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#Der gewollte Raub an den Sparern

Der gewollte Raub an den Sparern

Die Geldpolitik hat sich mit der Corona-Pandemie einschneidend verändert. Talib Sheihk, Leiter der Abteilung Multi-Asset-Strategie beim Vermögensverwalter Jupiter spricht gar von einem „generational shift“, vergleichbar mit der Aufgabe des Goldstandards 1971 oder dem Beginn der Hochzinspolitik Ende der Siebziger. „Zum einen haben die Zentralbanken zugegeben, dass sie unsicher sind, die Inflation prophezeien zu können und lassen sie deswegen jetzt genauso laufen wie den Arbeitsmarkt. Zum anderen haben sie sich mit den Regierungen verbündet, um zu versuchen, das Inflationsziel zu übertreffen. Das ist eine einschneidende Veränderung.“ Das Narrativ habe sich verändert, Defizite und Ausgabenkürzungen seien kein Thema mehr.

Martin Hock

Didier Saint-Georges vom Strategiekomitee des Vermögensverwalters Carmignac teilt diese Auffassung. Das Gelddrucken der vergangenen zehn Jahre sei nie inflationär gewesen, weil das Geld von den Zentralbanken in die Bilanzen der Geschäftsbanken und dann in Form von Überschussreserven zur Zentralbank zurückgeflossen sei. Diesmal sei das radikal anders: Das Geld fließe von den Regierungen in die Taschen der Verbraucher. Mit den Schecks des amerikanischen Staates an die Verbraucher sei das Helikoptergeld verwirklicht, sagt Sheikh. Im Grunde sei diese Politik nicht ungefährlich. „Es ist immer fraglich, ob höhere Staatsausgaben mehr Produktivität bringen und ob sich so Wachstum und Inflation erzeugen lassen. Ich weiß nicht, ob dies gelingen wird, aber sie werden alles daran setzen.“

Schwer tut sich Sheikh darum auch mit einem längerfristigen Ausblick. Dafür ist er sich ziemlich sicher, wie sich die Wirtschaft in den kommenden sechs bis zwölf Monaten entwickeln wird. Im ersten Halbjahr werde die Inflation in den Vereinigten Staaten teilweise zweistellige Raten erreichen, im Euroraum 5 bis 6 Prozent. Was die Menschen aber vergäßen, sei dass die Erholung von einer Rezession normalerweise sehr schnell vor sich gehe. Die Entwicklung nach der Finanzkrise sei eine Ausnahme gewesen, weil damals das so wichtige Finanzsystem angeschlagen gewesen sei. Das Ende des Zyklus könne diesmal daher schon im Sommer kommen, auch weil die Rezession ebenfalls sehr schnell vonstatten gegangen sei. Folgen werde dem kein Bärenmarkt, sondern nur die Rückkehr auf ein niedrigeres Niveau, auch der Inflationsraten. Saint-Georges scheint hier etwas pessimistischer: Das potentielle Wachstum sei über Jahre immer weiter zurückgegangen und diese langfristigen Trends nicht plötzlich verschwunden. Gemeinsam mit höheren Steuern könnte eine Art Stagflation bevorstehen.

Staatsanleihen nur kaufen, wenn man muss

„Auch bei Inflationsraten von 1,5 oder 2 Prozent sind die Realzinsen negativ“, sagt Sheikh. „Auch das bedeutet, dass die zukünftige Kaufkraft sinkt.“ Oft werde das als „Raub an den Sparern“ bezeichnet – und das sei auch richtig. „Genau das ist es, was Zentralbanken und Regierungen wollen, nämlich auf diese Weise die in der Pandemie stark gestiegenen Schulden wieder entwerten. Ich weiß nichts, ob sie Erfolg haben werden, aber sie werden es versuchen.“ Die Zinssparer seien jedoch immer noch besser dran als Menschen ohne Ersparnisse, deren Reallöhne fielen. Das unterste Einkommensquintil habe zuletzt stark gelitten. Dies sei auch die Notenbanken bewusst, was sich darin zeige, dass die amerikanische ihren Blick verstärkt auf die Arbeitslosigkeit unter Menschen schwarzer Hautfarbe und lateinamerikanischer Herkunft richte.

In der Geldanlage bedürfe es jetzt kreativen Denkens. Gerade die Deutschen müssten ihre Ansichten über das Zinssparen und zu Staatsanleihen aufgeben. Angesichts der steigenden Inflationsraten brächten auch Unternehmensanleihen mit Investmentgrad reale Verluste. „Und Staatsanleihen sind momentan ein fürchterliches Investment. Die kauft man nur, wenn man dazu gezwungen wird.“ Erträge seien vielmehr über Aktien oder Hochzinsanleihen zu erzielen. Vielleicht befänden sich die Aktienmärkte in einer von den Zentralbanken getriebenen Blase, aber Bewertungen seien für den Zeitpunkt des Zyklus-Höhepunkts weniger relevant, sagt Sheikh. „Wichtig ist es aber, wählerisch hinsichtlich der Regionen und Branchen zu sein.“ Denn der Aktienmarkt habe sich sehr ungleich entwickelt. Vieles sei sehr teuer, vieles aber auch sehr billig. An eine Rally der Substanz-Aktien glaubt Sheikh jedoch nicht. Er sieht eher Vermögenswerte im Vorteil, die rasche Erträge bringen wie Bankaktien oder Aktien von Zyklikern.

Zur Diversifikation setzt der Multi-Asset-Manager statt auf Anleihen auf Währungsanlagen oder Terminkontrakte auf Kursschwankungen. Ja, da sei Überzeugungsarbeit bei den Kunden notwendig. „Aber diese haben nur zwei Möglichkeiten: Entweder diesen Weg mitzugehen oder es nicht zu tun und zu akzeptieren, dass sich ihre Erträge mindestens halbieren.“ Denn Sheihk rechnet nicht damit, dass sich die Anträge traditioneller, auf Ausschüttungen angelegter Fonds erholen. Größere Veränderungen im Portfolio seien notwendig, um neue Einkommensströme zu erschließen, etwa aus Unternehmensanleihen aus Schwellenländern.

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