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#Der Sommer der Warteschlangen

„Der Sommer der Warteschlangen“

Im dritten Pandemiesommer bleibt fast niemand mehr zu Hause. Badeseen, Restaurants und Geschäfte sind voll. Die Leute wollen das Leben genießen, ausgehen, verreisen. Oft klappt das aber nicht wie geplant. Weil Bademeister, Kellnerinnen und Kofferträger fehlen, gehören Warteschlangen zu diesem Sommer wie Sonnencreme. Deutschland ausgebremst: Vom Frankfurter Flughafen startet ein Fünftel Flüge weniger, vom Allgäu Airport kommt man wochenlang nicht nach Kreta, ein Kurhaus im Schwarzwald und ein Eiscafé in Mainz verkürzen ihre Öffnungszeiten, ein Freibad in Wuppertal kann keine Besucher empfangen, und ein Festival in Kal­tenberg wird kurzfristig abgesagt, weil Ordnungskräfte fehlen. Das Münchner ifo-Institut berichtete Anfang August, jedes zweite Unternehmen sei von Personalmangel betroffen; in der Dienstleistungsbranche waren es sogar 54 Prozent.

Neu ist das Problem nicht, doch Corona hat es verschärft. Die Branchen, die in der Corona-Krise nicht als systemrelevant galten, aber zum Wohlbefinden von vielen beitragen – Gastronomie, Reisebranche, Friseur- und Fitnessstudios, Schwimmbäder und Diskotheken –, bezahlen ihre Angestellten oft schlecht und erwiesen sich in der Pandemie nicht als krisenfest. In den Hochzeiten der Pandemie konnten Menschen, deren Job vor allem darin besteht, anderen eine gute Zeit zu bescheren, nicht ins Homeoffice wechseln. Für sie ging es bloß in die Kurzarbeit – oder in einen neuen Job. Hinzu kommt: In der Pandemie haben lahmgelegte Unternehmen kaum neue Mitarbeiter eingestellt. Jetzt versuchen viele Firmen die Einstellungen nachzuholen und konkurrieren miteinander um Bewerber.

Ein sonniger Tag in München, Menschenmengen schieben sich vom Marienplatz die Weinstraße entlang, trinken auf den Terrassen der Restaurants Aperol Spritz. Im Gourmet-Restaurant Pageou empfängt eine freundliche Kellnerin, führt zu einem Tisch auf der Empore des großen Saals. „Sind Sie zum Bewerbungsgespräch da?“ – „Nein, ich bin Journalistin.“ – „Wie schade!“ Ihr Chef Ali Güngörmüs kommt dazu. Während der Lockdowns, erzählt er, hätten viele Zeit gehabt, über ihr Leben nachzudenken. Über die Arbeitszeiten in der Gastronomie und den Wert von Freizeit. Zwei Köche hätten ihn verlassen. Die arbeiteten jetzt in Betriebskantinen, verdienten weniger, aber hätten abends und am Wochenende frei. Güngörmüs kann das nicht verstehen: „Unsere Branche ist für mich die schönste der Welt“, sagt er. „Andere gehen in Clubs und Restaurants, um zu feiern und zu leben. Und wir sind mittendrin.“

„Wo sind diese Leute?“ Ali Güngörmüs in seinem Restaurant


„Wo sind diese Leute?“ Ali Güngörmüs in seinem Restaurant
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Bild: Leonie Feuerbach

Aktuell fehlen Güngörmüs drei Köche und drei Kellner. Über die üblichen Portale komme nichts, der Markt sei leer gefegt. „Wo sind diese Leute?“, fragt er mit erhobenen Händen. „Es ist mir ein Rätsel.“ Er hat inzwischen eine Agentur eingeschaltet, die für ihn sucht. Bisher ohne Erfolg. Freunde und Bekannte helfen aus, er hat zwei Ukrainerinnen angestellt, auch der Koch serviert inzwischen mal das Essen. Urlaub machen seine Angestellten nicht mehr frei aufs Jahr verteilt, sondern alle gleichzeitig in bestimmten Wochen, in denen er dann das Restaurant schließt. All das reicht nicht aus: Seit dem Frühjahr bietet das Pageou keinen Mittagstisch mehr an, öffnet seine Türen nur noch abends.

Neue Mitarbeiter machen Fehler

Als es an diesem Tag so weit ist, zieht sich Güngörmüs eine Kochjacke über sein weißes T-Shirt, das er zu Anzughose und Turnschuhen trägt, eilt zum Eingang. „Guten Abend! Schön, dass Sie hier sind“, begrüßt er die Gäste mit Handschlag, führt sie zu ihren Tischen. Es ist diese Art des Umgangs, die mittags nicht mehr zu leisten war. Nur wer genau hinsieht, bemerkt, dass es ruckelt: Vor der Schwingtür, die zur Küche führt, steht ein Aushilfskellner herum, eine erfahrene Kellnerin ruft „Achtung“, als der Koch hinaustritt und beinah mit dem Kellner zusammenstößt.

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