Wissenschaft

#Rekordalte Stechmücken sorgen für Überraschung

Blutsauger-Evolution auf der Spur: Forscher haben in libanesischem Bernstein aus der frühen Kreidezeit die nun ältesten bekannten Vertreter der Stechmücken entdeckt. Die Merkmale dieser beiden männlichen Individuen sorgten dabei für eine Überraschung: Während bei allen heutigen Vertretern der Stechmücken nur die Weibchen Blut saugen, besaßen die frühkreidezeitlichen Moskito-Männchen ebenfalls die Ausrüstung zum Stechen. Warum sie bei den heutigen Arten nur noch friedlich Nektar schlürfen, erscheint deshalb nun rätselhaft, sagen die Wissenschaftler.

Sie rauben uns den Schlaf, verpassen uns juckende Quaddeln oder schlimmer noch: Sie können lebensgefährliche Krankheiten übertragen: Die Stechmücken (Culicidae) sind berühmt-berüchtigte Plagegeister. Ihre parasitische Lebensweise ist zweifellos ein enormer Erfolg: Über 3000 Arten schwirren teils massenweise durch viele unterschiedliche Lebensräume der Welt. Um für die Eierproduktion sorgen zu können, müssen die Weibchen dieser Insekten stets eine Portion Blut aufnehmen. Für diese sogenannte Hämatophagie besitzen sie spezielle Mundwerkzeuge, mit denen sie die Haut ihrer Opfer durchstechen und ihnen die Körperflüssigkeit abzapfen können. Den Männchen der Stechmücken reichen für ihre Aufgaben hingegen Nektarmahlzeiten an Blüten, weshalb sie nur vergleichsweise schwach ausgebildete Mundwerkzeuge besitzen.

Seit wann blutdurstig unterwegs?

Doch wie und wann ist die spezielle Ernährungsweise in der Entwicklungsgeschichte dieser Insektengruppe entstanden? Man geht davon aus, dass die Vorfahren der Stechmücken sich von Pflanzensäften ernährten. Für die Ur-Moskitos bot sich dann aber offenbar die Gelegenheit, auch tierische Körpersäfte zu sammeln, wodurch sich schließlich ein zunehmend ausgefeilter Stechapparat entwickelte. Aus bestimmten Hinweisen im Erbgut der heutigen Stechmücken sind auch Rückschlüsse auf die ungefähre Entstehungszeit dieser Entwicklung möglich: Die Datierungen verweisen dabei auf das Jurazeitalter. Die frühesten fossilen Nachweise von Vertretern der Stechmücken stammten bisher allerdings erst aus der mittleren bis späten Kreidezeit.

Die aktuellen Funde schieben den Nachweis nun noch einmal um etwa 30 Millionen Jahre in die Vergangenheit, berichten die Forscher um Dany Azar von der Libanesischen Universität in Beirut. Es handelt sich dabei um zwei Bernsteinfossilien, die aus einem Fundort im Libanon stammen, der auf die frühe Kreidezeit datiert wird. Dort befand sich vor über 100 Millionen Jahren ein tropisches Ökosystem mit offensichtlich Harz-produzierenden Gewächsen. In dem klebrigen Pflanzensaft wurden einige Wesen dieser Lebenswelt eingeschlossen und schließlich in Bernsteinfossilien verwandelt. „Der libanesische Bernstein ist der älteste Bernstein mit biologischen Einschlüssen und deshalb ein sehr wichtiges Fundmaterial“, sagt Azar.

Überraschend scharf ausgerüstete Männchen

Im aktuellen Fall handelt es sich um Bernsteine, die zwei Stechmücken der gleichen Art aus der frühen Kreidezeit konserviert haben. Das fossile Harz hat die filigranen Strukturen der Insekten dabei bis ins feinste Detail erhalten, sodass genaue Analysen und Vergleiche möglich wurden. Die Wissenschaftler gaben der neuen Spezies, die durch ihre speziellen Merkmale auch eine bisher unbekannte Untergruppe repräsentiert, den Namen Libanoculex intermedius.

Wie aus den Merkmalen der Antennen hervorgeht, handelt es sich bei den beiden Exemplaren eindeutig um Männchen. Vor dem Hintergrund der bei den heutigen Stechmücken nur bei den Weibchen verbreiteten Blutsaugerei, wären somit eher schwach ausgebildete Mundwerkzeuge zu erwarten gewesen. Doch überrascht stellten die Forscher fest: Die Männchen dieser frühkreidezeitlichen Moskito-Art besaßen kräftige und scharfe Strukturen, wie sie von weiblichen Stechmücken bekannt sind. Den Forschern zufolge ist davon auszugehen, dass dieser Apparat „durchdringend“ eingesetzt wurde und nicht nur zum Nektar-Schlürfen. Mit anderen Worten: Offenbar waren bei den frühkreidezeitlichen Moskitos – oder aber bei dieser speziellen Art – die Männchen ebenfalls Blutsauger.

Bei manchen Vertretern anderer parasitärer Insekten ist dies ebenfalls bekannt, schreiben die Forscher. Doch im Fall der vielen Stechmückenarten stellt sich nun die Frage, warum es diese Ernährungsweise bei den Männchen nicht mehr gibt. „Für die männlichen Stechmücken der Kreidezeit könnte die Blutaufnahme von Vorteil gewesen sein, um ihre Flugfähigkeit zu erhöhen und sich erfolgreich zu paaren, wie es bei den heutigen Weibchen der Fall ist. Aber warum dieses Verhalten bei den Männchen offenbar später verloren ging, bleibt nun unklar“, schreiben die Wissenschaftler.

Quelle: Cell Press, Fachartikel: Current Biology, doi: 10.1016/j.cub.2023.10.047

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