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#Der standhafte Sinnsoldat bekommt ein neues Haus

Der standhafte Sinnsoldat bekommt ein neues Haus

Als Hans Christian Andersen einmal einen Fragebogen zur eigenen Person ausfüllte, waren viele Antworten erwartbar für einen romantischen Dichter: Er mochte die Farbe Blau, die See, die frische Luft, er las gern und verachtete Lügen, er wollte gern in Rom leben, und seine Lieblingsbeschäftigung sei, das Leben zu verträumen. Dann ging es um seine Ängste: Das größte vorstellbare Unglück wäre die Blindheit, und am meisten Furcht flöße ihm die eigene Person ein. Es folgte die Frage aller Fragen, gestellt an einen Dichter, der sich ein Leben lang immer wieder selbst bespiegelte: Wer möchten Sie sein, wenn nicht der, der Sie sind?

Ja, wer? An diesem Mittwoch öffnet in Odense, wo Hans Christian Andersen am 2. April 1805 zur Welt kam, ein Museum seine Tore, das ihm gewidmet ist und das sich dieser Frage stellt. Das Gebäude, mit schöner Lakonie „H. C. Andersens Hus“ getauft, verdankt sich auch einem tiefgreifenden Wandel im Zentrum der drittgrößten Stadt Dänemarks – eine vierspurige Straße, die mitten durch Odense ging, wurde stillgelegt, um ein neues, von einer Straßenbahn erschlossenes Quartier zu errichten, auf dem auch Teile des Museums entstanden sind. Eines von drei bestehenden Andersen-Museen wurde zuvor abgerissen, ein weiteres – das mutmaßliche Geburtshaus – in die neue Anlage integriert, während ein drittes – das winzige Haus, in dem Andersen seine Kindheit verbrachte – nach wie vor besichtigt werden kann und einen Eindruck der drückenden Enge vermittelt, aus der er als Vierzehnjähriger nach der Konfirmation floh, um in Kopenhagen sein Glück zu machen.

Der japanische Architekt Kengo Kuma – von ihm stammt unter anderem das Olympiastadion in Tokio – hat die wesentlichen Partien des neuen Museums unterirdisch angelegt, während an der Oberfläche einige Pavillons in Holz, Stahl und Glas etwa die Besucher empfangen, Aufenthaltsmöglichkeiten für Gruppen bieten oder das Restaurant in sich bergen. Umgeben sind sie von einem allgemein zugänglichen Park, der noch im Entstehen ist und nach dem Willen des künstlerischen Direktors Henrik Lübker die unterschiedlichen Perspektiven Andersens auf die Natur – von lieblich bis verstörend – erfahrbar machen soll.

Stahl, Holz und Glas inmitten von viel Grün: Das neue Andersen-Museum in Odense


Stahl, Holz und Glas inmitten von viel Grün: Das neue Andersen-Museum in Odense
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Bild: Laerke Beck Johansen

In der Dauerausstellung wird bereits zu Beginn deutlich, worum es in diesem Museum nicht geht: um nüchterne Auskünfte über Leben und Werk. Das betrifft auch die Menge der Exponate, die im alten Andersen-Museum bei etwa tausend lag und nun bei um die zweihundert. Statt dessen soll etwa im ersten Raum, der zwar noch ebenerdig liegt, aber wie die kommenden auch in einer Art Halbdunkel getaucht ist, Andersens eigene Darstellung seiner Jugendzeit in Odense als Konstruktion entlarvt werden. Und das mit einigem Recht: Das mit jeder Ausgabe seiner Autobiographie wachsend milde Licht, das er über die Familie gießt, wird schon durch seine Äußerungen in Briefen, Tagebüchern oder späten Mitteilungen an Freunde konterkariert. Und auch die biographische Forschung hat – wie der dänische Literatuwissenschaftler Jens Andersen vor bald zwanzig Jahren in seiner großen Biographie darstellte – zutage gefördert, warum die Erinnerung an Kindheit und Herkunft Andersen lebenslang schaudern ließ – etwa, als der dänische Autor Carsten Hauch eine Andersen-Figur in einem Roman im Wahnsinn enden ließ und sich der Parodierte nur zu gut in diesem boshaften Bild wiedererkannte, schließlich seien, wie er einem Freund schreibt, sein Vater und sein Großvater ebenfalls als Geisteskranke gestorben.

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