die alten Bäume.



Bilderstrecke



Museum zum Meiji-Schrein
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Der Geist in den Bäumen

Kuma ist bekannt für seine innovative Arbeit mit natürlichen Materialien wie Holz, Stein und Ton und hat bahnbrechende Entwürfe kreiert, die die traditionelle japanische Ästhetik und die Moderne glücklich miteinander verbinden. Sein Meiji-Museum wirkt wie eine Holzkonstruktion, aber da die Brandschutzbestimmungen von Tokio die Verwendung von Holz als tragendem Material für öffentliche Gebäude nicht zulassen, besteht es in Wahrheit aus einem Stahlskelett. Die H-Träger wurden zwischen den Flanschen mit Zypressen-Planken verkleidet, „um die Schärfe des Tragwerks und die warme, sanfte Atmosphäre im Raum auszugleichen“, wie der Architekt es formuliert. Alle Räume bieten herrliche Panoramablicke in den saftigen Yoyogi-Park. Die Verwendung von Holz als Feuerschutz-Material für Stahlskelette ist in Japan keine Seltenheit – und nicht so kurios, wie sie zunächst klingen mag. Holz, das unter Einwirkung direkter Flammen zu Holzkohle schmort, gilt als feuerfestes Material. Sogar in Kumas Olympia-Stadion, das in diesem Sommer viel internationale Aufmerksamkeit auf sich lenken wird, falls denn die Sommerspiele in Tokio stattfinden können, verwendet er Holz – sowohl für Verkleidungen als auch in tragender Funktion.

Letztes Jahr jährte sich die Gründung des Meiji-Jingu für Kaiser Meiji und Kaiserin Shoken zum hundertsten Mal. Bäume und Holz haben in der Architektur des Museums mehrere Bedeutungen. Die Bäume aus ganz Japan, die nach dem Tod des beliebten Regenten gesammelt wurden, sind jetzt hundert Jahre alt und entsprechend hoch gewachsen, so dass sie einen herrlichen Baldachin über Kumas Gebäude bilden. Der Architekt begrenzte die Höhe seines Museums streng und teilte sein Dach in kleinere Segmente mit schlanken Traufen. Die Dachlandschaft folgt nicht den geschwungenen Formen des Nagare-Zukuri-Stils des Schreins, sondern hat die Form traditioneller Fußwalmdächer. Die eleganten Dachüberstände ähneln Kumas Entwurf für das nahegelegene Nezu-Museum für buddhistische Kunst.

Da der Meiji-Jingu ein Schrein ist und gemäß der Shinto-Religion die Kami, Geister, alle Teile der Natur einschließlich der Vegetation bewohnen können, hat der Architekt der „heiligen Natur“ besondere Aufmerksamkeit geschenkt: Die wenigen Bäume, die gefällt werden mussten, um Platz für das neue Museum zu schaffen, wurden zu Möbeln und Oberflächen im Museum verarbeitet. Kuma tat dies, „um die Bedeutung der Wiederverwendung der wertvollen Ressourcen des Waldes hervorzuheben“ und die Waldgeister friedlich zu halten. Das Holz des Keyaki-Baums ist ohnehin Kumas bevorzugtes Holz, da es gut aussieht, gut riecht und sich schön anfühlt, dazu feuchtigkeitsabsorbierende Eigenschaften hat und leicht zu Furnier verarbeitet werden kann.

Tokios berühmtester Boulevard, die Omotesando, die zum Meiji-Schrein führt, ist von Keyaki-Bäumen gesäumt und wurde genau deshalb zu den Champs-Elysées von Tokio. Es war der Meiji-Kaiser, der hier einst aus Edo Tokio machte, damit auch der „Vater“ der größten Stadt der Welt ist.

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