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#Der große Altmeister und sein Schachzug

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Der große Altmeister und sein Schachzug

Als Ralf Fährmann sich in der Nachspielzeit auf den Weg in den Kölner Strafraum begab, brach die blanke Angst aus unter den wenigen Leuten, die auf der Tribüne saßen. Der Torhüter des FC Schalke 04 hatte offenbar den Entschluss gefasst, diese seit vielen Wochen nicht mehr zu rettende Saison seines Klubs mit einem Torwarttor abzuschließen, womit er den 1. FC Köln mit in die zweite Liga hinuntergerissen hätte.

Ersatzspieler erklommen die Balustrade und brüllten den Torhüter des FC Schalke 04 an, er möge diesen Blödsinn doch sein lassen. Für den Tabellenletzten ging es schließlich um gar nichts mehr, während die Kölner sich am Ende eines dramatischen Fußballsamstags im emotionalen Ausnahmezustand befanden.

Draußen vor dem Stadion befanden sich mehrere hundert aufgewühlte Leute, die viel gesungen und Feuerwerk abgefackelt hatten, auch Auseinandersetzungen mit der Polizei hatte es gegeben. Werder Bremen stand als Verlierer im Parallelspiel fest, ein Sieg würde den Kölnern die Teilnahme an der Relegation ermöglichen, so viel war klar.

Und das Spiel war kaum zu ertragen gewesen. Erst Fünf Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit hatte Sebastiaan Bornauw das 1:0 geköpft, Kölns Torhüter Timo Horn sollte später von einer „Achterbahnfahrt der Gefühle“ sprechen. Und nun wollte dieser Fährmann, an dessen zähem Widerstand die Kölner lange zu verzweifeln drohten, diesen hart erkämpften Erfolg in der Rolle des Angreifers zerstören.

Anderssons Tor zählt nicht

Tatsächlich kam er mit seinem Kopf an den Eckball, verfehlte jedoch das Kölner Tor, sodass der FC mit 1:0 gewann. „Du musst in den Krieg gehen, das haben wir gemacht“, sagte Bornauw anschließend; das klang martialisch, passte aber irgendwie zu diesem Fußballtag von Müngersdorf, der mit einer Pyrotechnikorgie bei der Ankunft des Mannschaftsbusses begonnen hatte und nun mit Schlachtszenen auf dem Rasen zu Ende ging.

In den finalen Minuten jubelten die Angehörigen des Effzeh jede Grätsche wie ein Tor. Es regnete in Strömen, das beinahe leere Stadion befand sich während der zweiten Halbzeit in einem Zustand, den Horn später als „pure Emotion“ beschrieb. Die Kölner hatten etliche Chancen gehabt und ein Tor geschossen, das die Videoschiedsrichter annullierten. Weil der gar nicht direkt ins Geschehen involvierte Salih Özcan bei einem Freistoß, den Sebastian Andersson über die Linie bugsierte, zwar passiv im Abseits stand, aber aktiv wurde, weil er Schalkes Salif Sané weit entfernt vom Ball auf dem Weg zu seiner Verteidigungsarbeit geblockt hatte (73.).

Die Entscheidung entsprach den Regeln, war aber selbst für Experten erst nach intensivem Studium der Situation nachvollziehbar. „Die Begründung mit dem Blocken kann ich nicht akzeptieren“, erklärte der Kölner Trainer Friedhelm Funkel, als alles vorbei war und räumte ein: „Das hat schon Nerven gekostet.“

Am Ende sanken die Kölner vollkommen erschöpft auf den Rasen, einige jubelten, wobei Jonas Hector von diffusen Empfindungen berichtete. „Ich weiß nicht so genau, wie man mit der Gefühlslage umgehen soll“, sagte er. Denn der direkte Klassenverbleib, auf den die Kölner gehofft hatten, ist nicht gelungen.

Am Mittwoch und am kommenden Samstag müssen sie in der Relegation gegen Bochum, Kiel oder Fürth spielen. Aber den direkten Abstieg, der immer konkreter gedroht hatte, haben sie verhindert, weshalb Sportgeschäftsführer Horst Heldt erklärte, er sei „erleichtert“. Offensichtlich hat er gerade noch rechtzeitig Funkel als Retter ans Geißbockheim geholt.

In den sechs Partien mit dem großen Altmeister unter den Fußballlehrern hat die Mannschaft zehn Zähler erspielt und nach sechs Wochen auf dem Abstiegsplatz 17 fünf Minuten vor dem Saisonende den Sprung auf den Relegationsplatz geschafft. Mit Hilfe eines klassischen Trainerschachzuges. Funkel hatte den Innenverteidiger Bornauw in die Sturmspitze geschickt, weil die Offensivleute Andersson, Duda, Wolf und Hector zuvor eine lange Reihe bester Chancen ausgelassen hatten.

Der Belgier war in der Jugend Angreifer und hatte in der Saison 2019/2020 sechs Treffer für Köln erzielt – ein Spitzenwert für einen Abwehrspieler. Im laufenden Jahr war ihm allerdings noch gar kein Tor gelungen, auch weil ein gutartiger Tumor in seinem Rücken ihm lange Zeit große Schmerzen bereitete.

Im Winter wurde Bornauw operiert, reagierte allergisch auf die Narkose, musste ins künstliche Koma versetzt werden und sagte danach: „Vor 20 Jahren wäre ich zu 90 Prozent gestorben.“ Der 22 Jahre alte Profi hat überlebt und jetzt der Fußballstadt den intensivsten Moment der jüngeren Vergangenheit geschenkt. „Das Spiel heute sollte uns entsprechend Selbstvertrauen geben“, sagte Heldt, und einen mächtigen emotionalen Kraftschub haben sie auch erhalten.

Die im Raum stehende Frage nach der Zukunft Heldts, der im Abstiegsfall womöglich entlassen werden solle, geriet damit vorerst zur Nebensache. Dem Geschäftsführer wird vorgeworfen, zu lange an Trainer Markus Gisdol festgehalten und das knappe Geld bei der Saisonplanung in Spieler gesteckt zu haben (Andersson, Limnios, Arokodare, Meyer, Dennis), die nur wenig halfen. Aber die Debatten zu diesem Thema stehen still, die ganze Konzentration soll dem Relegations-Showdown gelten.

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