#Der neue Schweizer Nationalheld
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„Der neue Schweizer Nationalheld“
Sage einer, im Online-Zeitalter müsse immer alles schnell, schnell gehen. Manches wirkt auch mit dem Abstand von ein paar Tagen noch besonders wertvoll. Zum Beispiel ein 59 Sekunden langes Best-of-Video als Zeitraffer für fünf Monate Skisaison. Marco Odermatt widmet sich in diesen sonnigen Tagen via Instagram noch einmal seiner zurückliegenden Zeit im Schnee und kommt zu dem Fazit: „Es war ein Wahnsinn.“
Eingerahmt von Siegen beim Saisonauftakt Ende Oktober in Sölden bis zum Triumph beim Weltcup-Finale am Samstag in Courchevel gelang dem Schweizer zwar nicht alles, was er anpackte, aber doch das Wichtigste: Olympiasieg im Riesenslalom, Triumph im Gesamtweltcup. Dazu kamen außerdem die kleine Kugel im Riesenslalom, Platz zwei im Super-G-Weltcup und Topresultate in der Abfahrt.
Schnee von gestern? Keineswegs. Schon jetzt freut sich der gerade 24 Jahre alte Nidwalder auf die kommende Saison. „Ich kann es kaum erwarten.“ Schon vor drei Jahren hatte einer, der es wissen musste, seine Erfolge vorhergesagt. Marcel Hirscher, der den alpinen Ski-Weltcup dominierte wie niemand zuvor, prognostizierte damals: „Der kann alles werden, Gesamtweltcupsieger, Olympiasieger, was er möchte.“ Und Odermatt, der Alleskönner, das Schweizer Taschenmesser unter den Skifahrern quasi, mochte. Auch wenn er von sich sagte: „Es war nie wirklich ein Traum. Aber jetzt fühlt es sich an, als wäre es einer gewesen.“
Mit gut zwei Jahren hatte der kleine Marco zum ersten Mal auf Skiern gestanden. Sein Vater Walter, engagiert im Nidwalder Skiverband, hatte ihn draufgestellt. Schon mit dreieinhalb meisterte der Knirps selbst schwierige Pisten. Der Unterschied zu anderen Kindern? „Marco hat keine Angst“, sagte Walter Odermatt jüngst der NZZ. Wenn Marco mal stürzte, stand er auf, schüttelte den Schnee ab und fuhr weiter.
Das Vermögen, Enttäuschungen abzuschütteln, hat er sich beibehalten. Im vorherigen Winter ging er bei der WM leer aus, obwohl schon als Favorit gehandelt. Im Weltcup musste er dem erfahrenen Alexis Pinturault den Vortritt lassen. Und auch Olympia in Peking begann mit Schwierigkeiten. Bei der Abfahrt wurde er Siebter, im Super-G schied er aus. Der Druck lastete enorm, doch er hielt stand, gewann Gold im Riesenslalom.
Hervorstechende Eigenschaft: Keine Angst
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Bild: AP
Sein markantes Strahlen unter blonder Mähne hat sich spätestens jetzt eingebrannt in das kollektive Gedächtnis Schweizer Sportfans. Dazu das Bubengesicht eines jungen Mannes, der nicht nur wegen seines Talents, sondern auch wegen seiner Ausstrahlung wie die Idealbesetzung für den „Liebling der Nation“ erscheint. Er wirkt verschmitzt, spricht kernigen Dialekt und gönnt sich auch gerne mal ein Gläschen. Aus Yanqing ist die hübsche Anekdote überliefert, wie er seinen Olympiasieg mit den Kollegen Loic Meillard und Luca Aerni so fröhlich feierte, dass Corinne Suter davon wach wurde. „Wein macht schnell“, erklärte Odermatt der Teamkollegin – die sich auf ein Gläschen einließ und prompt am darauffolgenden Tag Abfahrtsgold gewann.
Vergleiche drängen sich auf
Obwohl Odermatt allein in diesem Weltcup-Winter gut 565 000 Schweizer Franken Preisgeld einfuhr, wohnte er bis zuletzt noch in einer Wohngemeinschaft. Obwohl sein Vater die Begabtenförderung für Skitalente in seiner Heimat vorantrieb, war Marco immer lieber mit seinen Jungs auf der Piste unterwegs als mit dem Papa. Der erkannte dies und verzichtete darauf, ein „Projekt“ aus seinem Sohn zu machen, wie es Ferdinand Hirscher, Pauli Gut oder andere Skiväter schon vorexerzierten.
Bei allem Freiheitswillen ist Marco Odermatt dennoch zu einem nationalen Vorzeigeprodukt geworden. Was auch daran liegt, dass er seine Rennen auf Schweizer Stöckli-Skiern bestreitet – als einziger Athlet der Weltklasse. Während alle anderen den großen Marken wie Head, Atomic oder Rossignol vertrauen, setzt Odermatt auf die edle, kleine Ski-Manufaktur aus dem Luzerner Land. Was freilich den Vorteil hat, dass alle Kapazitäten auf ihn ausgerichtet sind. Skier, Bindung und Set-up werden exklusiv an Odermatts Stil angepasst.
Die Sehnsucht nach einem dauerhaften Siegfahrer Swiss Made ist in der zweitbesten Skination groß. Vergleiche mit dem großen Pirmin Zurbriggen werden bemüht. Odermatt selbst nennt Didier Cuche als Kindheitsidol. Der letzte hochbegabte Schweizer, der Gesamtweltcupsieger wurde, war allerdings Carlo Janka 2010. Im gleichen Jahr wurde er auch Olympiasieger im Riesenslalom. Die Parallelen sind unverkennbar. Doch auch die Warnung ist nicht zu überhören: Janka fuhr danach noch zwölf Jahre im Weltcup mit, gewann aber nur noch drei Rennen. Marco Odermatt lächelt solche Warnungen weg. Denn er vergleicht nicht.
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