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#Der Kampf der EZB gegen den Inflationsteufel

„Der Kampf der EZB gegen den Inflationsteufel“

„Spät kommt Ihr – doch Ihr kommt“, ruft in Schillers „Wallenstein“ der Generalfeldmarschall Illo dem Grafen Isolani zu. Spät kommt auch die Europäische Zentralbank zum Kampf gegen die von ihr lange unterschätzte Inflation. Mit der Einstellung ihres Anleihekaufprogramms zur Jahresmitte, einer sicheren Leitzinserhöhung um 0,25 Prozentpunkte im Juli, einer sehr wahrscheinlichen zweiten Leitzinserhöhung um vielleicht sogar 0,50 Prozentpunkte im September und der Aussicht auf eventuelle weitere Zinserhöhungen im weiteren Jahresverlauf und danach hat sich der Zentralbankrat in nicht alltäglicher Einmütigkeit auf eine längere Phase der Inflationsbekämpfung eingestellt. Die Zeit negativer Zinsen dürfte im Herbst zu Ende gehen. Die Sparer wird es freuen. Wer aber zum Beispiel für einen Hausbau einen Kredit aufnehmen möchte, sollte sich ebenfalls auf weiter steigende Zinsen einstellen.

Eine Zentralbank besitzt keine Möglichkeit, direkt auf die Preise von Gütern und Dienstleistungen einzuwirken. Inflationsbekämpfung zielt darauf ab, die Attraktivität des Sparens im Vergleich zum Konsum zu steigern, die Kreditfinanzierung von Ausgaben zu verteuern und das Vertrauen der Menschen in die Stabilität des Geldwerts zu bewahren. Die Geldpolitik wirkt indirekt auf das Preisniveau, indem sie die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zu dämpfen versucht. Geldpolitik wirkt mit Verzögerung; Nach einem Spruch des Nobelpreisträgers Milton Friedman fallen diese Verzögerungen „lang und variabel“ aus.




Daher kann die EZB gegen die aktuelle Inflationsrate, die für das laufende Jahr für den Euroraum auf 6,8 Prozent geschätzt wird, wenig tun. Aber sie wäre in der Lage, die Inflationsrate auf mittlere Sicht in die Nähe ihrer Zielmarke von zwei Prozent zu drücken.

Hierfür ist entscheidend, dass die EZB das Vertrauen der Menschen nicht verliert. Denn, wenn die privaten Haushalte keinen Rückgang der Inflation erwarten, sondern einen Verbleib auf hohem Niveau oder gar einen weiteren Anstieg, werden sie ihren Konsum trotz höherer Zinsen nicht einschränken, sondern aus Angst vor kräftiger Teuerung im Gegenteil versuchen, Käufe vorzuziehen. Ebenso verheerend wäre es, wenn es als Folge eines Vertrauensverlusts in die Geldpolitik zu einer Spirale aus immer weiter steigenden Löhnen und Preisen käme.

Mit Issing hätte sie schneller reagiert

Die EZB ist sich der Gefahr dieses Vertrauensverlusts erst mit Verzögerung bewusst geworden. Die Inflationsrate werde vermutlich leider längere Zeit höher bleiben als erwünscht, teilte sie am Donnerstag mit. Doch Vertrauen in die Bereitschaft der Geldpolitik, entschlossen gegen Geldentwertung vorzugehen, verlangt nicht nur nach einer unmissverständlichen Sprache, sondern auch nach unmissverständlichen Handlungen. Mit Blick auf Entscheidungen anderer Zentralbanken in diesen Wochen hätte eine um ihr Ansehen besorgte EZB wahrscheinlich besser getan, sofort mit einer Leitzinserhöhung um 0,50 Prozentpunkte zu beginnen.

Die EZB bildet sich viel auf ihren „graduellen“ Politikeinsatz ein, der Souveränität ausstrahlen soll. Allerdings verläuft der Anstieg der Inflationsrate, an dem sich das Handeln der Zentralbank ausrichten sollte, alles andere als „graduell“. Mit ihrem ersten Chefvolkswirt Otmar Issing hätte die EZB in der aktuellen Lage fraglos schneller reagiert als mit ihrem aktuellen Chefvolkswirt Philip Lane, der eigentlich einen Ruf als sehr kompetenter Ökonom besitzt, aber den Kampf gegen die Inflation zu lange verschleppt hat.

Richtig konsequent verläuft auch der Umgang der EZB mit den An­leihekäufen nicht. Die überfällige Beendigung des Programms geht einher mit einem Verzicht auf eine weitere Aufstockung des schon jetzt enormen Bestands von 4,4 Billionen Euro. Aber er soll auf absehbare Zeit auch nicht zurückgehen. Daher wird die EZB fällig werdende Anleihen in ihrem Bestand durch neue Anleihen ersetzen. Sie bleibt also weiterhin als wichtige Anleihekäuferin auf einem Markt, auf dem sie außer in schweren Krisen nichts zu suchen hat.

Zudem behält sich die EZB vor, auf Verwerfungen an den Anleihemärkten bei Bedarf mit neuen Programmen zu reagieren. Im Klartext heißt dies: Wenn die Anleger an der Schuldentragfähigkeit von Euromitgliedsländern zweifeln, werden zusätzliche Marktstützungen durch die EZB möglich, auch wenn sich ihre Präsidentin Christine Lagarde in der Pressekonferenz nur vage zu diesen Absichten äußerte. Ob sich die EZB ausgerechnet in einer Phase steigender Zinsen aus dem Klammergriff der Finanzpolitik befreien kann, darf hinterfragt werden.

„Wir kommen auch mit leeren Händen nicht“, antwortet im „Wallenstein“ der Isolani dem Illo. Im Kampf gegen die Inflation sind die Hände der EZB ebenfalls nicht leer. Aber sie sind wohl nicht so gut gefüllt, wie es notwendig wäre.

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